9

562 31 0
                                    

POV Easton

Stumm hockte Ralph am Tisch und stocherte in seinem Essen herum. Easton machte sich zunehmend Sorgen um seinen Beta. Seit Tagen redete er nicht mehr. Reagierte nur mit Nicken und Kopfschütteln. Das Gespräch mit Frau Fuchs schien bei ihm alles noch verschlimmert zu haben.

>> Flashback <<
Am Anfang hatten sie noch zu dritt über Komplikationen mit Mate gesprochen. Namen hatten sie immer geschickt umschifft. Doch Ralph wurde immer unruhiger. Bis es aus ihm herausplatzte.
„Wie kann es sein, dass zwischen Mates mehrere Jahre liegen?" Seine Stimme strahlte unendliche Traurigkeit und Verzweiflung aus. Die Lehrerin starrte ihn kurz sprachlos an. „Nun. Das kommt schon mal vor. Du musst dir da keine Sorgen machen, Ralph.", erklärte sie diplomatisch, „Möchtest du mir verraten, wer es ist?" Der Beta schüttelte sofort den Kopf. „Ich will ihn nicht in Schwierigkeiten bringen." „Daraus schließe ich, dass du der Jüngere bist." Ralph schwieg. Überfordert hockte East auf dem Stuhl daneben und wusste nicht, was er tun sollte. Er fühlte sich schlecht. Als Alpha und bester Freund.
„Hast du noch Fragen, Easton?" Er schreckte auf und sah in ihr fragendes Gesicht. „Nein. Eigentlich nicht.", murmelte der Wolf, „Ich werde einfach versuchen vorsichtiger zu sein und ihn nicht bedrängen." Frau Fuchs nickte zustimmend zu seiner Zusammenfassung der Ratschläge. „Dann bitte ich dich jetzt zu gehen." Verwirrt starrte er die Wandlerin an. Sein Beta schwieg. Doch in seinen Augen sah er deutlich die Bitte. East bedankte sich für die Zeit und ließ seinen Beta zurück.
>> Ende Flashback <<

Easton seufzte und betrachtete Ralph, der lustlos weiter seine Cornflakes in Milch ertränkte. „Schwänzen wir heute und gehen laufen?" Der Alpha erwartete kaum eine Antwort und wurde überrascht. „Bin sofort dabei.", krächzte Ralph. Man kannte ihm deutlich an, dass er einige Tage nicht gesprochen hatte. Zufrieden räumte East seinen Teller auf. „Zuerst isst du ein paar Brocken bevor wir loslaufen.", forderte er. Schließlich würde es genug Ärger geben, dass sie schwänzten. Da wollte er nicht auch noch erklären müssen, wieso er seinen Beta nach Hause tragen musste.
Das Laufen tat wirklich gut. Nachdem sich die beiden wie Diebe aus dem Haus davongeschlichen sind, genossen sie jetzt den Wind im Fell und den moosbedeckten Untergrund unter den Pfoten. Tief im Wald hielt Ralph an. Er legte sich nieder, den Kopf auf die Vorderpfoten platziert. Leise wimmernd blieb er liegen. Traurig leckte Easton über seinen Kopf. Wieso ging es Ralph nur so schlecht? Über den Mindlink wurde der Alpha weiterhin ignoriert. Also auf die altmodische Art. Easton nahm seine menschliche Gestalt an und zog den Wolf tröstend an sich. Schweigend streichelte er durchs das graue Timberwolffell.
„Willst du reden?" Der Wolf hob den Kopf und betrachtete ihn eingehend. „Wir müssen nicht über unsere Gefährten reden. Danach ist mir ehrlich gesagt auch nicht." Das Fell des grauen Wolfes zog sich zurück und verformte sich bis Ralph nackt auf dem Waldboden hockte. „Über was wollen wir dann reden? Das wir vom Schicksal gefickt wurden? Ist doch im Prizip das gleiche!" Mit Mühe unterdrückte der Alpha ein Lächeln. Ungefähr so hatte es der Bär auch formuliert.
„Ich verstehe nicht, wie du das erträgst.", wisperte Ralph mit gebrochener Stimme, „Ich wurde ihm am Liebsten in die Arme springen. Ihn an mich drücken und nie wieder loslassen!" Seufzend zog er den Beta an seine Brust. „Wieso tust du es dann nicht?" Ralph schüttelte nur betrübt den Kopf „Ich kann nicht. Es würde ihn im immensen Ärger einbringen." East hatte längst einen Verdacht um wen es sich handelte. Leider musste er dann zugeben, dass er das vertrauliche Gespräch ein wenig belauscht hatte.
„Was hat die Fuchs gesagt?" Theatralisch schnaubte Ralph als wollte er die Frau nachahmen. „Sei stets darauf bedacht deinen Gefährten in der Not zu schützen und halte zu ihm.", plapperte er in viel zu hoher Stimme. Er sah zu Easton hoch, der sich kaum das Lachen wegen der mehr als schlechten Darbietung verkneifen konnte.
„Ich meine, was will die mir damit sagen? Dass es ok ist, einen Seelenverwandten zu haben, der mein Vater sein könnte?!" Der Alpha zog ihn näher an sich. „Lassen wir das Alter mal weg. Was hältst du denn persönlich von ihm? Sag mir was dir an ihm gefällt, was ihn für dich einzigartig macht." Ralph bekam sofort einen verträumten Blick und ein sanftes Lächeln auf den Lippen.
„Er ist recht groß. Seine Augen leuchten hellblau, aber erinnern an Sterne. Sein Fell ist weiß und weich..." Abrupt stoppte der Beta. Eilig befreite er sich aus den Armen des Alphas. Frustriert raufte er sich die Haare. Es gab nur einen weißen Wolf im Baker-Rudel. Ralph hatte ihm eben seinen Mate offenbart.

POV Cody

War das zu fassen? Der Wolf drückte sich schon wieder vor dem Unterricht! Nicht, dass Cody das irgendwie interessierte. Er vermisste nur den Geruch nach Honig, nicht den Alpha persönlich. Gerade lief der Bär zur Schwimmhalle. Der Coach hatte ihn um einen Gefallen gebeten, den er aus Schadenfreude nicht ablehnen konnte. Die Bitte war einfach. Er sollte gegen das Schwimmteam schwimmen. Es war schließlich kein Geheimnis, dass er deutlich schneller war. Zur vereinbarten Zeit betrat er die Halle. Das Team wirkt frustriert und demotiviert. Sein Erscheinen drückte die Stimmung um mindestens vier Stufen nach unten. Cody fand auch ganz schnell den Grund dafür. Der Coach stand am Beckenrand und kritisierte jede Bewegung seiner Schwimmer. Was war bloß los mit den Wölfen? Seit gut zwei Wochen hatte jeder miese Laune. Sogar Easton, den man selten genervt antraf. Vielleicht sollte er wirklich mal mit dem Alpha sprechen. Immerhin konnte er dann auch in diesem herrlichen Duft baden.
„Cody! Ab ins Wasser!", riss ihn der Coach aus den Gedanken. Nach zwei Stunden war das Team fix und alle. Eastons Onkel nahm es nicht zur Kenntnis und drillte sie weiter. Cody hätte das Spiel locker noch zwei weitere Stunden durchgehalten. Mitleid kam in ihm hoch. Er schwamm Bahn um Bahn langsamer. Zum einen damit sich die Anderen nicht mehr erfolglos abstrampelten, zum anderen um Müdigkeit vorzutäuschen. Tatsächlich schien der Coach die machbare Ausdauer an Cody zu messen. Nach der zehnten langsamen Runde brach der Coach das Training ab. Erleichtert kletterte das Team aus dem Wasser. Die meisten blieben erschöpft liegen. Der Coach rümpfte die Nase. „Morgen machen wir das nochmal!", kündigte er streng an. Klagende Laute kam aus dem fertigen Haufen. „Hört auf zu jammern!" Mit einem bedrohlichen Knurren verließ er die Halle. So kannte er den Lehrer nicht. Normalerweise mitfühlend und allzeit nett zu jedem. Manchmal sarkastisch, aber nie herrisch. Er musste wirklich dringend mit Easton reden. Nur ließen sich weder der junge Alpha noch sein Beta in der Schule blicken.
Eine Woche später tauchten die beiden mittags auf dem Campus auf. Über dem Beta hingen nach wie vor tiefe Gewitterwolken. Das interessierte Cody gerade wenig. Er wollte dem Schwimmteam eine weitere Foltertrainingseinheit ersparen.
„Wo zur Hölle hast du gesteckt?", pflaumte er den jungen Alpha an. Verblüfft wurde der Bär angestarrt. „Dein Rudel läuft Amok und du verschwindest einfach!", warf er dem Wolf vor, „Kannst du mir mal verraten, was mit euch allen los ist?" Der Beta lief ohne Vorwarnung davon. Verwirrt schaute ihm der Bär nach. „Genau so was meine ich!", brummt er, „Bei deinem Onkel ist auch eine Schraube locker." East seufzte. Endlich eine Reaktion.
„Das ist... kompliziert.", antwortete der Alpha, „Ich rede mit Nate. Die Otter haben sich heute morgen bei mir ebenfalls beschwert. Ich regle das. Soweit ich weiß, wollte das Schwimmteam das Training boykottieren. Das heißt vermutlich, dass dir die Halle heute Abend ganz alleine gehört." Der Honigduft und seltsamerweise auch das Lächeln des Alphas hoben seine Stimmung.
„Apropos. Darf ich dir Gesellschaft leisten, wenn du schwimmst?" Misstrauisch beäugte er den Alpha. „Wozu? Du bist praktisch wasserscheu." Der Wolf schüttelte den Kopf. „Der Chorgeruch beißt so grässlich in der Nase und..." Der Alpha merkte wohl selbst, dass er sich eben ein Eigentorschoss und schwieg nach Worten suchend. „Wie wäre es mit einem Deal. Du besänftigst deinen Onkel und ich ertrage dich bei meinem Training." Cody hielt dem Wolf seine Hand hin. „Deal." Freudestrahlend schlug Easton ein. „Wir sehen uns beim Projekt. Bis später!" Eilig lief der Wolf davon.

Das Spiel von Bär und WolfWhere stories live. Discover now