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"Expecto Patronum.", sagte ich laut. Schon seit einer Weile versuchten ich und die anderen Mitglieder von Dumbledores Armee einen gestaltlichen Patronus heraufbeschwören. Was schwieriger war, als man denkt.
"Ihr müsst an einen glücklichen Moment in eurem Leben denken. Am besten den glücklichsten, an den ihr euch erinnern könnt.", hatte Harry zu uns gesagt. Vereinzelt kam schon ein stark leuchtender Nebel aus der Spitze eines Zauberstabes oder es erschien sogar schon eine schemenhafte Tiergestalt.

Bei mir nicht. Ich hatte an alle möglichen Ereignisse zusammen mit meiner Familie gedacht, bei denen ich glücklich gewesen war, doch jedes Mal schob sich das Bild von dem Grab meiner Eltern vor mein inneres Auge. Nach 17 vergeblichen Versuchen gab ich frustiert auf. Da ich einen Platz am Rand des Raumes hatte schien es auch niemandem aufzufallen. Ich hockte mich hin, stützte meine Ellenbogen auf meine Oberschenkel und legte meinen Kopf auf meine Hände. Ich brauchte nur eine kurze Pause um dieses Bild zu verdrängen.

Hermine hatte es gerade geschafft, einen Patronus in Form eines Otters heraufzubeschwören. Rons hatte die Gestalt eines Hundes und tollte durch den Raum. Es sah wirklich fantastisch aus, wie sich der Raum immer mehr mit blauleuchtenen Nebelgestalten ausfüllte.

Mit neuer Zuversicht stand ich auf. Nächster Versuch, ich konnte das schaffen! Ich atmete einmal tief ein und konzentrierte mich auf eine bestimmte Erinnerung, in der Hoffnung, sie sei stark genug.

Es war der Tag von Lotties fünften Geburtstag. Unsere Eltern hatten gesagt, es gäbe eine Überraschung. Ahnungslos waren wir mit ihnen zusammen disappariert und in einem Lottie und mir unbekannten Wald gelandet. Die Bäume grünten und die Sonne schien wärmend auf uns herab.
"Was machen wir hier?", hatte Lottie gefragt.
"Das werdet ihr gleich sehen.", antwortete unser Vater und nahm sie bei der Hand. Nachdem wir eine Weile tiefer in den Wald gegangen waren, blieben wir am Rande einer Lichtung stehen.
"Ihr müsst jetzt ganz leise sein.", flüsterte meine Mutter.
"Wieso?", fragte ich, doch im nächsten Moment hörte ich ein Wiehren.

Wie gebannt schauten wir auf die Lichtung, auf welcher einige Einhörner grasten. Vier große Einhörner mit weiß glänzendem Fell und einem langen spiralförmigen Horn auf der Stirn standen dort. Bei genauerem Hinsehen entdeckte ich zwei Fohlen, deren Fell noch golden war.
"Wie süß", wisperte ich beeindruckt. "Da!" Ich zeigte auf die Kleinen. Ein begeistertes Quietschen von Lottie war die Folge.
"Du musst ganz leise sein.", erinnerte meine Mutter sie sofort. Lottie nickte.

Eine Weile beobachteten wir die Einhörner nur, die noch schöner waren, als ich sie mir vorgestellt hatte.
"Kann ich eins von ihnen streicheln?", fragte Lottie leise und neugierig, ohne die Tiere aus den Augen zu lassen.
"Wir können es nur versuchen.", meinte Mum. Sie nahm mich und Lottie an der Hand und trat mit uns hinter den Büschen hervor. Die scheuen Tiere sahen auf und wichen zurück. Ich wollte ihnen keine Angst machen, weshalb ich lieber gehen wollte.
"Warte noch einen Augenblick mein Engel.", sagte Mum ruhig und ohne sich zu bewegen.

Eines der Einhörner löste sich aus der Menge. Sein Fell hatte einen silbernen Schimmer und es kam langsam und vorsichtig auf uns zu.
"Wir wollen euch nichts tun.", flüsterte meine Mutter und hielt ihre Hand, die meine bis eben noch gehalten hatte offen in Richtung des Einhornes. Dieses zögerte, kam dann aber doch näher. Die Hand meiner Mum berührte den Hals des Tieres und streichelte es vorsichtig. Meine Mutter hatte es innerhalb kurzer Zeit geschafft das Vertrauen eines Einhornes zu gewinnen. Sie konnte wirklich mit allen magischen Geschöpfen umgehen und von ihr hatte ich auch die Faszination für Selbige geerbt.

Ich konnte nicht anders, als dieses grazile Geschöpf anstarren. Mum legte Lotties Hand ebenfalls auf den Hals des Einhornes, was ein Zucken der Wimpern zu Folge hatte, aber sonst geschah nichts.
"Wow", hauchte Lottie fasziniert.
"Darf ich auch?", fragte ich leise.
"Klar mein Schatz." Ich legte meine Hand auf das weiche Fell, strich darüber und musste lächeln. Jemals ein Einhorn zu streicheln hatte ich mir nie zu träumen gewagt. Es war unbeschreiblich.

"Expecto Patronum", sagte ich leise. Der blaue Nebel aus meinem Zauberstab nahm Gestalt an. Eine blauleuchtene Schwalbe flog um mich herum. Ein Lächeln legte sich auf meine Lippen und ich vergaß alles um mich herum. Ich drehte mich um meine eigene Achse und schaute dem kleinen Vogel zu, wie er durch den Raum flog.

Auf einmal begann der Kronleuchter an der Decke zu wackeln. Meine Konzentration war gestört und der Patronus verschwand. Das Licht flackerte und Unruhe machte sich im Raum breit. Mein Lächeln war verschwunden und ich schaute mich neugierig um. Nichts wirklich auffälliges war zu erkennen.

Plötzlich zerbarste der Spiegel der bis eben an der Wand gehangen hatte und jagte mir einen gehörigen Schrecken ein. Um die Wand herum lagen jetzt haufenweise Scherben, die im noch vorhandenen Licht glitzerten. Harry und der kleine Dennis Creevey traten näher an die Wand heran und schauten durch ein winziges Loch, welches mir erst jetzt auffiel.

Ich vernahm Umbridges Stimme, konnte aber nicht verstehen, was sie sagte. Nur ihre letzten beiden Wörter verstand ich.
"Bombarda Maxima!" Gerade noch rechtzeitig konnte Harry den kleinen Jungen von der Wand wegziehen. Dann wurde die Wand mit extremer Kraft gesprengt. Vereinzelte Aufschreie folgten. Jeder versuchte sich durch Ducken und Gesichtverdecken vor durch die Luft fliegenden Trümmern oder wieder aufgewirbelten Scherben zu schützen.

Nur Sekunden später klaffte ein riesiges Loch in der Wand, auf welches alle Schüler von Dumbledores Armee jetzt starrten. Dahinter stand Umbridge mit erhobenem Zauberstab und hinter ihr das gesamte Inquisitionskommando. Nein, nicht das Gesamte. Draco war nirgends zu sehen.

Doch bevor ich mir irgendwelche Gedanken machen konnte trat er von der Seite her hinter der Mauer hervor und stellte sich neben Umbridge. Bei ihm war Cho, welche er am Arm hinter sich hergezogen hatte. Diese schaute nur gequält zu Boden. Sie hatte uns verraten! Alle Augen waren auf sie gerichtet und jedem auf der Seite der Wand, auf welcher auch ich stand war der Schock ins Gesicht geschrieben. Keiner von uns wollte glauben, was gerade passiert war. Dass Cho uns verraten hatte. Dass wir aufgeflogen waren. Dass wir nie wieder zusammen trainieren konnten. Dass dies das Ende von Dumbledores Armee war...

Es herrschte Totenstille. Aus den Augenwinkeln sah ich, dass Draco zu mir schaute, doch als ich ihn direkt ansah wandte er seinen Blick ab. War er jetzt sauer auf mich? Hatte ich einen Fehler gemacht? Mit den Worten
"Schnappt sie euch!", riss Umbridge mich aus meinen Gedanken.

My Destiny in Hogwarts (Draco Malfoy FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt