~76~

5K 213 120
                                    

Triggerwarnung: Essstörung (Abschnitte mit * markiert)

Hermine P.O.V.
Nervös nippte ich an meinem Cappuccino, während ich in der strahlenden Sonne vor einem Cafe saß und auf Isabelle wartete. Ich hatte sie seit dem letzten Schultag nicht mehr gesehen, der schon über vier Wochen her war. Da ich auch sonst keinen Kontakt zu ihr gehabt hatte, hatte ich keine Ahnung, wie beziehungsweise ob sie das Geschehene verkraftet hatte oder was mich bei diesem Treffen erwartete.

Mittlerweile hatte ich ein ziemlich schlechtes Gewissen, weil ich ihr nicht ein einziges Mal geschrieben hatte und wir sie einfach sich selbst überlassen hatten. Auch, wenn sich mit Malfoy eingelassen hatte und uns das vorenthalten hatte, war sie immer noch das Mädchen, das wir unsere beste Freundin genannt hatten, mit allen Eigenschaften, für die wir sie geliebt hatten und hatte es nicht verdient, einfach so alleine gelassen zu werden. In gewissem Maße konnte ich sogar verstehen, warum sie uns nichts gesagt hatte. Harry und Ron waren da zwar anderer Meinung, und nicht so begeistert, dass ich mich mit ihr traf, aber alles andere wäre einfach falsch gewesen.

Aus Langeweile begann ich die Speisekarte zu inspizieren, obwohl ich bereits zu Mittag gegessen hatte. Im Hintergrund hörte ich das Klackern von Absätzen auf den Steinen des Gehweges und die angeregten Gespräche um mich herum. Das Klackern näherte sich und als es schließlich fast direkt neben mir verstummte schaute ich schließlich etwas irritiert auf.

Isabelle stand vor mir und lächelte zögernd. Ich wusste nicht, was ich erwartet hatte, aber bestimmt nicht sie voller Ausstrahlung und Selbstbewusstsein zu sehen. Eher war ich davon ausgegangen noch mindestens die Reste ihrer Verzweiflung deutlich zu erkennen, oder zumindest Unsicherheit in irgendeiner Form. Aber sie stand vor mir, in einem flatternden Sommerkleid, auf Schuhen, die mindestens zehn Zentimeter hoch waren und auch sonst aufgestylter, als ich sie je gesehen hatte, mit ihrem typischen Lächeln.

"Tut mir leid, dass ich zu spät bin, ich war noch bei Alec und wir haben die Zeit vergessen.", sagte sie und setzte sich mir gegenüber hin. Ich legte die Speisekarte zur Seite und lächelte ebenfalls, nachdem ich mich wieder gefangen hatte.
"Kein Problem. Wie läuft denn mit euch beiden?", fragte ich vorsichtig. Ich wollte nicht aus Versehen irgendetwas falsch formulieren oder irgendein falsches Thema ansprechen.
"Gut, sehr gut." Sie lächelte wieder und machte eine kurze Pause, der distanzierte Ton in ihrer Stimme fiel mir sofort auf. "Wir fahren nächste Woche für drei Tage weg."
"Das ist toll, wohin wollt ihr denn?"
"Das ist eine Überraschung, ich weiß es noch nicht."
"Ich bin froh, dass du so glücklich bist und es tut mir leid, dass du das alleine durchstehen musstest."
"Ist schon okay, ich war ja nicht alleine, ich hatte ja Alec, Lilja und Lottie.", meinte sie schulterzuckend, aber für einen Moment schien sie mit den Gedanken woanders zu sein.

"Hast du ihnen erzählt, dass du mit Malfoy zusammen warst?" Das Thema war zwar ziemlich heikel, aber es war leider auch der Grund für unsere Funktstille und deshalb gab es kein Drumherum.
Sie schüttelte den Kopf. "Du hast doch mitbekommen, was dann passiert, ich habe wirklich keine Lust es nochmal zu erleben." Ihre Mundwinkel zuckten kurz und sie machte eine kurze Pause. Das erste Mal heute sah ich ihre Fassade brechen, aber sie fing sich schnell wieder. "Außerdem ist es in Bezug auf meine Beziehung vollkommen irrelevant, Alec vertraut mir und so soll es auch bleiben." 

*
Eine Kellnerin kam auf unseren Tisch zu, bevor ich antworten konnte. Ich ließ Isabelle ihre Bestellung aufgeben und musterte sie in der Zwischenzeit. Ihre Haare fielen über ihre Schultern und glänzten in der Sonne, aber auf den zweiten Blick zerbrach das perfekte Bild und mir fiel auf, wie stark ihre Schlüsselbeine herausstachen. Bei genauerem Hinsehen fiel mir auch auf, dass ihre Arme dünner waren, als noch vor einem Monat. Anscheinend hatte das Geschehen doch einen bleibenden Eindruck hinterlassen, denn ich kannte Isabelle gut genug, um zu wissen, dass sie nicht nur für ihr Aussehen auf Essen verzichten würde. Ich überlegte, wie ich es irgendwie behutsam ansprechen konnte, aber ich hatte das Gefühl, nach diesem Monat Funkstille hatte sie sich etwas Neues aufgebaut, zu dem ich nicht gehörte.
*

My Destiny in Hogwarts (Draco Malfoy FF)Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt