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Die nächsten zwei Tage weinte ich viel und schlief schlecht. Ich fühlte mich zu nichts wirklich in der Lage. Ich hatte seit meiner Freistellung nicht ein einziges Mal den Gryffindorturm verlassen, da er so etwas wie eine sichere Festung für mich war. Auf Essen hatte ich größtenteils verzichtet. Ich hatte sowieso keinen Appetit. Irgendwas Kleines zum Mittag und ein Brot zum Abendessen. Alles brachte Hermine mir mit. Sie war einfach die Beste. Obwohl sie nicht wusste, was loswar war sie für mich da. Dafür war ich ihr unglaublich dankbar.

Am letzten Tag meiner Freistellung entschied ich mich dafür zum Frühstück mit in die große Halle zu gehen. Nicht, weil ich wollte, sondern weil ich wissen wollte ob ich das schaffen konnte. Ansonsten würde ich nicht morgen schon wieder zum Unterricht gehen können.

"Geht's dir schon wieder besser?", fragte Harry, als er sich zusammen mit Ron gegenüber von uns hinsetzte.
"Ein bisschen.", murmelte ich ohne meinen Blick vom Tisch zu lösen. Da mir dann aber auffiel, wie unhöflich das war schaute ich ihn kurz an und rang mir ein Lächeln ab. Er erwiderte dieses und begann dann mit Hermine über irgendeine Hausaufgabe zu reden. Ich hörte nicht zu, da es mich sowieso nicht betraf.

Ohne es zu wollen wanderte mein Blick über Rons Schulter zum Slytherintisch. Draco saß mit dem Rücken zu mir da. Sofort sah ich wieder das Bild vom dunklen Mal auf seinem Arm vor meinen Augen. Mir lief ein Schauer über den Rücken und ich senkte meinen Blick. Niemand sollte die Tränen sehen, die in meine Augen traten. Ich ärgerte mich über mich selbst. Wieso musste ich immer sofort anfangen zu heulen?

"Alles in Ordnung, Isabelle?", fragte Ron, der mein Verhalten anscheinend mitbekommen hatte. Ich nickte nur. Würde ich jetzt reden würde ich in Tränen ausbrechen. Er betrachtete mich immer noch besorgt, das konnte ich förmlich spüren. Er wusste, dass etwas nicht stimmte, schließlich kannten wir uns seit mehr als fünf Jahren.

Mit angewinkelten Beinen saß ich auf meinem Bett und starrte ins Leere. So verdrängte ich die Gedanken, die auf mich einströmten. Beziehungsweise ich versuchte es. Ganz gelang es mir nicht.
"Ich geh jetzt los.", verabschiedete Hermine sich und nahm mich nochmal in dem Arm.
"Okay.", murmelte ich. Dann war ich wieder alleine.

Nachdem ich duschen gewesen war entschied ich mich dafür Madam Pomfrey noch einen Besuch abzustatten, in der Hoffnung, dass sie mir noch einen Tag frei geben würde. Danach wäre Wochenende, also noch zwei freie Tage mehr. Das musste als Auszeit reichen. Dann musste ich mich dem Schulalltag stellen.

Als ich den Schlafsaal verlassen wollte fiel mein Blick zufällig auf mein Handgelenk und auf das daran hängende Armband. Das Armband, das Draco mir zum Geburtstag geschenkt hatte. Das Armband, das symbolisierte, dass ich zu ihm gehörte. Jetzt führte es mir nur noch seinen Verrat und meine eigene Naivität vor Augen und ich fragte mich, warum ich es überhaupt trug und noch nicht abgenommen hatte.

Ich öffnete den Verschluss und ließ es in meine Handfläche fallen. Das Herz glitzerte im Licht, das durch die Fenster schien und aus irgendeinem Grund kam Wut in mir hoch. Wut auf Draco, aber auch Wut auf mich selber.

Ich schmiss das Armband in die Schublade meines Nachttisches und schlug diese mit etwas zu viel Kraft zu. Noch brachte ich es nicht übers Herz das Armband endgültig los zu werden. Ich hatte es seit meinem Geburtstag jeden Tag getragen und es gehörte dadurch irgendwie zu mir.

Eine Viertel Stunde später betrat ich den Krankenflügel und Madam Pomfrey kam mir sofort entgegen.
"Hallo.", begrüßte ich sie.
"Miss Carters. Wie geht es ihnen?", wurde ich sofort gefragt. Erst wollte ich 'gut' antworten, aber Madam Pomfrey brauchte ich nicht anlügen.
"Naja, noch nicht besonders gut. Deshalb wollte ich sie fragen, ob sie mir noch einen Tag frei geben könnten. Dann hätte ich auch noch das Wochenende und dann geht es mir bestimmt besser.", versuchte ich sie zu überzeugen.
"Ich kann Ihnen nicht einfach noch einen Tag geben. Das scheint ja auch nicht wirklich etwas zu bringen.", sagte sie ruhig.
"Bitte.", flehte ich. "Ich schaffe das morgen noch nicht." Meine Stimme zitterte und auf einmal kam ich mir vor wie ein kleines Kind. Drei Tage würden nicht viel ändern. Ich wollte es bloß möglichst weit herrauszögern.

"Vielleicht sollten sie mit jemandem über das, was sie bedrückt, reden. Danach werden sie sich bestimmt besser fühlen." Ich sagte nichts dazu, sondern dachte darüber nach. Aber mir wurde eine Sache klar.
"Das kann ich nicht.", erwiderte ich und wieder bahnten sich der Tränen ihren Weg über meine Wangen. Ich wischte sie weg und drehte mich um, um zu gehen. Als ich Madam Pomfreys Stimme hörte blieb ich stehen.
"Sie bekommen noch einen Tag. Mehr nicht. Am Montag gehen sie wieder zum Unterricht."

Als ich wieder zurück im Schlafsaal war legte ich mich auf mein Bett und las etwas in einem Buch, das Hermine mir empfohlen hatte. Ich hatte ab jetzt noch drei einhalb freie Tage. Irgendwie war ich zuversichtlich, dass alles gut werden würde. Auch, wenn ich nicht wusste wie.

Obwohl das Buch recht spannend war fielen mir nach einer Weile immer wieder fast die Augen zu. Also entschloss ich mich dazu mich erstmal etwas auszuruhen. Die Schlaflosigkeit der letzten Tage machte mir doch schwerer zu schaffen als gedacht.

Als Hermine in ihrer Mittagspause in den Schlafsaal kam sah sie seltsam ernst aus. Bevor ich sie fragen konnte was los war brachte sie mich mit einem kurzen Blick zum Schweigen.
"Wieso wurde deine Jacke vorgestern in einem Klassenraum gefunden, in dem wir keinen Unterricht haben?" Ich hoffte, dass sie mir den Schreck nicht ansehen konnte, obwohl ich das Gefühl hatte, dass mir alle Farbe aus dem Gesicht wich. Die Jacke hatte ich total vergessen. Ich spürte Panik in mir hochkommen. Ich wollte nicht von der Schule fliegen. Was sollte ich dann machen? Wieder traten mir Tränen in die Augen. Wieso ging mein Leben plötzlich so den Bach runter?

Bevor ich in Selbstmitleid versinken konnte fiel mir ein, dass ich bloß eine gute Ausrede brauchte. Aber da ich vor Panik einen totalen Blackout hatte, fiel mir erstmal nichts anderes ein, als mich dummzustellen um Zeit zu gewinnen.
"Es gibt bestimmt mehrere Leute, die diese Jacke haben. Woher denken die zu wissen, dass es meine Jacke ist?" Die Masche zeigte tatsächlich Wirkung.
"Sie wissen noch nicht, dass es deine ist, aber das ist nur eine Frage der Zeit. Also erklär mir was deine Jacke in diesem Klassenraum zu suchen hatte." Verzweifelt suchte ich nach einer Ausrede, die Hermine glauben würde und gleichzeitig verhindern würde, dass ich von der Schule flog. Sie musste gut sein, es hing zu viel davon ab.

"Also.", begann ich und machte Pause, um die nächsten Wörter zurecht zu legen. Meine erste Idee war, dass ich noch vor der Ausgangssperre im Klassenraum gewesen war, aber ich hatte den gesamten Abend mit Hermine verbracht und das konnten zu viele bezeugen. Also brauchte ich einen guten Grund um außerhalb der Ausgangssperre den Schlafsaal verlassen zu haben. Aber auf die Schnelle könnte sich niemandem etwas ausdenken, was überzeugend wäre.

"Weißt du was? Ich erzähls dir später. Ich muss jetzt erstmal duschen gehen. Ich war seit vorgestern nicht mehr duschen und auch wenn ich krank bin möchte ich nicht unbedingt aussehen als wäre ich vollkommen verwahrlost." Die beste Ausrede, die mir einfiel, um Zeit zum Nachdenken zu bekommen. Ich schnappte mir schnell meine Sachen und schloss mich im Bad ein.

- Na ihr:)
Ich habe mir vor einigen Tagen "Harry Potter and the cursed child" gekauft, weil ich einfach nicht mehr warten konnte, bis es auf Deutsch kommt. Bis jetzt (ich bin Akt 1 Szene 16) finde ich es sehr interessant zu sehen, wie die Zukunft all dieser Figuren aussieht. Wenn jemand von euch das Buch auch liest/ gelesen hat kann derjenige ja mal kommentieren oder mich anschreiben:)

My Destiny in Hogwarts (Draco Malfoy FF)Donde viven las historias. Descúbrelo ahora