𝐊𝐚𝐩𝐢𝐭𝐞𝐥 16

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Die nächsten Tage ging es mir nach und nach immer besser. Mittlerweile wohne ich seit einem Monat in der WG. Heute ist der letzte Tag vor den Winterferien und dementsprechend gibt es heute Halbjahreszeugnisse. Früh am Morgen bin ich bereits wach geworden, was schon ziemlich ungewöhnlich für mich ist, da ich normalerweise erst spät aufstehe und meinen Wecker frühstens nach fünf Minuten klingeln wahrnehmen kann. Trotzdem bin ich unmotiviert auf 'nem anderen Level, da leider nicht alle Noten in diesem Halbjahr berauschend waren. Vielleicht klingt das total übertrieben, aber sobald eine Note schlechter als zwei ist, beginne ich mir noch mehr Druck zu machen, als ich sowieso schon tue.
Nach einem kleinen Zusammenstoß mit dem Türrahmen, nehmen mich auch die restlichen Beteiligten in der Küche wahr. Nach einem gebrannten Morgen lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen. Der Rest scheint genauso unmotiviert zu sein wie ich, den ein Teil kann gerade mal so nickend antworten und der andere Teil schläft anscheinend noch mit offenen Augen. Ich gehöre offiziell zum anderen Teil. Trotzdem tobt die Angst in mir, da ich keine Ahnung habe, wie Chris und die anderen reagieren, wenn sie irgendwelche Noten auf meinen Zeugnis sehen, welche nicht so berauschend sind.

Ein genervtes Schnauben ist von Chris zuhören. Seit fast fünf Minuten stehen wir auf dem Parkplatz vor der Schule.
„Vivi.. jetzt mal Butter bei die Fische.. was ist los?“, in seinem Blick liegt etwas genervtes, wahrscheinlich weil er eigentlich zur Arbeit müsste, aber auch etwas besorgtes.
Leise murmel ich vor mich hin, dass ich mein Zeugnis nicht bekommen möchte. Anscheinend hat er mich trotzdem verstanden, denn eine Antwort bekomme ich vorerst nicht, da er überlegen muss, was er nun sagen soll.
„Hast du Angst vor den Noten?“, fragt er mich nach einiger Zeit. Mein Nicken ist anscheinend Antwort genug, denn er legt seine Hand auf meinen Oberschenkel und streicht mit dem Daumen hin und her. Eine Geste für Beistand und Akzeptanz. „Vivi. Noten sagen nichts, aber auch gar nichts, über dich aus. Egal was da steht. Und selbst wenn Noten dabei sind, bei denen man sagen könnte, das diese hätten besser sein können, dann ist das in Ordnung. Wir haben dich ins Herz geschlossen und weißt du, selbst wenn wir eventuell nicht komplett zufrieden sind, dann bleiben wir trotzdem bei dir. Du kennst uns... Wenn es keinen korrekten Grund für Wut und Enttäuschung gibt, dann bleiben wir doch alle ziemlich entspannt. Und jetzt Vivi schieb' ich dich leider raus. Schule beginnt gleich und ich muss zur Arbeit. Mach's gut und bis nachher!“, völlig perplex verlasse ich das Auto und wünsche ihm viel Spaß.
Schnaubend halte ich mich krampfhaft am Geländer der Treppe fest. Wer beschließt auch, ein Klassenzimmer in die dritte Etage zu packen?
Mit einem stechenden Schmerz in der Lunge, lasse ich mich auf meinen Stuhl fallen. Lotta, neben mir, betrachtete mich skeptisch, mit hochgezogener Augenbraue.
„Bevor du fragst: Ja, mir geht's gut!“, erklärte ich ihr sofort. Es war zwar nicht unbedingt die Wahrheit, allerdings ist dieses Stechen und bisschen komische Gefühl beim Ausatmen nicht gleich lebensbedrohlich. Denk' ich.
„Guten Morgen liebe Klasse! Der Plan heute ist einfach. Zuerst bekommt ihr eure Halbjahreszeugnisse, dann schauen wir noch einen kleinen Film und dann seid ihr in die Ferien entlassen!“, mit zu viel Motivation kommt unsere Klassenlehrerin in den Raum geplatzt und labert auch viel zu viel!
Es waren bereits einige vorne, um ihre Zeugnisse abzuholen und sich einen ewig langen Vortrag von Frau Baum anzuhören.
Tatsächlich habe ich mittlerweile kaum noch Angst, was mein Zeugnis sagt. Das könnte zum einen an Chris liegen und zum anderen an der Tatsache, dass meine Gedanken eher bei meiner Lunge sind.
Ein lautes „Viviana!“ holt mich aus meinen Gedanken. Kurz kämpfe ich mit mir, da mich schwarze Pünktchen beim Aufstehen stören. Mein Zeugnis nehme ich dankend entgegen. Tatsächlich sagt Frau Baum bei mir gar nichts, außer das ich mich nächstes Halbjahr mehr anstrengen solle.
Fast zweieinhalb Stunden später, habe ich den Schultag endlich überlebt. Der Film war mehr als langweilig. Es war halt nur irgendeine Doku über irgendwelche Tierarten.

„Wir sehen uns in den Ferien, oder?“, hinterfragt Lotta zum gefühlt tausendsten Mal. Ich bestätige das ganze einfach nur nickend, umarme sie nochmals und gehe dann langsam nach Hause.
Zitternd und luftschnappend, stehe ich vor der Tür und versuche das Schlüsselloch zu treffen. Auf meinem Weg musste ich immer wieder anhalten, da ich kaum noch Luft bekomme. Pfeifende Geräusche verlassen meinen Mund – jedes Mal, wenn ich ausatme. Nach einigen weiteren Versuchen bin ich endlich im Flur angekommen. Da sind sie wieder. Die kleinen schwarzen Sternchen. Dadurch, dass ich keine Ahnung habe, was mit mir gerade abgeht, setze ich mich einfach in den Flur und schaffe es irgendwie einen Gruppenanruf zu starten. Ich habe einfach in WhatsApp die WG Gruppe gewählt, weil ich keine Ahnung habe, wer überhaupt gerade die Möglichkeit hat ans Handy zu gehen.
„Vivi? Was gibt's?“, ertönt Olis Stimme aus meinen Handy.
„Oli.. ich... Luft. Hilfe...Zuhause.“, immerwieder versuche ich ruhig durchzuatmen, aber es geht einfach nicht.
Am anderen Ende der Leitung entsteht Hektik: „Scheiße Vivi! Versuch wach zu bleiben, wir kommen!“, kommt es nun von Alex und ich meine auch kurz Phil gehört zu haben.

Ich weiß nicht wie lange ich so da sitze, aber tatsächlich höre ich, wie der Schlüssel ins Schlüsselloch gesteckt wird und Franco versichert mir, dass ich mich nicht erschrecken soll, da nur die Jungs da sind.

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Ich melde mich auch Mal wieder. Ich hoffe euch gefällt das Kapitel.
Was glaubt ihr ist mit Vivi los? Und was glaubt ihr, wie Vivis Zeugnis aussieht?
Ich hoffe wir hören uns demnächst wieder.
Bis bald <3

𝐄𝐢𝐧 𝐧𝐞𝐮𝐞𝐬 𝐋𝐞𝐛𝐞𝐧Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt