19. Entgegen aller Prinzipien (Stefans POV)

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Halli hallo hallöchen zusammen,
wie versprochen hier ein neues Kapitel mit stolzen 1700 Wörtern, heute mal wieder aus Stefans Sicht.
An dieser Stelle wollte ich mich ganz kurz für euren Support bedanken. Ich freue mich riesig über jede/n Einzelne/n von euch und jeden eurer Votes.
Liebe Grüße an alle da draußen (:

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Stefan POV

Es faszinierte und schockierte mich zugleich, was für eine Wirkung wir auf die junge Frau hatten, dabei sollte das ganze ein Spaß sein aber soweit war Samia offensichtlich noch lange nicht. Letztendlich konnte man es ihr nicht verübeln. Nur weil wir selber wussten, dass wir ihr so schnell nichts tun würden, hieß das ja noch lange nicht, dass es auch ihr bewusst war. Und selbst wenn sie sich sicher sein würde, dass wir ihr körperlich nicht wehtun, so war der seelische Schmerz, den wir ihr durch die Gefangenschaft zufügten, vermutlich noch immer unerträglich für die Frau.
„Krieg dich ein! Das war ein Joke und um dich einzuschüchtern muss ich ja nur den kleinen Finger krumm machen." Ich konnte mein Lachen trotz meiner bedrückenden Gedanken nicht unterdrücken und legte ihr aus Reflex meinen Arm um die Schulter um sie zum losgehen zu bewegen. Schockiert zuckte sie zusammen, sog sie die Luft ein und taumelte durch die plötzliche Last auf ihren Schultern gegen meine Seite. Ich spürte ihre verzweifelte Unsicherheit und wie sich jeder Muskel in ihrem Körper verkrampfte aber ich ließ ihr keine Zeit in Panik zu verfallen indem ich einfach losging und sie so mit mir zog. „Komm wir schauen uns mal um. Wo möchtest du anfangen?"
Scheu schaute die junge Frau mit einem kurzen Seitenblick zu mir hoch und mir wurde erneut bewusst, dass Mark uns wirklich einen Zwerg ins Haus geholt hatte.
„Uhm.. Hier unten?" stammelte sie, völlig im Bann des für ihren Geschmack vermutlich viel zu vielen Körperkontakts.
„Okay, wird gemacht, Chefin!" zog ich sie auf und hoffte, dass Samia sich durch meine Lockerheit auch etwas von ihrer Anspannung abschütteln konnte.
„Wohnzimmer, Küche, Esszimmer, Bad und den Flur links mit dem großen Fenster zum Garten kennst du ja schon. Dann zeige ich dir jetzt den Teil rechts. Wir nennen es hier drüben immer liebevoll Bürobunker. Das heißt hier sind hauptsächlich unsere Arbeitszimmer." Ich führte sie zunächst durch die Büros von Aiden und Danny, ließ sie sich jedoch nicht aus meinem Arm winden, was sie immer wieder zaghaft versuchte.
„Damit muss sie umgehen können und vielleicht verinnerlicht sie dann mal, dass nicht jede Berührung schlecht ist." Ging es mir weiter durch den Kopf und ich ignorierte dabei Marks Stimme in meinem Kopf, dass wir gerade in Hinblick auf ihre frühkindlichen negativen Erfahrungen Rücksicht nehmen sollen. Ich war der Meinung, dass diese Erfahrung mit Nähe auch in Hinblick auf ihre Vorerfahrungen nicht schädlich sein würde. „Härten wir die Kleine mal ab."
Bei Marks und meinem Büro angekommen, erklärte ich ihr, dass sie all unsere Büros grundsätzlich betreten durfte aber vorher zu klopfen hatte. Unsere Geschäfte erforderten es so oder so, dass keine Dokumente oder Informationen aller Art einfach so offen herumlagen und zudem bezweifelte ich, dass Samia auch wenn sie an sich ein kluges Köpfchen zu sein schien, irgendetwas von dem Kram verstehen würde.
Samia nahm meine Informationen mit gelegentlichem Nicken oder manchmal einem leisen „okay" hin. Noch immer beschäftigte sie der enge Kontakt zu mir aber ich war erstaunt, dass sie nicht völlig in Panik verfiel wie noch vor einigen Stunden am Steg. „Wir machen also Fortschritte." notierte ich mir stumm. „Na immerhin etwas."
Als wir mein Büro betraten, fiel Samias Blick gleich auf das große Bücherregal, welches ich an der kompletten rechten Zimmerseite hatte montieren lassen. Wie magisch angezogen, löste sich die junge Frau nun von meiner Seite. Ich ließ sie gewähren und Samia ging zielstrebig auf das Regal zu. Dort angekommen, legte sie ihren Kopf leicht schief um die unterschiedlichen Titel und Autoren zu studieren. Beinahe ehrfürchtig fuhr sie sachte mit den Fingerkuppen über einige Bücher und schien völlig vertieft zu sein.
Ich trat hinter sie und folgte ihrem neugierigen Blick. Sie schien all die Titel förmlich einzusaugen und diese gedanklich vermutlich in für sie interessant und eher uninteressant zu kategorisieren. Das erste Mal seit sie hier im Haus war, war Samia völlig abgelenkt und ich konnte sehen, wie ihre angespannten Muskeln sich einer nach dem anderen lösten. Doch plötzlich drehte sie sich um, um nach mir Ausschau zu halten und erschrak als sie mich gleich hinter sich ausmachte. Völlig in ihren Gedanken versunken, hatte sie vermutlich nicht realisiert, dass ich ihr gefolgt war. Ein leises „oh" entwich ihr, bevor sie sich wieder den Büchern zuwandte und einige Schritte am Regal entlang von mir weg machte. „Wieviele von all denen hast du gelesen?" fragte sie leise und ich war überrascht, dass sie sich traute, eine Frage zu stellen und es war keine dieser Fragen, die man stellte, um unangenehme Stille zu durchbrechen. Nein, es interessierte sie wirklich. „Jedes einzelne." gab ich ehrlich zu, mit unbewusst verschränkten Armen mit einer Schulter an das Regal gelehnt. Die junge Frau fuhr überrascht zu mir herum, wandte ihren Blick jedoch schnell wieder ab und ich konnte ihre Zerrissenheit sehen. Sie kämpfte mit sich. Auf der einen Seite interessierte es sie sichtlich, was ich über die Bücher zu erzählen hatte und auf der anderen Seite hatte sie höllische Angst vor mir und jedes Wort zu mir schien sie einzeln Überwindung zu kosten.
„Du kannst dir hier jederzeit so viele Bücher abholen wie du magst, ich stelle sie dir alle zur Verfügung."
Für einen Sekundenbruchteil sah ich ein Funkeln in ihren Augen, was jedoch binnen eines einzigen Augenblicks schon wieder erloschen war und sie ihren Blick traurig senkte.
„Was ist?" fragte ich etwas forscher nach als beabsichtigt.
Tränen schimmerten in ihren Augen, doch sie kämpfte eisern gegen sie an. Vermutlich erinnerte sie sich gerade an meine Worte, dass ich es nicht leiden konnte, wenn Frauen heulten und ich würde meinen Arsch darauf verwetten, dass sie alles tun würde, um mich nicht zu reizen. Leider sprach sie auch nicht weshalb ich einen deutlichen Schritt auf sie zumachte. Erschrocken wich sie zurück und prallte mit dem Rücken unsanft an das hölzerne Regal.
„Ich.. Ich habe mich gefragt also ob ich.. Muss ich so lange hier bleiben, dass ich die Zeit habe, viele Bücher zu lesen?" brach es plötzlich leise und mit brüchiger Stimme aus ihr heraus.
Ich seufzte hörbar. Für solche Grundsatzdiskussionen hatte ich keinen Nerv auch wenn ich ihren Gedanken verstehen konnte.
Bestimmt aber ohne ihr wehzutun griff ich nach ihrem Kinn und zwang sie, mich anzusehen.
Nun war es die nackte Angst, die ihre Augen zum funkeln brachten. Ihre brauen Rehaugen waren geweitet und spiegelten pure Unschuld wieder. „Verdammte Scheiße!" fluchte ich in mich hinein. Was war an dieser Frau anders als an all den anderen, die ich ohne zu zögern in einer solchen Situation vor mir auf die Knie gezwungen und ihnen einen gehörigen Deepthroat verpasst hätte um die flehenden Augen aus einer ganz anderen Perspektive zu genießen. Bei Samia strebte alles dagegen, ihr wehzutun, geschweigedenn sie zu missbrauchen oder zu vergewaltigen.
„Wir lassen dich nicht gehen, versteh das endlich. Solange wir es wollen, bleibst du hier und entweder du wehrst dich weiter ohne Erfolg dagegen oder du findest dich damit ab und machst das beste draus. Du solltest es als Privileg sehen, dass wir dich so mit Samthandschuhen anpacken. Das ist sonst definitiv nicht unsere Art und die andere Art willst du auch nicht kennenlernen, glaub mir."
Die Frau hatte begonnen zu zittern und schluckte trocken.
„Ich bin wirklich dankbar, dass ihr mir noch nicht wehgetan habt aber woher weiß ich denn wie es weitergeht? Irgendwann werdet ihr mich loswerden wollen und dann.. dann was ist dann? Versklavt ihr mich oder verkauft meine Organe oder bringt ihr mich um? Wenn.." die Frau stockte und musste sich sammeln. Die Worte schienen ihr kaum über die vollen Lippen zu gehen und ihre Stimme war nicht mehr als ein kehliges Flüstern. Mit etwas Nachdruck hob ich ihr zartes Kinn nochmal an, welches ich noch immer mit meiner ganzen Hand umgriffen hatte. Während mein Daumen fast bist zum einen Ohr reichte, ging mein Zeigefinger beinahe bis zum anderen Ohr. Durch meine Bewegung zwang ich sie zum weitersprechen.
„Falls ihr wirklich vorhabt mich irgendwann umzubringen und nur auf den passenden Moment wartet,.." ein Schauer jagte durch den Frauenkörper und auch ich blieb nicht unberührt von ihren Worten denn ich konnte ahnen was jetzt kam. „Könnt ihr es dann bald zuende bringen? Ich..ich kann nicht jeden Tag in Ungewissheit auf meinen Tod warten also falls ihr euch eh schon entschieden habt, mich zu töten dann..dann bitte sofort!" Samia schluchzte und ihr Unterlippe bebte aber keine Träne verließ ihre Augen.
Wieder seufzend gab ich ihr Gesicht frei und legte den Kopf leicht in den Nacken.
„Sklaverei? Organhandel? Sie umbringen?" verarbeitete ich stumm ihre Aussagen und mein Gott, die Kleine hat wirklich Todesangst und rechnet jederzeit damit, dass wir unsere freundlichen Masken abnehmen könnten und wie im Wald zu kaltherzigen Killern werden würden.  Das waren wir auch, keine Frage aber doch ihr gegenüber nicht. Sie hatte kein einziges Fünkchen Vertrauen in uns und vermutete wirklich, dass wir ihr unsere Freundlichkeit vorspielten und jederzeit unsere Waffe ziehen würden. „Fuck! Wie kriegen wir das nur aus ihr raus?" fragte ich mich bevor ich wieder zu ihr heruntersah. Noch immer versuchte sie krampfhaft, ihre Tränen zurückzuhalten doch ihr ganzer Körper zitterte und verstrahlte Panik. Ohne lange nachzudenken, griff ich vorsichtig um sie herum, löste sie so von dem ihr Halt gebenden Regal und zog sie in eine enge Umarmung an meine Brust. Samia war verdutzt aber traute sich nicht, sich zu wehren.
„Mensch Kleine! Ich weiß nicht wie wir dir das beweisen können, dass wir dich weder versklaven, noch dich für Organhandel verwenden wollen oder dich töten wollen. Ja wir sind nicht das was du dir unter guten Menschen vorstellst aber es richtet sich doch nicht gegen dich. Wenn wir eine der Ideen umsetzen wollten, dann hätten wir das doch schon längst getan! Und jetzt hör bitte auf so verkrampft deine Tränen zurückzuhalten, das kann man ja noch weniger mit ansehen als das weinen an sich." bei den Worten drückte ich ihren Kopf vorsichtig an meine Brust und strich ihr möglichst beruhigend über den Rücken. Wie auf Kommando brachen bei dem Mädchen alle Dämme. Sie schluchzte bitterlich an meine Brust und ihre Hände krallten sich in mein TShirt.
Sowas hatte ich zugegebenermaßen noch nie zuvor in meinem Leben erlebt und es fühlte sich mächtig komisch und gleichzeitig irgendwie richtig an.

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