52. Konfrontation

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Guten Morgen allerseits,

heute gibt's direkt zum Start in den Tag ein bisschen Lesestoff. So kommen wir noch irgendwie durch den Freitag und dann ist schon Wochenendeee!

Bis nächste Woche 🙋🏼‍♀️

P.S.: hier noch ein Bildchen damit ihr nicht vergesst wie unser Mark aussieht 😉

: hier noch ein Bildchen damit ihr nicht vergesst wie unser Mark aussieht 😉

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Mark POV

Noch einige Minuten stand ich wie angewurzelt vor der hohen Eingangstür und brachte es nicht fertig, den nächsten Schritt über die Schwelle zu setzen.
Ich hatte keine Lust mich dem zu stellen was mich drinnen erwarten würde. Die fragenden Gesichter meiner Männer konnte ich schon förmlich vor mir sehen, auch wenn sie einen Teufel tun und mich fragen würden, was geschehen war. Sie hatten jedes Recht sich Fragen über mein Verhalten zu stellen. Nie zuvor hatte ich so einen Kontrollverlust gehabt und das auch noch scheinbar ohne Grund, zumindest keinem, der nach außen erkennbar war.
Noch weniger lockte mich allerdings die Vorstellung, Ellie.. oder Samia.. Wie auch immer.. unter die Augen zu treten. Wie sollte ich mich bitte unauffällig verhalten? Ich würde ihr jedenfalls nicht mehr so harsch wie zuvor gegenüber treten können obwohl ich die Frau von Anfang an verhältnismäßig in Watte gepackt hatte.
Auf der anderen Seite wollte ich, dass vorerst weder Samia, noch die Jungs etwas von der Wahrheit erfuhren. Dafür war jetzt definitiv nicht der richtige Zeitpunkt und deshalb würde ich mich irgendwie unauffällig verhalten müssen.

Ich gab mir einen Ruck und schloss die Tür mit meinem Chip am Schlüsselbund auf und atmete ein letztes Mal tief durch und baute meine emotionale Mauer auf, wie ich es über die Jahre gelernt hatte.
Ob sie jedoch dem unerbittlichen Krieg zwischen den Rollen Bruder und Entführer standhalten würde, war fraglich, denn diese könnten gegensätzlicher nicht sein.

Mit streifen Gliedern zwang ich mich ins Wohnzimmer, wo ich die anderen wie vermutet antraf. Der Blick der vier lag schon auf mir, ehe ich den Raum richtig betreten hatte und ihre Blicke durchleuchteten mich förmlich. Auch wenn ich wusste, dass ich es nicht anders machen würde und es sich einfach um eine Berufskrankheit bei uns handelte, musste ich mich bemühen nicht verächtlich aufzuschnauben. Anders als Menschen wie Samia war ich nicht zu lesen wie ein Buch, sondern meine Emotionen und Gedanken waren für Außenstehende unsichtbar.

Ehe ich es hätte kontrollieren können, lösten sich die Worte wie von alleine aus meinem Mund: „Wo ist sie?"

Kurz war es still und mich beschlich ein ungutes Gefühl. Die anderen würden ihr doch nichts angetan haben? Sie wussten schließlich nicht was genau zwischen Samia und mir im Sportraum passiert war. Vielleicht hatten sie meinen Anfall falsch gedeutet? Jeder Muskel in meinem Körper war schmerzhaft angespannt und nie zuvor hatte ich solche Angst vor einer Antwort gespürt, wie in diesem Moment.

Schließlich war es Stefan, der sich erhob.
„Wir haben sie in den Keller gebracht."
Das war alles was er sagte und doch reichten diese sieben Wörter aus, um mich erschaudern zu lassen. Der Keller war nicht ein einfaches Gefängnis, nein, es war ein Ort an dem gefoltert und gemordet wurde. Mir wurde schlecht.
Wenn meine Männer Samia nur hätten einsperren wollen, hätten sie das in ihrem Zimmer getan aber doch nicht in den Keller. Nur mühsam konnte ich ein Zittern meines Körpers unterdrücken, nicht jedoch meiner Stimme.

„Was habt ihr mit ihr gemacht?" presste ich mühsam hervor, um meinen Verstand ringend meine eigenen Männer nicht augenblicklich grün und blau zu prügeln. Alleine die Vorstellung, dass einer von ihnen meine kleine Schwester verletzt oder anderweitig berührt hatte, ließ mich wahnsinnig werden.
„Was?!" bellte ich weil ich nicht augenblicklich eine erlösende Antwort zu hören bekam. Lediglich verwirrte Blicke voller Fragezeichen lagen in den Gesichtern meiner Kollegen, ja meiner Brüder.
Es war mir egal was sie in dem Moment von mir dachten und es war mir auch egal, dass es ihnen zustand, die Wahrheit zu erfahren, denn wir teilten alles, jedes noch so kleine Detail sofern es uns andere in irgendeiner Form betreffen konnte. Nun, in diesem Moment, war das einzige, das für mich wichtig war, dass es Samia gut ging. Etwas anderes zählte nicht.

Die Zeit war förmlich stehen geblieben und ich machte auf dem Absatz kehrt und hechtete aus dem Zimmer in Richtung des Kellers. Keine Sekunde länger hielt ich diese Ungewissheit aus. Damians Stimme drang nur weit weg in mein Unterbewusstsein. „Es geht ihr gut, Mann! Sie ist noch ganz, sie gehört ganz dir."

Auf der Treppe nahm ich mehrere Stufen zugleich und es war ein Wunder, dass ich nicht augenblicklich hinabstürzte. Wie ferngesteuert trugen meine Beine mich zu der Kellertür, hinter der mich die Wahrheit über Samias Zustand erwarten würde.
Ehe ich hineinstürzen konnte, fiel mir auf, dass das kleine rote Licht am Lichtschalter neben der Tür nicht brannte. Die Idioten hatten sie also auch noch im Dunkeln sitzen lassen.

Wut keimte in mir auf wenn ich mich daran erinnerte, wie meine Schwester früher immer die kleine Lampe auf der Anrichte in ihrem Zimmer angelassen hatte, weil sie sich in der Dunkelheit fürchtete. War das heute auch noch so? Mit einem Schlag wurde mir bewusst, dass ich rein gar nichts über meine eigene Schwester wusste und die Tatsache schnürte mir die Kehle zu.

Ich schüttelte den Gedanken ab und rief mich zur Ordnung.
Dann betätigte ich den Lichtschalter und betrat den Raum.
Mein Blick fiel sofort auf die kleine Gestalt rechts von der Tür. Samia saß zusammengekauert an der Wand, ihre Hände über ihrem Kopf mit den Metallketten gefesselt.
Geblendet kniff sie die Augen gegen das plötzliche Licht zusammen und versuchte sich gleichzeitig zitternd aufzurichten. Unter ihren braunen Augen waren tiefe und dunkle Ringe.

Etwas in mir brach bei diesem Anblick und ein stechender Schmerz durchzuckte mich. Etwas, dass ich jahrelang nicht verspürt hatte und dieser Schmerz war der Beweis dafür, dass etwas in mir, ein Teil in mir doch noch existierte, von dem ich gedacht hatte er wäre längst verschwunden.

Ein unnatürliches Keuchen war zu hören und ich brauchte einige Sekunden um zu realisieren, dass dieses Geräusch von mir gekommen war. Samia war zusammengefahren und blinzelte wieder angestrengt zu mir herüber.
Ich trat vorsichtig einen Schritt näher und da erkannte sie mich. Panisch riss die Kleine ihre Augen auf und zerrte an den Ketten beim Versuch aufzustehen.
„Mark!" entwich es der verängstigten Frau. Meine verängstigte Schwester.. wegen mir!

Mein Emotionschaos war unerträglich und ein Teil in mir riet mir, Samia den Abstand zu geben den sie jetzt brauchte, doch ein anderer Teil wollte sie einfach in den Arm nehmen, sie trösten und sie wie früher zum Lachen bringen.
Dass letzterer utopisch war, war mir bewusst aber es schmerzte zu sehr es zuzugeben.

„Samia es ist alles gut!" sprach ich möglichst besänftigend und leise. Kurz hielt die Frau inne und ich machte einen weiteren Schritt auf sie zu und hob meine Handflächen beschwichtigend in die Höhe, doch bei meiner Bewegung löste sich eine Träne aus ihrem Auge und sie begann beinahe fiepend zu atmen und schnappte nach Luft wie ein Fisch auf dem Trockenen.

„Es tut mir so leid! Es tut mir leid, Mark!" weinte die Frau und nun war ich es, der innehielt. Warum zur Hölle entschuldigt sie sich? Sie hat doch nichts falsch gemacht.
„Damian hat mir schon gesagt, wie wütend du bist und dass du mich..." sie stockte und fuhr dann flüsternd weiter „.. loswerden willst.. aber.." ihre Stimme gab nach.
„Du musst mir einfach glauben, dass ich sowas nie wieder machen werde." Samias Körper wurde von schwerem aber lautlosen Schluchzen geschüttelt und ihre Haut hatte eine ähnliche Färbung angenommen wie die Wand an der sie noch immer angekettet war.

In dem Moment fragte ich mich, ob Samia jemals wieder ein normales Leben führen würde, ohne Angst vor jedem Schatten und Geräusch zu haben oder ob der Schaden, den sie bereits erlitten hatte schon jetzt zu groß war.

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