16. Kapitel

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Etwas verlegen räusperte das Mädchen sich. Kíli, verloren in was auch immer, schrak auf.

„Es tut mir leid... Ich brauche noch einen Rat von dir."

Er richtete sich noch ein wenig auf. „Klar."

„Du kennst deinen Bruder besser als jemand sonst", begann sie ergebnisoffen.

„Oder zumindest hatte ich das geglaubt", brummelte Kíli. Er runzelte die Stirn.

Sie versuchte, ihren Gefühlen, die sich in ihr zu einer undefinierbaren Masse vermengt hatten, Worte zu verleihen: „Ich dachte auch, dass ich ihn ein wenig kenne." Sie seufzte.

Der Zwerg musterte sie mit einem Blick, der bereits alles aussagte. So doof war er dann doch wieder nicht, er besaß durchaus Augen und konnte sehen. Und beobachten. Er hatte die beiden oft beobachtet.

„Nicht so sehr wie du, natürlich, doch vor der Schlacht haben wir viel Zeit zusammen verbracht. Irgendwie. Ich weiß nicht. Es war unbefangen, so natürlich, und ich dachte, ihm ging es genauso." Ihre Finger zitterten, sie ballte sie zu einer Faust.

„Dann, danach? Nichts mehr, nichts! Es ist so, als hätte es ein uns nie gegeben. Er kann mich nicht mal mehr ansehen. Ich will nicht drängen, ich will wirklich nichts von ihm – außer zu wissen, warum."

Ihre Stimme brach. „Warum. Was mit ihm los ist. Manchmal, da sehe ich noch Schatten des Alten aufblitzen, aber dann – jedes Mal splittert mein Herz in tausend Stücke. Und ich habe es satt, dass er es immer wieder bricht."

Der Bogenschütze schwieg. Linda schniefte, ihr war nicht klar, dass sie so emotional sein konnte. Wie sehr sie das doch beschäftigte. Dann legte Kíli einen Arm um sie. „Was du da beschreibst, das ist das schlimmste Gefühl überhaupt. Mir tut es unglaublich leid, dass mein Bruder zu blind ist, um zu bemerken, wie sehr er dich verletzt hat."

Das Mädchen fühlte sich wie ein überfahrenes Reh mit gebrochenen Gliedmaßen. Sie brummte zustimmend. Es tat gut, dass jemand ihren Schmerz anerkannte.

„Und meinst du, meinst du, dass du ganz eventuell mal mit ihm sprechen kannst?", fragte sie noch leiser als zuvor.

Kílis Blick verfinsterte sich. „Ich werde sehen, was sich machen lässt."

Die Laienzwergin wisperte ein Dankeschön. „Er ist mir zu wichtig, als dass ich mir anmaßen würde, mehr als Antworten zu wollen", hauchte sie beinahe ungehört.

Der Durin hatte auch ihre letzte Äußerung vernommen, reagierte jedoch nicht mehr. Stundenlang und gleichzeitig nur so kurz wie ein Augenblick verharrten die beiden Freunde in ihren jeweiligen Positionen und hingen Gedankenideen nach, die so unterschiedlich gar nicht waren. Sie teilten sie nicht miteinander, noch nicht.

Irgendwann allerdings schien es Kíli zu langweilig zu werden. „Wollen wir uns Smaug dem Schrecklichen Ausgabe zwei, auch bekannt als mein Onkel, stellen? Ewig können wir uns hier nicht verstecken."

Linda grummelte etwas ähnlich einer Zustimmung, rappelte sich auf – und verlor die Orientierung. „Wenn er uns als Strafarbeit aufbrummt, dass wir den Erebor kartographieren sollen, wäre ich ihm noch nicht einmal wütend."

Ihr Begleiter lachte nur und ging voran.

Tatsächlich ließ sich Thorin nichts anmerken, als die beiden Gestalten ein wenig reumütig in seinem Büro antanzten, damit sie ihre wohlverdiente Standpauke hörten. Nein, im Gegenteil, er erwähnte ihre Verspätung mit keiner Silbe und ratterte in neutralem Tonfall ihre Anweisungen herunter.

Ehrlicherweise war dies noch schauriger als ein tobender König, Linda hatte die Vermutung, dass er mit ihnen tiefenpsychologische Erziehung auf zwergische Art und Sitte durchführen wollte – sie betitelte es lieber als toxische Psychospielchen.

Tochter der Fremden - Mittelerde-FFHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin