18. Kapitel

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„Ich wiederhole den letzten Absatz noch einmal: Allen Arbeitenden wird eine Mittagspause gestattet, in welcher jedem eine genügende Menge Essen zur Verfügung gestellt ist, hergestellt in den zwergischen Küchen mit Hilfe einiger Menschen. Hierzu werden zunächst zwei der großen Säle renoviert."

Bard nickte, als Linda fertig war. Thorin nach einer kurzen Pause auch.

Die junge Frau seufzte innerlich. Endlich! Wie lange wollten sie sich noch in Kleinigkeiten verhaken? Sie waren gründlich, das musste sie ihnen zugutehalten. Und weitaus schneller als in den Runden, als es noch nicht um die Arbeit im Berg ging – beide Parteien brauchten eine schnelle Lösung. Aber warum brauchten sie die detailliertesten Arbeitsbedingungen?

Nichts gegen Menschenrechte (schließlich kam Linda aus einem demokratischen Staat), doch war jetzt nicht vielmehr Handeln als Reden angesagt? Balin, darauf angesprochen, erklärte ihr es wenig später im Gespräch unter zwei Augen: „Das ist natürlich recht ausführlich, sogar für uns Zwerge. Der Hauptzweck ist nämlich ein anderer, dass Vertrauen zwischen Thal und Einsamen Berg aufgebaut wird – und (leider) nicht die Arbeitsbedingungen."

Das klang logisch. Bard und Thorin schienen sich inzwischen viel besser zu verstehen, allgemein wirkte der Zwergenkönig viel entspannter. Die Arbeit im Berg ging leichter voran, seitdem Dáin vor Wochen gegangen war. Und auch, seitdem Ori und Linda immer mal wieder den Schatz ordneten und dokumentierten.

Die Schreiberin prüfte, ob das Dokument, das alle vorhin abgezeichnet hatten, inzwischen trocken war. Tatsächlich. Sie kramte ihre eigenen Notizen zusammen. „Soll ich noch irgendwas bei Thorins Zimmer abliefern? Du kannst gerne den anderen folgen."

Bard und ihr Anführer wollten sich einen Überblick über die Renovierungsarbeiten machen, Linda und Balin waren als einzige zurückgeblieben, um die Papiere zu ordnen. Sie kannten beide die Skizzen des Berges gut genug, um zu wissen, was bald anstehen würde. (Also, Balin. Die Abenteurerin hatte keine Ahnung von Felsen oder Handwerk oder dergleichen, die Karten hatte sie lesen können und wusste, wo das Problem lag – räumlich gesehen.)

„Ach, danke, das ist nett von dir. Hier, das auf meinen Tisch und den Rest auf Thorins." Der weißhaarige Zwerg lächelte. Auch er hatte weniger Falten im Gesicht, ruhte sich häufiger aus. Linda kam nicht umhin zu denken, dass sie trotz ihrer unablässigen Beobachtungen etwas Wichtiges verpasst hatte – etwas, das alle vorher gestresst hatte und nun keine Rolle mehr spielte.

Jedenfalls verabschiedete sie sich von Balin und trug die Berge an Pergamenten durch die langen Gänge, welche ihr inzwischen so bekannt waren. Sie konnte die Wege, die sie hier gemacht hatte, schon nicht mehr zählen. In letzter Zeit befand sie sich häufig irgendwo zwischen dem Hauptsitz der Regierung (Thorins Arbeitszimmer) und dem Verhandlungssaal.

Wo sie war, war Tauriel auch. Außer in den Gesprächsrunden, dann durfte sie sich immer in ein Buch vertiefen und in Balins Bibliothek verkriechen. Linda wurde nicht schlau aus ihr. Ja, sie lächelte inzwischen mehr, doch eigene Wünsche formulierte sie nicht, ganz zu schweigen von Gesprächsanfängen.

Kíli hatte sie seit ihrem Gespräch nicht mehr wirklich getroffen und konnte ihn deswegen auch nicht fragen, wie sie der Elbin den Alltag erleichtern konnte. So verließ sie sich auf zum Teil sehr einseitige Unterhaltungen und kleinen Aufgaben, die keine Staatsgeheimnisse enthielten. (Obwohl der König immer etwas schlechter gelaunt war, wenn die Verletzte mit im Raum war. Er sollte endlich mal von seiner Elbophobie wegkommen, dachte das Mädchen bei sich.)

Ein Glück, dass die Waldelbin lesen konnte. Eine Tätigkeit, die auch ihr Bein wenig belastete. Óin bestätigte Lindas Hoffnungen – es heilte gut, bald könnte Tauriel es wieder mehr gebrauchen. Zu ihrer beider Erleichterung.

Tochter der Fremden - Mittelerde-FFWhere stories live. Discover now