19. Kapitel

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„Linda?"

„Hm?" Das Mädchen blickte von ihrer Arbeit auf.

Balin lächelte zurück. „Eigentlich wollte ich dich bitten, für das heutige Treffen ein Protokoll auszuarbeiten, nachdem wir es jetzt hinter uns gebracht haben. Doch du siehst nicht aus, als wärst du sonderlich anwesend, eher scheinst du mir fern in Lóriens Gärten..."

Die junge Frau riss sich zusammen und verzog ihre Miene zu einem Grinsen. „Ja, tut mir leid. Ich scheine schlecht geschlafen zu haben." Natürlich. Natürlich nicht. Doch Fílis Gegenwart war heute einfach zu viel.

Nicht, nachdem sie das gehört hatte, heute Morgen, unschuldig des Tage harrend- sie wollte gar nicht darüber nachdenken. Kaum hatte sie sich auf die vorige Sitzung konzentrieren können und auch diese Abschrift der endgültigen Bedingungen zählte drei misslungene Versuche.

Zu ihrem Glück beließ es der alte Zwerg dabei. Linda seufzte innerlich erleichtert auf. So konnte das nicht weitergehen! Sie verstand ja selbst nicht, warum sie erwartete, dass der blonde Zwerg nach Kílis Gardinenpredigt vorhin sich bei ihr entschuldigte und – ja. Was erwartete sie noch?

Sie musste einfach noch diesen Tag überleben. Dann den nächsten. Und irgendwann würde das schon enden. Es musste.

Ihre Feder verharrte bereits viel zu lange auf dieser Position. Vorsichtig tauchte sie das Schreibgerät in die zähflüssige Tinte und brachte die nächsten Buchstaben auf das Papier, einen nach dem anderen, vorwärts denken. Weiter schreiben, weiter denken, weiter-

Mit einem gewaltigen Rumms schlug die Tür zu. Linda zuckte zusammen, ihre Augen weit aufgerissen, doch da brüllte Kíli schon: „Alle mitkommen, Notfall! Thranduil steht vor dem Erebor, ich wiederhole, Thranduil!" Er keuchte vom schnellen Herrennen.

Thorin sprang auf wie elektrisiert. „Wie, was, wo? Mit wie viel Begleitung? Sind die Hallen abgesichert?"

Sein jüngerer Neffe schnappte immer noch nach Atem. „Nein, nein", presste er heraus, „mit einer Jagdkompanie. Anscheinend hat sie ein Schneesturm überrascht, doch der Elb besteht darauf, dass er dich schriftlich über sein Eintreffen informiert hat."

Aufatmend ließ sich der König zurück in seinen Sessel plumpsen, analog dazu fiel ein schwerer Brocken Stein in der Größe des Erebors von Lindas Herzen. Kein Krieg, alles nur das nicht. Sie sandte ein Stoßgebet an Mahal und alle anderen.

Der Anführer vergrub das Gesicht in den Händen. „Und wenn ich dir jetzt sage, dass so etwas in der Art tatsächlich stattgefunden hat, diese Vorankündigung?"

Kíli, Balin, Fíli und Linda drehten synchron ihre Köpfe zu Thorin herum. Ihre Mienen nahmen wieder einen alarmierten Ausdruck ein. Tauriel versuchte hinter ihrem Buch, möglichst uninteressiert auszusehen.

Ihr aller Chef seufzte. „Der Elb hat mir vor wenigen Tagen einen seitenlangen Brief gesendet. Und ja, er kann so interpretiert werden, dass er uns besuchen kommen wollte."

„Mitten im Winter?", warf Balin ein. „Die Elben sollten das besser wissen."

Vielleicht hatte sie die Seite zu laut umgeblättert, vielleicht fiel in genau jenem Moment ein Sonnenstrahl auf sie – irgendwas brachte Thorin dazu, seine Aufmerksamkeit auf Tauriel zu richten: „Ist dem wirklich so? Hat Thranduil in der Vergangenheit sein Reich im tiefsten Winter verlassen?"

Die Rothaarige schien genauso erstaunt wie alle anderem im Raum, dass sie um Rat gefragt wurde. „In der Tat, ja. Mit seinen Elchen ist er auch im Schnee gut unterwegs und er präsentiert Gästen gerne frisch geschossenes Wild von jenseits des Waldes. Für gewöhnlich überraschen Schneestürme erfahrene Elben nicht – und wenn doch, können wir über den Schnee laufen."

Tochter der Fremden - Mittelerde-FFWhere stories live. Discover now