unedited.
Es
heißt, wenn dein Leben vorbeigeht, zieht dir alles noch einmal am
inneren Auge vorbei, und dann weißt du, ob dein Leben wirklich
lebenswert war. Als Roman gestorben ist, hat er nichts davon gemerkt;
kurz aufflackernde Panik, der Gedanke, dass er das Richtige tat,
Schmerz – und Leere. Und als er aufgewacht war, hatte er keinen
Körper mehr und die Leere war ein stetig wachsender Teil seiner
selbst geworden, vergleichbar mit der gähnenden Leere des Hauses,
verlassen von allem, das er liebte. Und dann, nach endlosen,
eintönigen Jahren, in denen er allein war mit seinen quälenden
Fragen, da tauchte plötzlich ein Mädchen auf. Klein, mit
wuscheligen blonden Haaren und einem Teddybären unter dem Arm, ohne
den sie nicht schlafen konnte. Sie schien die Leere ein wenig
auszufüllen, mit Neugier, Intelligenz und Naivität, eine
Kombination, die einfach nicht spurenlos an ihm vorbeiziehen konnte.
Mit ihr kam auch wieder Hoffnung auf, die Erinnerung an geraunte
Worte, kurz bevor er sein Leben und seine Seele für seine Familie
aufgab, eine kratzige Stimme, die sagte, es gebe kaum einen Ausweg,
habe er sich einmal entschieden. Kaum.
Und
dann wurde ihm klar, dass sie nicht nur für ihn da war. Er musste
für sie dasein, denn ganz langsam, kaum merklich, war er ihr großer
Bruder geworden, der, der sie leitete, wie ein Vater, ein Vorbild. Es
war eine unglaubliche Last auf seinen Schultern, denn er wusste, er
würde sie nicht tragen können, nicht lange, und der Gedanke daran,
ihr wehzutun, tat ihm wiederum weh. Es war falsch, dachte er, doch
'falsch' war ein gesellschaftliches Konstrukt, und welche
Gesellschaft blieb ihm noch? Er hatte alles, verloren, sogar sich
selbst. Was wurde denn aus einem Menschen, wenn er alles verlor, was
er liebte? War er dann überhaupt noch ein Mensch, oder eher ein
Schatten, getrieben von Existenzangst und Hass? Vielleicht war es
Selbstzerstörung, Annie so nahe zu kommen, ein wunderschönes Stück
Selbstzerstörung.
Roman
lies all seine alten Gedanken Revue passieren, doch sie berührten
ihn nicht mehr. Sie hinterließen nur ein hohles Klingeln in seinem
Kopf, als ob sie eigentlich etwas auslösen sollten.
Er
saß gemeinsam mit ebenjenem Mädchen dort, wo für ihn alles
begonnen hatte. Als er jünger war, war er immer hierher gekommen,
wenn er wütend oder enttäuscht war oder einfach nur allein sein
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Midnight Song
Fantasy„Hast du noch Angst?“ „Nein“, sagte Annie bestimmt und Roman öffnete überrascht die Augen. „Warum nicht?“ „Du bist doch da“, antwortete Annie, als wäre es offensichtlich. „Du passt doch auf mich auf.“ Sie drehte sich wieder zu ihm um, mit großen...