Tag 3876 - Väter

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 u n e d i t e d   a   f

Roman?“

„Ja?“

„Was glaubst du, warum ist mein Vater so geworden, wie er war?“

Annie sah Romans Augen glänzen, als sie sich so drehte, dass sie sein Gesicht sehen konnte. Sie lagen wieder einmal nebeneinander im Bett und redeten, alle Lichter ausgeknipst, nur der Mond schien in das Zimmer hinein und machte Umrisse erkennbar. Er starrte weiter an die Decke. „Weißt du, ich vermisse die Sterne. Sie waren schön.“ „Sie waren kindisch“, stellte Annie trocken fest. Roman schwieg. Vorsichtig zog Annie die Hand unter ihrer Decke hervor und berührte ihn an der Schuler. „Weich nicht aus. Rede mit mir“, bat sie ihn, einen treuherzigen Ausdruck in den Augen. Er wusste es, ohne überhaupt hinzusehen. Ein Seufzen verließ seine Lippen. „Ich weiß nicht, was ich dazu sagen sollte. Ich kannte deinen Vater nicht“, gab er dann zu. Annie schloss kurz die Augen, Enttäuschung machte sich in ihr breit. Er hatte doch sonst immer eine Erklärung für alles, warum konnte er ihr nun nicht sagen, wie sie denken sollte? Sie wusste, dass es nicht richtig war, so zu denken, aber es war nun einmal leichter so. „Aber...“, sie machte eine Pause, ihr war eine neue Frage eingefallen, eine allgemeinere. „Was glaubst du denn, was Menschen dazu bringt, Dinge zu tun? Dinge, von denen sie wissen, dass sie nicht richtig sind?“ Er atmete lautstark aus; es gefiel ihm nicht, dass sie genau wusste, wie sie ihn dazu brachte, Sachen zu erzählen, die er nicht erzählen wollte. Sie wollte, dass er ihr die Welt erklärte, doch er war selbst noch zu unerfahren, um alles zu wissen, alles zu verstehen. Himmel, er war mit 18 gestorben. „Neugierde, vielleicht?“, schlug er vor, „Denn irgendwie haben wir das doch alle in uns. Dieses Verlangen, etwas Böses zu tun, etwas, was von anderen nicht akzeptiert wird. Vielleicht ist es die Neugierde, wie die Menschen um uns herum reagieren werden. Vielleicht ist es auch einfach das Verlangen nach Macht, oder es fehlt jemandem die Stärke, gegen diese Gedanken anzukämpfen.“ Annie blieb kurz still, versuchte, seine Gedanken nachzuvollziehen. „Also weißt du es nicht?“, schlussfolgerte sie ein wenig niedergeschlagen. Er schüttelte den Kopf. „Nein, ich weiß es nicht“, bestätigte er. Aber ich denke, ich werde es bald erfahren.

„Was ist eigentlich mit deinen Eltern?“, wechselte Annie das Thema. Sie öffnete wieder die Augen und wandte sich Roman zu. Und bevor er es überhaupt merkte, schlüpften ihm schon die Worte zwischen den Lippen hervor. „Meine Mutter war eine starke Frau. Sie hat sich immer gut um uns gekümmert, vor allem, als herauskam, dass mein Vater dazu nicht mehr fähig war.“ „Was war mit ihm?“, hakte Annie vorsichtig nach. Es war ein seltsames Gefühl für Roman, über ihn zu sprechen; in dem Bewusstsein, dass er wahrscheinlich tot war, doch dass er es nie wirklich erfahren würde. Keiner auf dieser Welt außer Annie wusste noch von seiner Existenz, kein Mensch zumindest, und über seine Vergangenheit zu sprechen, kam ihm so bizarr vor. Es gab sie nicht mehr, die Menschen aus seinen Erinnerungen und Geschichten, jedenfalls nicht mehr alle. „Es ging ihm irgendwann nicht mehr gut. Geistig, meine ich“, brachte er hervor. Wie konnte man es schonend ausdrücken, dass er durchgedreht war? Nicht mehr fähig, sich um sich selbst zu kümmern, geschweigedenn um seine Kinder? „Er hat uns sehr geliebt, aber er.. er konnte nicht mehr auf uns aufpassen. Er musste gehen.“ Annie bleib still, denn sie hatte das Gefühl, es gäbe nichts, was sie nun sagen könnte. Nichts, was die Situation besser oder schlechter machen könnte. Es war Vergangenheit, und sie musste es einfach akzeptieren und dieses Puzzleteil aus Romans Vergangenheit, dass er ihr gegeben hatte, schätzen.

Es schlug halb, und Roman verschwand, ohne sich zu verabschieden.

sorry für die lange wartezeit, ich war in urlaub und kam nicht zum schreiben. lasst mir doch bitte eure meinung dazu da, wie die geschichte sich entwickelt, das würd mir grad echt weiterhelfen! :)

love y'all, 

Emily

Midnight SongWhere stories live. Discover now