Kapitel 3

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Dylan

Sie ist so schön. So schön, wie sie da sitzt. Unschuldig und wunderschön, keine Ahnung von dem, was hier eigentlich passiert. Keine Ahnung von der Dunkelheit, die sie gerade umgibt. Ihre Nervosität, die verwirrten Blicke, ihre roten Wangen. All das, macht sie noch schöner, lässt sie noch unschuldiger wirken. „Keine Angst, sie tun nichts, wenn man es ihnen nicht befiehlt." Ich kann etwas Erleichterung in ihren Augen erkennen aber ihr Brustkorb hebt und senkt sich immer noch, als wäre sie gerade einen Marathon gelaufen.
„Komm Luna." Unsere Geliebte einjährige Cane Corso Hündin läuft voller Energie freudestrahlend auf das schöne Mädchen zu. Luna kuschelt sich direkt dicht an Madelyn, welche sich nun doch entspannen kann und sanft den Kopf der kleinen Hündin streichelt. „So und weshalb hast du jetzt meinen Bademantel an?" Sofort röten sich ihre Wangen wieder, „Ich war duschen und Caden hat anscheinend vergessen mir Handtücher und Klamotten zu bringen also habe ich irgendeinen Bademantel angezogen, damit ich, naja..." Sie stockt. „Nicht nackt durch den Flur laufen muss."
Die Nervosität in ihrem Blick macht mich verrückt. Ich will sie kennenlernen, mehr über sie erfahren als bloß ihren Namen. Duke, unser Rüde, gleichzeitig Lunas Vater, welcher immer noch geduldig in Codys Schlafzimmereingang sitzt, reißt mich mit seinem Bellen aus den Gedanken. Meine unausgesprochene Frage, weshalb er schon wieder bellt, beantwortet sich von allein, als Caden hinter ihm auftaucht. „Sorry, musste die Klamotten erst suchen." Mit einem kleinen Stapel Frauenklamotten betritt er das Zimmer und streicht Duke im Vorbeigehen über den Kopf, bevor er mit mir zur Begrüßung einschlägt. „Madelyn das ist Dylan, Dylan das ist Madelyn." Cadens Lächeln ist aufgesetzt, es erreicht seine Augen nicht. Ich glaube die Tatsache, dass Madelyn und ich uns kennengelernt haben, bevor er uns einander vorstellen konnte, passt ihm nicht.
Ich liebe ihn wie einen Bruder, genauso wie die anderen drei auch, aber Caden hat eine Art an sich, mit der ich oft nicht klarkomme. Er will meistens Recht haben, verhält sich oft, als wäre er der Herr über das ganze Land und er will sie. Er will Madelyn genauso sehr, wie ich sie will. Genauso sehr, wie Cody und Trevor sie wollen. Wir wollen sie alle doch er will, dass sie nur ihn will, obwohl sie am Ende sowieso uns allen gehören wird. Zumindest kurzzeitig.
Jeder von uns hat seine Macken und trotzdem würde ich keinen von ihnen gegen irgendwas auf der Welt eintauschen. Sie mich auch nicht, das weiß ich und dafür würde ich sogar meine Hand ins Feuer legen, dafür haben wir schon zu viel zusammen durchgemacht.
„Ich würde mich gerne anziehen und dann nachhause gehen, wenn das okay ist." Madelyn ist nervös, ihre Stimme zittert. Irgendwie tut sie mir leid, wenn ich darüber nachdenke, dass sie nicht mehr nachhause kommt. Nie wieder. Trotzdem verlassen Caden und ich zusammen mit Luna und Duke verständnisvoll das Zimmer damit sie sich umziehen kann.
„Was erzählen wir ihr eigentlich damit sie hierbleiben will?", fragt Cody in die Runde, die sich im Wohnzimmer gebildet hat. Ohne sie anzugucken, weiß ich, dass sie alle, genau wie ich, auf den Boden schauen und keinerlei Antwort auf Codys Frage haben. „Sie muss doch hierbleiben, sie kann nicht nachhause." Er scheint echt überfordert mit der Situation zu sein. Ich kann es nachvollziehen. Normale siebzehnjährige würden jetzt verkatert im Bett liegen, weil sie ihren fucking Prom zu doll gefeiert und sich sonst was für Drogen eingeschmissen haben. Cody jedoch muss hier mit uns sitzen und Dinge tun, für die normale Leute schon dreimal im Knast gelandet wären. Es tut mir leid für ihn, dass er eben nicht das normale Leben eines Teenagers führen kann, aber so ist das Leben nun mal. „Frauen sind doch nicht so schwer zu überreden, denkt euch irgendeine Story aus und gut ist." Caden ist so von sich selbst überzeugt, dass er gar nicht merkt, wie dämlich diese Aussage eigentlich war. Manchmal zweifle ich an seiner Intelligenz und daran, dass sein Durchschnitt im Medizinstudium nicht doch erkauft wurde.
„Mein Gott, fesselt sie an einen fucking Stuhl und sperrt sie im Keller ein, wenn sie bei euch bleiben soll." Trevor. Charmant wie immer.
„Sie soll freiwillig bei uns bleiben, du Idiot." Nach diesem Satz kassiert Cody einen von Trevors berühmten Killerblicken, mit denen er uns täglich mindestens zwölf Mal in ein Grab befördern würde, wenn Blicke wirklich töten könnten.
„Man seid ihr echt so blöd oder tut ihr gerade nur so? Ihr habt schon so viele Schlampen gefickt und wisst nicht, wie ihr eine kleine Jungfrau wie sie dazu bringt bei uns zu bleiben?" Alle, inklusive mir, schauen Trevor fragend an, doch als er fortfährt geht auch mir ein Licht auf. „Madelyn muss sich sicher bei uns fühlen. Sie muss das Gefühl haben uns vertrauen zu können, sie muss sich sicher sein, dass wir sie beschützen würden, vor allem und jedem, der ihr böses will. So wie letzte Nacht halt. Dann wird sie nie wieder von uns getrennt sein wollen. Ganz einfaches Spiel."
Keiner sagt etwas dazu, ich denke diese Information und die Art, wie Trevor es uns vermittelt hat, müssen wir erstmal verdauen.
„Gern geschehen ihr Pfeifen." Er steht auf, zündet sich eine Zigarette an und verschwindet mit den Hunden vor der Tür.
Als die brünette Schönheit die Treppen runterkommt verfallen wir alle drei in Panik, was erzählen wir ihr denn jetzt? Sie hätten auf mich hören sollen, als ich gesagt habe, dass wir uns das überlegen sollen, bevor wir sie zu uns holen.
Caden legt mir seine Hand auf die Schulter, bevor er sich an Madelyn wendet. „Du siehst hübsch aus, die Klamotten stehen dir." Sein charmantes Lächeln lässt sie schwach werden. Ihre Wangen färben sich rot und ihre Mundwinkel zucken ein wenig, bevor sie ein leises „Danke." über ihre vollen Lippen bringt.
Caden greift elegant nach ihrer Hand und übergibt sie an mich. „Ich hab da so eine Idee", flüstert Caden mir zu, während er von uns ablässt und in die Küche verschwindet. Ich führe sie zum Sofa, Cody nimmt auf einem Sessel daneben Platz. „Ich weiß, du würdest gerne nachhause, aber ich muss vorher noch deinen Blutdruck messen, damit du mir nicht unterwegs umkippst." Madelyn nickt nur als Antwort und blickt schüchtern zu Caden, der ein Glas Wasser und das Blutdruckmessgerät in den Händen hält, als er aus der Küche kommt.
Dankend lächelt sie, nimmt einen Schluck Wasser und legt ihren Arm auf dem Couchtisch ab, damit Caden ihr das Messgerät anlegen kann. Noch bevor ich darüber nachdenken kann, was er jetzt vorhat, sackt sie bewusstlos in sich zusammen. Cody springt erschrocken auf, ich fühle automatisch, ob sie noch Puls hat. „Beruhigt euch Jungs, sind nur Beruhigungsmittel. Spätestens in zwei Stunden haben wir sie wieder.", sagt Caden gelassen und wirft sich ihren bewusstlosen Körper über die Schulter, als wäre sie leicht wie eine Feder. „Ich bringe sie wieder ins Bett und spiele den besorgten Arzt mit Helfer Syndrom, sobald sie aufwacht. Cody du richtest ihr die oberste Etage ein und Dylan du suchst ihr Handy, Trevor meinte es liegt in seinem Zimmer. Um den
Rest kümmern ich und Trevor uns".
Wenn ich nicht gerade absolut planlos wäre, würde ich protestieren und mich darüber beschweren, dass Caden hier die Anweisungen gibt, obwohl ich drei Jahre älter als er und somit der älteste von uns allen bin. Da ich allerdings nicht den blassesten Schimmer habe, was sein Plan ist, tue ich einfach, was er sagt.

Our Girl - wir brauchen dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt