Kapitel 23

1.8K 60 5
                                    

Madelyn

Ich weiß nicht, wie mir geschieht. Ich höre mich selbst schreien, merke aber nicht mal, dass ich diesen Schrei losgelassen habe. Eine Hand greift nach meinem Arm, ich nehme Dylans Geruch wahr, dann wird mir der Boden unter den Füßen weg gezogen. Ich starre auf das entstellte Gesicht der Frau, die vor unserem Haus liegt, sie grinst genauso gruselig, wie dieser hässliche Smiley an der Hauswand. Mein Kopf pocht, das ist alles viel zu viel. Ich habe noch nie eine Leiche gesehen außer die von meinem Dad. Ihr Gesicht brennt sich in meinen Kopf ein und ich bin mir sicher, dass ich es nicht so schnell vergessen werde. Mein starrer Blick löst sich auf, als ich nicht mehr die Frau vor mir sehe, sondern mein Bett. Ich will jetzt nicht ins Bett. Ich will weg von hier. Irgendwohin. Wer auch immer das war, wird mir oder den Männern sonst auch noch etwas antun. Das darf nicht passieren, ich habe sie doch so gerne. Jeden einzelnen von ihnen. Dylan legt mich auf meinem Bett ab, doch ich springe panisch wieder auf. „Ich kann nicht schlafen! Wir müssen weg von hier! Was ist wenn sie mir was antun oder..." Mein Herz wird schwer, mein Hals schmerzt, weil ich mir das Weinen verkneife. „Was wenn sie euch etwas antun? Nein, bitte. Das kann ich nicht, wir müssen hier weg!" Ich habe gar nicht gemerkt, dass ich doch zu weinen angefangen habe. Meine Tränen laufen mir unkontrolliert über die Wangen und ich wedle panisch mit meinen Armen umher. „Bitte Dylan, ihnen darf nichts passieren. dir auch nicht. Niemandem, bitte!", flehe ich heulend. Ich weiß gar nicht, ob er, oder irgendwer, mir überhaupt zuhört, so sehr bin ich in meiner Panik gefangen. Ich hatte schon mal eine Panikattacke, ich erinnere mich. Man soll einfach nur ein- und ausatmen, ein- und ausatmen, ein- und aus-. Meine Atemübung wird unterbrochen. Zwei Hände legen sich an meine Hüfte, etwas berührt meine Stirn. Mein Blick ist starr auf den Boden gerichtet, ich versuche immer noch diese Panik los zu werden. Warum hört es nicht auf? Ich sehe immer noch das Gesicht der Frau vor meinem inneren Auge. „Bitte mach, dass es aufhört!" Ich bin nicht sicher, ob ich das gerade ausgesprochen oder nur in meinen Gedanken gesagt habe, aber dazwischen liegt gerade sowieso nur ein schmaler Grat. Ich weiß nicht wie mir geschieht. Die Hände halten mich immer noch fest, zwei andere Hände legen sich an meine Wangen, zwingen mich aufzusehen. Auf der Stelle presse ich meine Augen zu, ich will nichts mehr sehen. Nicht noch eine Leiche. Bitte, ich kann nicht mehr. „Sieh mich an.", flüstert eine Stimme. Keine Ahnung, wem sie gehört, ich kann mich nicht darauf konzentrieren. Mein Kopf platzt gleich, ich weiß es. Dann ist mir ja doch etwas passiert, fuck. „Bitte.", flüstert diese Stimme wieder. „Bitte, öffne deine Augen für mich." Ich weiß nicht wieso aber die Stimme beruhigt mich ein wenig. Ich öffne ganz langsam meine Augen und erkenne Trevor. Seine Hände liegen auf meinen Wangen, seine Stirn an meiner. Daneben steht Caden. Seine Hände ruhen an meiner Hüfte. Meine Atmung beruhigt sich für einen Moment von ganz alleine. „Euch darf nichts passieren, das kann ich nicht. Bitte.", wispere ich verzweifelt. „Uns wird nichts passieren Prinzessin und dir auch nicht, dafür sorge ich. Ich verspreche es dir." Sein Mund ist meinem ganz nah. Ich spüre seinen Atem auf meinen Lippen. Ich will ihn küssen. Ich will ihn schon küssen, seit ich ihn das erste Mal gesehen habe. „Alles ist gut, Liebling." Auch Dylan scheint nun hier zu sein. Er tritt neben Caden und sieht mich an. Unfreiwillig löse ich meinen Blick von Trevors Lippen und sehe zu ihm rüber. Er lächelt sanft, wie immer. Er ist schön. Wirklich schön. Mein Blick wandert an seinem Körper hinab und ich verfalle wieder in Panik, als ich die Blutflecken auf seinem Shirt erkenne. Das entstellte Gesicht der Frau schießt wieder in meinen Kopf und reißt mir gleichzeitig die Kraft aus den Beinen. Ich spüre, wie Caden mich auffängt, bevor ich auf dem Boden lande. Ich habe so schreckliche Angst. Ich will hier weg.
„Wir müssen hier weg, bitte!", wiederhole ich heulend. „Bitte, bitte, bitte. Ich hab Angst um euch, bitte. Ich will euch nicht verlieren, das ertrage ich nicht."
Irgendwer streicht mir über meine Haare, jemand anderes wischt mir die Tränen von der Wange. Als mich zwei weitere Hände plötzlich hoch heben, schreie ich auf. Nicht mal zwei Sekunden später werde ich auf dem Bett abgelegt. „Wieso macht denn niemand, dass es aufhört?" Ich glaube, das habe ich diesmal wirklich laut ausgesprochen.
„Ich tue jetzt etwas dagegen Maus, es tut nur ganz kurz weh, okay?"
Weh tun? Nein! Bitte. Nicht noch mehr Schmerzen. „Bitte tu mir nicht weh. Ich habe Angst."
„SchSch, alles gut. Gleich ist es vorbei. Schlaf gut, Prinzessin."
„Schlafen? Ich will nicht schlafen, wir müssen hier weg! Bitte, irgendwer muss das doch verstehen. Wie soll ich denn schlafen? Ich..." Weiter komme ich nicht. Meine Worte werden von einem schmerzhaften Piekser an meinem Hals unterbrochen.
„Tut mir leid, aber das musste sein." Ist das letzte was ich höre, bevor tiefe Dunkelheit mich einhüllt.

Our Girl - wir brauchen dichМесто, где живут истории. Откройте их для себя