Kapitel 34

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Madelyn

„Lass mich los!", fauche ich, als Cody mich am Handgelenk fasst und näher zu sich zieht. „Ich habe euch gesehen! Du hättest mir einfach sagen können, dass du eine Freundin hast, anstatt mich tagelang zu ignorieren!" Meine Faust trifft auf seine harte Brust, schlägt immer wieder darauf ein und er lässt es einfach zu. „Ich hätte das von allen erwartet aber nicht.von.dir.verdammt!" Mein Fauchen hat sich in ein hysterisches Schreien verwandelt, meine Fäuste trommeln immer noch auf seinem Oberkörper, als würde ich Schlagzeug spielen. „Weiß sie, dass du mich gefickt hast, hm?" Ich sehe ihm direkt in die Augen, er mir ebenfalls, doch ich kann nicht darin lesen. Ich weiß nicht, was er gerade von meinem Ausbruch hält und das, obwohl er immer der Einzige von ihnen war, den ich ohne Probleme einschätzen konnte. Tja, so schnell täuscht man sich eben. Mein Blick wandert von seinen Augen runter zu der Stelle, auf die ich immer noch ununterbrochen einhämmere und plötzlich ergibt alles Sinn. Die einzelnen Puzzlestücke setzen sich von alleine in meinem Kopf zusammen und fuck, ich will es nicht wahrhaben. Vor meinem geistigen Auge tauchen die Bilder von seinem Tattoo auf, welches ich entdeckt habe, als er bei mir geschlafen hat. Lucia. Hätte ich doch nur ein einziges Mal auf mein Bauchgefühl gehört. Ich reiße mich von ihm los, stampfe zur Tür und kämpfe gegen meine Tränen an, doch als ich ins Wohnzimmer schaue ist da niemand. Auch, als ich die Tür aufreiße und eintrete, mich mindestens zehnmal umsehe, bleibt der Raum leer. Abgesehen von Cody, der mir gefolgt ist. „War das Lucia? Deine Freundin? Du liebst sie so sehr, dass du dir ihren Namen tätowieren lässt aber gleichzeitig fickst du eine andere?" Meine Stimme wird immer schriller, hysterischer und ich muss mich beherrschen, nicht wieder auf ihn loszugehen. „Ach was, eine andere? Ich will gar nicht wissen, wie viele du noch fickst, wenn keiner hinsieht!" Plötzlich geht alles ganz schnell. Sein Arm schnellt vor, packt mich so fest am Oberarm, dass ich einen leisen Schmerzenslaut von mir gebe und zieht mich dicht vor sein Gesicht. „Keine Ahnung, was du da gesehen hast..." Seine Stimme hat einen warnenden Unterton und ich habe das Gefühl, ich kann sein Herz schlagen hören. „Aber nimm nie wieder ihren Namen in den Mund, hast du mich verstanden?" Bevor ich reagieren kann, stößt er mich mit Schwung von sich, sodass ich schmerzhaft auf meinem Hintern lande. „Ob.Du.Mich.Verstanden.Hast!" Ich habe ihn noch nie so erlebt, ich wusste nicht mal, dass er so werden kann. „J-Ja.." Meine Stimme ist nicht mehr als ein leises Krächzen, doch das braucht sie auch nicht. Er scheint mich verstanden zu haben, denn er nickt bloß. „Solltest du noch ein einziges Mal ihren Namen erwähnen, bin ich derjenige, der dir dein Leben zur Hölle macht, Madelyn und glaub mir, das willst du nicht." Bevor er weiterspricht zündet er sich eine Zigarette an und wirft mir die Schachtel hin. Ich schüttle den Kopf, sehe ihn einfach nur an. „Mal davon abgesehen, dass nie irgendeiner von uns jemals erwähnt hat, dass das zwischen uns exklusiv ist, bin ich übrigens der Einzige, der dir treu geblieben ist." Mit den Fingern formt er Anführungszeichen in der Luft, sein Blick klebt weiterhin an mir. „Aber ich...warte, was?" Meine Verwirrung scheint mir ins Gesicht geschrieben zu stehen, denn Cody schmunzelt, bevor er mir seine Hand entgegenstreckt um mir aufzuhelfen. Wir setzen uns zusammen auf eine Liege im Garten, blicken dem Sonnenuntergang entgegen und sagen eine Weile einfach gar nichts. Es ist wie in meiner Vorstellung, bloß dass noch drei Personen fehlen. Als ich an sie denke, krampft mein Magen wieder, Codys Worte von vorhin hallen nach. „Was meintest du vorhin?" Ich zögere kurz, noch ist es nicht zu spät für einen Rückzieher, denn ich weiß gar nicht, ob ich die Antwort überhaupt wirklich wissen will, doch mein Mund ist, wie immer, schneller als mein Gehirn. „Als du sagtest, du seist der Einzige, der mir treu geblieben ist." Wobei treu, ja offensichtlich die falsche Bezeichnung ist, wie ich jetzt weiß. Er zögert kurz, doch er scheint es ebenfalls für richtig zu empfinden, dass ich die Wahrheit kenne. „Weißt du noch, als du alleine mit Trevor hier warst, weil wir weg mussten? Ja, es war wirklich ein Arbeitsnotfall aber weißt du, was sie nach der Arbeit gemacht haben? Sie haben eine andere in irgendeinem Club gefickt. Trevor fickt ohnehin jeden Tag mindestens zwei verschiedene und ich bin der Einzige, der seit deiner Ankunft keine andere Frau auch nur angesehen hat." Bei seinem Geständnis beginnt mein Herz wieder zu flattern, gleichzeitig werden die Schmetterlinge jedoch von fiesen hässlichen Motten wieder gefressen. Diese Motten stellen dann wohl die Frauen da, mit denen die anderen drei noch so ihren Spaß hatten, während ich hier wie ein liebeskranker Dackel sitze und auf sie warte.
„Aber sie...gerade...ich hab doch..." „Das war meine Cousine. Sie besucht mich jedes Jahr an Lucias Geburtstag." Was? Unfreiwillig lege ich meinen Kopf schief und sehe ihn fragend an. „Lucia ist..." „Tot.", unterbricht er mich wieder. „Sie war meine kleine Schwester, mein Ein und Alles. Heute wäre sie zwölf geworden." „Es tut mir so leid.", flüstere ich mit Tränen in den Augen. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich nicht..." Cody hebt abwehrend seine Hand. „Ist schon gut. Du konntest es nicht wissen, mach dir keinen Kopf." Während er spricht findet meine Hand den Weg an seine, unsere Finger verankern sich miteinander und das erste Mal seit Tagen habe ich das Gefühl, wieder richtig atmen zu können. „Es ist sieben Jahre her. Meine ganze Familie war zuhause. Mom und Dad waren in der Küche, Lucia hat schon geschlafen und ich lag wach in meinem Bett. Irgendwann habe ich Schreie gehört, natürlich bin ich direkt rausgelaufen um nachzuschauen was los ist, doch da war es schon zu spät. Über all war Blut, meine Eltern lagen tot in der Küche. Als ich in Lucias Zimmer kam hatte ich noch so viele Hoffnungen, sie hat noch geatmet, ich wollte sie retten aber ich war zu spät. Sie hat geblutet, geschrien vor Schmerz und dann war sie einfach weg. Ich konnte nichts machen, um ihr zu helfen." Sein Blick ist starr auf den Sonnenuntergang vor uns gerichtet. Auf seiner Wange glänzt nur eine einzige Träne. „Meine kleine Prinzessin, einfach tot." Sein letzter Satz ist bloß noch ein Hauchen und doch verstehe ich es. Ich traue mich nicht, etwas zu sagen. Mein Kopf findet Platz auf seiner Schulter, sein Kopf auf meinem und so sitzen wir da,  bis er irgendwann aufsteht und geht. „Cody, warte. Ich..." Was will ich überhaupt sagen? „Ich dich auch, aber ich darf es nicht. Es geht einfach nicht, ich habe dich nicht freiwillig ignoriert, falls es das ist, was du dachtest."

Our Girl - wir brauchen dichWo Geschichten leben. Entdecke jetzt