Kapitel 29

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Mein Kopf pochte und mein gesamter Körper fühlte sich so schlapp an, dass ich mich fragte, wie ich überhaupt einigermaßen aufrecht sitzen konnte. Meine Augen fühlten sich schwer an, als ich versuchte sie zu öffnen und ich brauchte nur Ella zu sehen, die mit einem teuflischen Grinsen direkt vor mir stand, um mich daran zu erinnern, weshalb ich auf der Couch in ihrem Wohnzimmer saß, meine Hände hinter meinem Rücken mit einem Seil verknotet, ebenso wie meine Füße.

"Du bist wach. Hat aber auch lange genug gedauert", sagte sie, während sie ihre Arme vor der Brust verschränkte und mich von oben bis unten musterte.

"Ich könnte mich jetzt entschuldigen, da wären so einige Dinge. Zum Beispiel, dass ich dich bewusstlos geschlagen habe. Oder dass ich dich hier mehr oder weniger gefangen halte. Aber weißt du was? Es tut mir nicht leid", fing sie an zu sprechen. Ich versuchte währenddessen irgendwie nach meinem Handy zu greifen, welches sich in meiner Hosentasche befand.

"Mach dir nicht die Mühe, ich hab dein Handy; nicht zum ersten Mal übrigens."

"Du hast es geklaut", sprach ich meine Gedanken laut aus, woraufhin sie nur nickte und mein Handy aus ihrer eigenen Hosentasche herausholte. Sie hatte mein Handy geklaut, meiner Mom geschrieben und es anschließend wieder zurück in meinem Spind gelegt, denn die Kombination hatte sie gesehen und sich gemerkt.

"Ella, hör mir zu, das bist nicht du, okay? Das ist jemand in deinem Kopf. Du willst das nicht tun."

Dass mein Versuch, sie von alledem abzuhalten, was auch immer sie hier überhaupt vorhatte, gescheitert war, merkte ich spätestens dann, als Ella einfach lachte. Das war nicht Ella. Es war der Dämon, der sie kontrollierte und ich konnte nichts dagegen tun. Was auch immer sie, beziehungsweise der Dämon, der sie kontrollierte, vorhatte, ich konnte nichts dagegen unternehmen.

Aber trotz dessen, dass ich im Inneren gerade am Ausrasten war und am liebsten so laut wie möglich schreien würde, tat ich nichts von dem. Zum einen wollte ich keine Angst zeigen. Ich durfte das nicht. Das machte sie nur stärker. Angst und Wut, es war eine Art Lebensquelle für sie, so hatte es mir Nick erzählt. Und zum anderen wusste ich nicht, wozu dieser Dämon in ihr noch fähig war oder was er tun würde, wenn ich mich wehrte.

"Ich glaube, ganz tief in ihrem Inneren will sie genau das tun. Erwartest du, dass sie gerade dich verschont, nachdem sie ihre eigenen Eltern umgebracht hat?"

Es war beängstigend genug, dass es da irgendeinen Dämonen gab, der Ella kontrollierte und versuchte sich als sie auszugeben, aber jetzt, wo dieser Dämon tatsächlich mit mir sprach, nicht in Ellas Namen, fiel mir erst auf, in was für einer Gefahr ich mich befand und wie verdammt real das alles war. Egal, was ich jetzt sagen oder tun würde, es würde nichts bringen.

"Aber das wusstest du anscheinend schon, oder? Es schockiert dich ja nicht mal. Aber was könnte dich jetzt noch schockieren?", fragte sie, während sie sich direkt vor mich stellte und etwas nach unten beugte, sodass wir auf Augenhöhe waren. Ich sah nicht länger Ella vor mir. Zumindest nicht, wenn ich in ihre Augen sah. Sie waren schwarz. Komplett schwarz.

Keine Angst. Ich durfte auf keinen Fall Angst zeigen oder auch nur verspüren.

"Da hätten wir das Mädchen auf dem Winterball. Das war Ella. Ich meine, das war ich. Wir, Ella und ich, haben das getan", erzählte sie, ihre Hände nun links und rechts von mir auf der Couch abgestützt. Ich hatte Ella nie als Bedrohung angesehen, aber das hier, das war nicht Ella. Es war ihr Körper, der von einer dunkeln Gestalt gesteuert wurde. Und diese Gestalt, dieser Dämon, er war mehr als nur gefährlich.

"Oh, ich habe ganz den ersten Mord vergessen. Den ersten Mord in der Schule. Silvia, diese kleine Bitch. Du hättest diese Bitch schreien hören sollen."

Hunted | Dylan O'BrienWhere stories live. Discover now