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Ich bin angekommen !

Ich drücke auf 'Senden', stecke mein Handy zurück in die Tasche und stelle diese in meinen Spind. Dann wechsle ich meine Schuhe zu Reitstiefeln, stelle meine Converse neben die Tasche, werfe noch den Schal in den Spind, sperre ihn ab, stecke den kleinen Schlüssel in meine Jackentasche, deren Reißverschluss ich noch zuziehe und gehe dann zum Stall. Bei den Boxen angekommen steuere ich sofort auf meine Liebste zu, öffne die Box und gehe hinein. "Hey Lina." Murmle ich, während ich ihr einen kleinen Kuss auf die Blesse drücke. Die Stute schnaubt, was mich zum grinsen bringt. Ich nehme das Halfter vom Haken, lege es ihr an und führe Lina dann aus der Box auf den breiten Gang, wo ich sie an die Haltestange an ihrem Boxentor festbinde. Dann hole ich aus dem Regal mein Putzzeug und mache mich daran, meine Liebste zu striegeln.
Fertig aufgezäumt steht Lina jetzt angebunden am Hof des Reitstalls, während ich meinen Reithelm aufsetze und kurz Tony zuwinke. Er ist der Sohn der Besitzerin des Hofs und reitet gerade mit seinem Hengst Miko auf mich zu. Ich binde Lina los, steige mit meinem linken Fuß in den Steigbügel und schwinge mich in den Sattel. Dann treibe ich die Stute sachte an und bleibe neben Tony noch einmal mit ihr stehen. "Hey! Ich reite ein Stück aus. Du kommst gerade zurück oder?" "Hey, Mila. Ja, Miko und ich waren gerade eine ruhige Runde draußen. Reitest du die große Route?" "Ja, ich war die letzten beiden Tage schon nur die kurze Tour!" "Okay, viel Spaß wünsche ich euch! Aber hast du nachher vielleicht noch kurz Zeit für mich?" "Hm.. ja ich denke schon! Aber ich muss nachher auch noch ausmisten!" "Kein Problem, ich helfe dir einfach!" "Okay, super! Ich muss jetzt aber auch los, sonst wird es so spät! Bis später!" "Na klar!Bis später." Ich treibe Lina wieder an, lasse sie bis in das angrenzende Waldstück Schritt gehen, tätschle noch kurz ihren Hals und lasse sie dann antraben.

Im Galopp überquere ich gerade grinsend auf Linas Rücken die letzte Wiese. An deren Ende angekommen fasse ich die Zügel etwas fester und pariere Lina in den Trab, schon sind wir wieder in Waldstück angekommen und wenig später passieren wir den Hof. Beim Stall angekommen bringe ich Lina zum stehen, tätschle noch einmal liebevoll ihren Hals, platziere ein Küsschen zwischen ihren Ohren und schwinge mich dann aus dem Sattel, um auf den Boden zu springen. Ich sattle meine Stute ab, bringe alles weg und führe sie schließlich in den Gang, wo ich sie noch striegle. Damit fertig, fasse ich sie sanft am Halfter und bringe sie dann auf die Koppel, wo bereits Miko und zwei weitere Pferde stehen. Anschließend hole ich mir je eine der vielen Schubkarren, Mistgabeln und Spaten und mache mich damit auf den Weg in Linas Box, wo ich mit dem ausmisten beginne. Einige Zeit später kommt Tony ebenfalls bewaffnet zu mir und zu zweit haben wir die Box in Null Komma Nichts sauber. "Danke für's helfen! Was wolltest du jetzt eigentlich mit mir besprechen?" "Gerne! Ich wollte dich fragen, ob du Donnerstag um halb fünf eine Reitstunde für mich übernehmen könntest, weil Mum und ich zu einer Hochzeit fahren, aber Dad hat es nicht mehr geschafft, die Stunde abzusagen. Nina ist auch hier, aber sie muss Mums Aufgaben übernehmen.." Nina ist Tonys Cousine, die auch immer auf dem Hof hilft. Ich habe zwar donnerstags Nachmittag Unterricht, aber einmal kann ich ja wohl 'krank' sein. Also nicke ich und antworte dann lächelnd "Natürlich! Ich bin um vier Uhr hier, reicht das?" "Super, Danke! Ja das reicht locker, zur Not kann Nina ja auch ein kleines bisschen mithelfen!" "Kein Problem, mir macht das schließlich auch Spaß! Jetzt muss ich aber los, sonst wird es noch dunkel und mein Bruder flippt aus!" Lache ich. Er begleitet mich noch zum Spind, wo ich mich wieder umziehe, meine Tasche schultere, Tony kurz umarme zum Abschied und mich schließlich auf den Weg nach Hause mache. Lina kann ich immer bis spät abends auf der Koppel lassen, weil Tony wenn es ganz dunkel ist sowieso alle Pferde in die Boxen bringt, weil die meisten Pferde-Besitzer ja auch nicht jeden Tag hier sind. Inzwischen dämmert es, weshalb ich etwas schneller gehe. Dustin macht sich sicher schon wieder Sorgen. Nach etwa fünf Minuten höre ich, wie ein Wagen hinter mir herfährt. Zuerst mache ich mir keine weiteren Gedanken darüber, aber als er mich nicht überholt, obwohl ich ihn schon fast spüre, lege ich einen Zahn zu und drehe mich nervös um. Ein weißer R8, naja, wenn das mein Mörder wird, hat er wenigstens ziemlich genau den selben Geschmack wie ich, denn ich finde dieses Auto einfach traumhaft! Trotzdem jogge ich inzwischen, doch der Fremde bleibt mir auf den Fersen. Komisch, er fährt schließlich Auto. Plötzlich fährt er mit geöffnetem Fenster neben mich und ich erkenne den Fahrer, es ist Mr. Keeth. Wieso verfolgt dieser Typ mich? Ich bleibe stehen, was er mir gleich tut und sehe in verärgert an, doch mein Lehrer grinst nur. Er hat ein verdammt niedliches Grinsen - nein, er ist einfach mein Lehrer. "Hallo - Mila, richtig?" "Ja..?" "Soll ich dich nach hause bringen? Es ist schließlich schon spät." "Nein danke, ich schaffe das schon, ganz dunkel ist es ja noch nicht." "Komm schon Mila, ich bin dein Lehrer, was sollte ich denn mit dir anstellen?" "Es ist wirklich nicht weiter tragisch, ich gehe nur noch zwei Minuten." Lüge! Aber ich lasse mich sicher nicht von meinem Lehrer, den ich seit einem Tag kenne, nach Hause fahren. Obwohl.. - nein. "Jetz komm schon, steig endlich ein!" Die plötzliche Strenge in seinem Ton lässt mich zusammenzucken, das sympathische Grinsen ist verschwunden. Der Gedanke daran, dass ich es mir mit meinem Klassenleiter nicht verscherzen sollte, bringt mich schließlich dazu, zögerlich die Tür zu öffnen und auf dem Beifahrersitz Platz zu nehmen. Möglichst unauffällig streiche ich bedächtig über das Leder, lege dann den Gurt an und schließe die Tür. Das hier ist definitiv sehr unheimlich!
"Wo kommst du eigentlich her?" Bricht er die peinliche Stille. "Vom reit - von meinem Pferd." Ich will sicher nicht provozieren, dass er bei reiten wieder anders denkt. "Deshalb die Reitkleidung?" "Ja." Stets schaue ich geradeaus, um ihn nicht ansehen zu müssen. "Du bist nicht sehr gesprächig, was?" Man hört das Grinsen in seiner Stimme, doch ich werde nicht nachsehen, ob es sicher da ist. Zu spät, ja es ist da. Ich versuche, möglichst gleichgültig zu wirken und zucke die Schultern. Ein kleines Gluksen kommt aus seiner Kehle, weshalb ich meinem Blick aus dem Fenster wende.

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