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Alle Personen im Raum ziehen erschrocken die Luft ein, während meine vor Schock geweiteten Augen sofort zu Liam wandern. Es dauert einen kurzen Moment, bevor sich ein leichtes Lächeln auf seine Lippen legt. Erleichtert atme ich auf, ich weiß genau was er mir damit sagen will. Er kennt die Wahrheit, glaubt Marvin nicht, aber ist froh darüber, dass er uns hilft und gibt mir die Erlaubnis, meinem besten Freund zuzustimmen. Schnell sehe ich wieder nach vorne. Der Richter scheint zu überlegen, ob die Geschichte glaubhaft ist. Plötzlich richtet er seinen Blick auf mich. "Was sagen Sie zu der Geschichte?" fragt er skeptisch und zieht dabei eine Augenbraue hoch. Erst senke ich kurz meinen Blick, sammle meinen Mut und blicke ihm dann direkt in die Augen. "Ja. Ich wollte keinen Streit verursachen, deshalb habe ich nichts gesagt. Das Thema Geschlechtsverkehr war bei Liam und mir nur selten ein Thema, deshalb habe ich irgendwann gesagt ich wäre Jungfrau und danach war für Liam sowieso klar, dass ich das Tempo angebe. Ich wollte ihm nicht davon erzählen, ich meine, er hätte mich danach sicher abstoßend gefunden, und gedacht, dass ich mit jedem ins Bett steige. Ich wollte ihn nicht verlieren also habe ich lieber gelogen. Außerdem ist Marvin seit ich denken kann Dustins bester Freund, ich hätte alles nur ruiniert. Wir haben also den Pakt geschlossen, es niemandem zu erzählen." Dafür, dass ich mir die Lüge in nur fünf Sekunden zurechtgelegt habe, war der Monolog gerade wirklich glaubhaft. Wieder berät der Richter sich mit den anderen Personen vorne, bevor er Marvin bittet, bei mir Platz zu nehmen und unseren Direktor nach vorne bittet. Er erzählt, wie er uns in der Schule erwischt hat, lässt dabei kein Detail aus, weshalb ich hin und wieder meine Augen verdrehe. Auch die beiden Schüler, die an diesem Tag bei ihm waren, werden dazu befragt, bevor das Plenum sich schließlich zur Beratung zurückzieht.
Sofort als sie aus dem Raum sind beginnt das Getuschel und die zwei Polizisten stellen sich neben Liam. Ich lasse meinen Blick durch den Raum schweifen, bleibe bei meiner Mum hängen, die mich aufmunternd anlächelt. Dustin daneben sieht etwas verwirrt aus. Er scheint nicht zu wissen, ob er die Geschichte glauben soll, die Marvin und ich dem Richter aufgetischt haben. Besser er tut es nicht, ich will wirklich nicht der Auslöser für noch mehr Streit sein. Als mein Blick weiter schweift bleibt er an Rosie hängen, die ein stolzes Grinsen auf den Lippen trägt und im Moment kann ich nicht mehr tun, als sie dankbar an zu lächeln. Es könnte tatsächlich sein, dass meine beste Freundin Liam vor dem Schlimmsten bewahrt hat.
Am Ende bleibt mein Blick noch kurz an Marvin hängen, der betrübt auf den Boden sieht. "MarvyDarvy?" frage ich leise, vorsichtig, da ich ihn nicht erschrecken will. Ruckartig schnellt sein Kopf nach oben und sein fragender Blick heftet an mir. "Ich bin froh dass du da bist. Und bitte verstehe mich nicht falsch ! Ich bin froh dass du da bist, nicht wegen deiner Aussage, sondern weil du mir gefehlt hast." Mein Blick schweift zum Boden. Ich hatte das Gefühl, das klarstellen zu müssen. "Aber immer doch, Kleine." murmelt er plötzlich mit einem leichten Lächeln und zieht mich in seine Arme. Erleichtert erwidere ich die Umarmung, doch schon löst Marvin sich wieder von mir. "Meinst du, dass wir es schaffen dir ein paar Sekunden mit ihm zu verschaffen?" fragt er entschlossen, doch ich brauche einen Moment, bis ich begreife, was er meint. "Ich glaube nicht." Hole ich ihn nüchtern zurück auf den Boden der Tatsachen. Ich versuche schon die ganze Zeit, diesen Gedanken zu unterdrücken. Liam ist so nah bei mir, aber dennoch so unerreichbar. “Na das werden wir noch sehen.“ reißt Marvin mich aus meinen Gedanken und marschiert zielstrebig auf die beiden Polizisten zu. Ich sehe zu wie sie sich unterhalten, stets ein Lächeln auf den Lippen. Es wirkt als würde Marv den jüngeren Polizisten kennen, denn sie unterhalten sich angeregt, schlagen sich hin und wieder spielerisch gegen die Schulter. Verwirrt runzle ich meine Stirn, ich habe den Mann noch nie gesehen, woher kennt mein bester Freund ihn? Grübelnd sehe ich zu Boden. Eigentlich ist es egal, denn ich darf sicher nicht mit Liam reden, egal was Marvin versucht. Seufzend rutsche ich in meinem Sitz etwas tiefer, schließe meine Augen und verschränke meine Arme. Wieso musste das alles nur so weit kommen? Womit habe ich das hier bloß verdient? Und wie wird der Richter entscheiden? Glaubt er Marvins Geschichte, oder denkt er weiterhin, dass ich Sex mit Liam hatte? “Mila?“ reißt mich plötzlich eine mir sehr bekannte Stimme aus meinen Gedanken. Fragend sehe ich Marvin an, der mir aber nur seine Hand hin hält und mich auf meine Beide zieht. Dann geht er schnellen Schrittes wieder auf die Polizisten zu, schleift mich dabei hinter sich her. Was hat er senn jetzt vor? Der jüngere Polizist nickt Marvin lediglich zu, der andere sieht etwas skeptisch aus, als wir an ihnen vorbeigehen. Verwirrt runzle ich meine Stirn. “Was ist hier los?“ frage ich Marv und bleibe abrupt stehen. “Du hast fünf Minuten.“ meint er aber nur lächelnd, bevor er sich wieder zu den Uniformierten stellt. Ich brauche kurz, bis ich verstehe, was er mir eben mitgeteilt hat. Dann laufe ich so schnell ich kann zu Liam und nehme ihn in den Arm. “Ich habe dich so vermisst, Baby.“ nuschelt er in meine Haare. “Ich dich auch.“ antworte ich ehrlich, bevor ich mich von ihm löse und mich auf den Tisch vor ihm setze. “Wie geht es dir?“ frage ich, als Liam meine Hand mit seiner umschließt. “Beschissen.“ grummelt mein Freund. “Sie geben mir kein richtiges Essen, halten mich in dieser verdammten Zelle fest, als wäre ich ein Verbrecher und behandeln mich auch so. Ich habe mich doch einfach nur verliebt, kann keiner dieser Idioten das verstehen?“ zischt er und drückt meine Hand dabei fest. “Tut mir leid, dass du wegen mir so etwas durchmachen musst.“ entschuldige ich mich und sehe zu Boden. Der Gedanke, dass ich an dem ganzen Schlamassel schuld bin, schwirrt mir schon eine ganze Weile durch den Kopf. “Baby. So etwas will ich nie wieder aus deinem Mund hören! Ich liebe dich und du hast nichts falsch gemacht. Als ich mich für die Beziehung mit dir entschieden habe wusste ich, dass sie Risiken beinhaltet, aber jede Sekunde mit dir war das hier wert.“ meint Liam ehrlich, hält mein Kinn sanft fest, sodass er mir tief in die Augen sehen kann. Ich nicke lediglich, nicht in der Lage, etwas zu antworten. Liam nimmt meine zweite Hand, verschränkt unsere Finger und lächelt mich an. “Ich liebe dich. Egal was hier noch passiert.“ sagt er lächelnd, bevor ich plötzlich eine andere Stimme wahrnehme. “Die Zeit ist um.“ Der ältere Polizist steht hinter mir und deutet mir an, dass ich mich wieder auf meinen Platz setzen soll. “Ich liebe dich auch.“ murmle ich, bevor ich Liam noch einmal umarme und mich dann neben Marvin auf meinen Platz setze. “Danke.“ mehr bringe ich gerade nicht über die Lippen, aber Marvins Lächeln zeigt mir, dass er weiß, wie viel mir seine Hilfe bedeutet.

TeacherWhere stories live. Discover now