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Yoongi:

Ich stand im Badezimmer und schaute auf die Rasierklinge in meiner Hand.
Zu den anderen Membern hatte ich gesagt, ich würde duschen gehen.

Was zum Teil ja auch stimmte. Bloß dass ich nicht nur duschte.

Zuerst hatten sie sich gewundert, warum ich immer so lange dusche, weil Männer eigentlich nie länger als paar Minuten bräuchten. Nicht so wie Frauen.

"Naja, ich mag es halt, das warme Wasser lange zu genießen.", meinte ich und lächelte dabei.

"Na gut, wenn du meinst, dann dusch aber bitte immer als letzter
[nach dem Tanztraining], wir haben nur zwei duschen. Die anderen brauchen nicht so lange.", zwinkerte mir Tae zu.

Eigentlich ist alles besser geworden, seit ich ein Mitglied von BTS geworden bin. Die Jungs sind mir echt ans Herz gewachsen.

Ich wollte auch ihnen zuliebe aufhören,  auch wenn sie davon keine Ahnung haben, dass ich es mache.

Aber es klappt nicht. Warum bin ich nur so scheiße und mache diesen Mist? Warum hasse ich mich immernoch?

Ich habe das jahrelang gemacht, ohne dass es mich gestört hatte.
Jetzt habe ich einen Grund damit aufzuhören und kann nicht.

Ich bin süchtig danach.
Mit dem Schneiden spüre ich, dass ich mein Leben unter Kontrolle habe. Und wie kann ich sonst meinen Hass auf mich verringern, wenn nicht so?

Und wieder machte ich eine schnelle Bewegung über meinen linken Rippenbogen. Noch mehr Blut tropfte meine Seite herunter auf den Boden der Dusche.
Noch ein weiterer Schnitt.
Ich spürte gar keinen Schmerz mehr.

Nur Hass, weil ich damit nicht aufhören kann. Aber auch nur so kann ich meinen Hass auf mich rauslassen. Arggg... es ist ein Teufelskreis.

Mein Alltag:

Aus Gewohnheit gehe ich ins Bad zum Ritzen,
dann kommen die Gedanken, dass ich aufhören wollte und schon wieder versagt habe,
Und dann schneide ich mich weiter, um mich zu bestrafen, weil ich mich deswegen noch mehr hasse und noch dazu eine scheiß Person bin...
Es geht immer so weiter.
Sogar wenn ich nur den Drang habe mich zu ritzen und ich es trotzdem nicht mehr machen will, mache ich es.
Als Bestrafung weil ich den Drang dazu hatte.

Ohje das klingt so verwirrend. Ist auch nicht mal logisch.
Aber so ticke ich.

Die Schnitte sind tiefer geworden.
Und ich muss jedesmal aufpassen, dass sie nicht beim Tanzen aufreißen und wieder anfangen zu bluten.
Dann wäre ich aufgeschmissen.
Mittlerweile muss ich mir jeden Tag einen neuen Verband darauf tun, der natürlich auch nicht zu dick sein darf, sodass man ihn durch die Kleidung hindurch sehen könnte.

Ich hoffe nur, dass mein Verbandsvorrat unter meinem Bett auch unentdeckt bleibt.
Im Schrank kann ich den leider nicht verstecken, sooft wie Jimin da reinschaut, um sich an meinen Klamotten zu bedienen.
Er lieeebt meine Hoodies.

Ich habe nur verdammte Angst vor dem Sommer.
In Seoul kann es echt warm werden, sodass man nur noch mit luftigen und leichten Shirts tanzen und rumgehen kann.
Der Nachteil bei denen ist, dass sie sehr schnell hochrutschen bei den vielen unterschiedlichen Tanzbewegungen.
Und der Verband darunterwäre auch leichter zu erkennen.
Bei den Pullis ist das zum Glück nicht der Fall.

Das Leben war viel einfacher, als ich noch allein gelebt habe.

Und noch ein weiterer Schnitt.
Und wieder einer.

Kaum zu glauben, dass ich es bis jetzt verstecken konnte.
Ich meine, ich bin schon ein halbes Jahr Trainee hier.

Ich stieg aus der Dusche, trocknete mich ab und wickelte mir einen Verband um meinen Oberkörper.
Genau zur rechten Zeit, denn wir wurden von unserem Leader ins Wohnzimmer gerufen.

Namjoon:

"Bald werden wir unser Debut haben, freut ihr euch schon Jungs?"

"Was denkst du denn Namjoonie? Natürlich!"
Hobi sah mich spielend geschockt an und warf mir ein Kissen von der Couch zu.

"Und warum mussten wir uns jetzt  extra im Wohnzimmer versammeln?",
jammerte Taehyung.

"Weiiil..."

"Rück schon raus mit der Sprache!"
"Komm schon, nur weil du der Leader bist, musst du uns nicht so lange auf die Folter spannen!"

"Hey beruhigt euch Jungs, ihr habt mich ja nicht mal ausreden lassen."
Während ich das sagte, warf ich das Kissen wieder Hobi zu.

Dennoch konnte ich es mir nicht nehmen, den Jungs allen in die Augen zu blicken bevor ich fortfuhr.

Zu goldig, wie gespannt die alle mich anschauen.
Kookie und Jimin können ja schon gar nicht mehr still sitzen..
Das sind meine Kinder.

"Okeee, da wir so hart gearbeitet haben und wir demnächst unser Debut haben werden,
meinte der Boss, dass wir uns morgen einen freien Tag genehmigen dürfen.
Wir werden schwimmen gehen.", verkündete ich mit voller Stolz.

Erstmals Stille.
Doch dann begannen die meisten vor Freude loszugrölen.
Alle bis auf Suga.

Ich liebe seinen Stagenamen.
Der verdeutlicht, wie süß er doch ist. Auch wenn er eigentlich für seine helle Haut steht. So blass wie Zucker.
Aber warum freut er sich nicht?

Dies ist anscheinend den anderen auch aufgefallen, da Jin fragte:
"Hey was ist los mit dir Yoongi? Freust du dich denn nicht?"

Jetzt wanderten alle Augen auf ihn.

Yoongi:

Alle schauten mich plötzlich an.
Mist, was sage ich denn jetzt?
War das so offensichtlich, dass ich mich nicht gefreut habe?
Warum denn auch ausgerechnet schwimmen?!

"Äh, doch."
"Wo ist dann noch das Problem? ", lächelte mich Kookie an.

Komm schon Yoongi, lass dir jetzt eine gute Notlüge einfallen.
Du kannst ihnen nämlich auf gar keinen Fall sagen, dass du dich wegen deinem Körper schämst, weil der von so vielen Narben und Schnitten geziert ist.

Ich atmete tief durch.

"Ich mag nicht so gerne schwimmen.
Ein Freund hat mich mal zu lange unter Wasser gedrückt. Seitdem habe ich Angst davor. "
Hoffentlich war das glaubwürdig genug.

"Achso, das ist doch kein Problem. Dann kommst du einfach so mit und schaust uns zu."

Oh nein, ich will aber überhaupt nicht mit.
Was ist, wenn sie erwarten, dass ich mich bis auf die Badehose ausziehen muss?

"Na gut, aber nur wenn ihr mich nicht ins Wasser zwingt.", nickte ich unsicher.
"Machen wir nicht.", meinte Hobi und klopfte mir beruhigend auf meine Schulter.

Jetzt begannen auch die Jungs wieder miteinander rumzualbern und von morgen zu schwärmen.
Doch einer schaute mich noch besorgt an.

Namjoon.

Bevor er irgendwas noch zu mir sagen konnte, machte ich mich auf den Weg in mein Zimmer und lehnte mich gegen die Tür.
Ich begann zu weinen.

Young Forever | SugaWhere stories live. Discover now