Prolog

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Zwei Jahre zuvor:

'Da haben wir den Salat.', dachte ich und schaute auf die Regale vor mir. Es war kein Gemüse mehr da. Das komplette Regal war leer geräumt. Es gab nicht mal mehr ein Salatblatt.

Ich sah auf meine Uhr: 17:36 Uhr. Er wird bald zu hause sein. Gestresst sah ich mich nach einem Mitarbeiter von dem Supermarkt um. Weit und breit war keiner zu sehen. Niemand war im Gang außer meiner Wenigkeit und einer älteren Dame die Möhrenkraut von den Möhren entfernte. 'Wahrscheinlich für ihre Kaninchen', überlegte ich mir und wollte mich schon wieder umdrehen, als die Frau sich ein kleines Bündel von dem Kraut in den Mund steckte. Ein wenig verwirrt schüttelte ich den Kopf und drehte mich um.

'Was es nicht alles für Leute gibt.' Ich hielt auf die Eier zu. Eine Packung mit sechs Eiern lag noch da. Bevor die auch noch weg sind, packe ich sie lieber in mein Körbchen. Durch eine Invasion von, entweder Gemüseliebhaber oder Vegetarier, war mein Plan für das Abendbrot zu Nichte gemacht und ich musste umdisponieren. Jetzt nur noch eine Milch und dann zur Kasse.

Das Supermarkt-Radio spielt gerade irgendeins dieser neuen Lieder was in den Charts wohl gut ankommt. Seid ich hier drin bin, habe ich das schon dreimal gehört. Echt nervig. Bei der Milch angekommen, packte ich noch ein Päckchen von der Erdbeermilch ein. 'Er liebt sie. Und so kann er sich auf den Tag morgen freuen.', überlege ich mit einen Lächeln auf den Lippen.

Da ich jetzt alles hatte, arbeitete ich mich nach vorne zu den Kassen. Auf den Boden lagen überall Kartons. Mein Ziel war erreicht: Ich stand vor einer vollen Kasse. Vor mir die ältere Dame aus der Gemüseabteilung und vor ihr ein kleiner Junge. Der Junge hatte die Hände voller Süßigkeiten und war so klein, das er seine Ware nicht auf das Kassenband legen konnte. Der Kassierer, ein älterer Mann, kam um die Kasse herum und legte die Sachen von den Jungen auf das Band.

Die Dame vor mir, ich schwöre ihr hing ein Blatt aus dem Mund, schaute sich die Zigaretten an. In ihr schien ein Kampf zu sein, denn ihre Stirn hatte zwei Falten mehr und der Mund war zusammengepresst.

Der kleine Junge war inzwischen fertig, er musste die Süßigkeiten zurückbringen weil er zu wenig Geld hatte, und ich legte meine Sachen auf das Band. Die Dame vor mir hat ihrem inneren Schweinehund doch nachgegeben und eine grüne Pall Mall zu ihren Waren gelegt.

Als ich dachte jetzt würde es schneller voran gehen, hörte der Kassierer auf, die Waren über den Scanner zu ziehen und verwickelte die Dame in ein Gespräch.

'Na Klasse. Jetzt flirten sogar schon ältere Leute vor meinen Augen. Naja ich gönne es ihnen ja. Aber irgendwie nervt es mich. Wieso können sogar ältere Leute miteinander flirten und ich nicht? Ich bekomme nichtmal ein Wort bei meinem Professor raus, wenn er etwas fragt. Und nein ich bin nicht dumm. Ich kenne die Antworten. Nein ich bin auch kein Streber. Nur...schüchtern? Na super. Jetzt spreche ich schon wieder selber mit mir in meinen Gedanken.'

Seufzend beendete ich meinen mit mir selber geführten Monolog und sah wieder auf den Kassierer, welcher mich inzwischen wartend ansah. Na toll ich war dran.

"Hallo.", begrüßte ich den Kassierer. Er zog einfach weiter die Ware über den Scanner. 'Na toll. Mit der alten Frau, der ein Möhrenkrautblatt aus dem Mund hängt kann er reden und mir kann er nichtmal 'Guten Tag' sagen? Wie unhöflich.'

Nachdem der Mann fertig war, mir den Preis nannte und ich bezahle, ging ich aus den Laden. Wieder an der frischen Luft, suchte ich nach meinen Kopfhörern, stecke sie mir in die Ohren und mache Musik an. "Waterloo" von Abba. 'Na endlich Musik mit der ich was anfangen kann.' Zufällig sah auf meine Handyuhr. Ohje. Inzwischen war es 17:51 Uhr. Jetzt musste ich mich aber wirklich beeilen.

Inzwischen lief "Gimme! Gimme! Gimme!" von Abba und ich stöhnte. Bei dem Lied bin ich bei der Hochzeit meiner Kusine gestolpert und auf ihren Schleier gefallen. Sie war richtig sauer. Man sollte vielleicht hierbei erwähnen das ich mir vor dem Stolpern ein Glas Rotwein geholt habe...

Nach zwei weiteren Liedern von Abba hatte ich unseren Wohnblock erreicht und renne in den fünften Stock hoch. Schon von unten hört man Schreie.

'Hoffentlich sind das die neuen Nachbarn.', denke ich und bin nun auf unserer Etage atemlos angekommen. Die Türe geöffnet sehe ich das, was ich befürchtet habe.

Geschockt nehme ich meine Kopfhörer ab und sehe auf die Scherben im Flur. Überall liegen kaputte Glasflaschen und Tellerscherben. Mein kleiner Bruder steht mittendrin und weint. In der Hand hat er eine der Scherben. Im Hintergrund höre ich meine Mutter schluchzen und meinen Stiefvater Gerd brüllen.

"Leg das Messer weg. Bitte... Ich bitte dich", höre ich die erschrockene Stimme meiner Mutter. "Er kann doch nix dafür. Er ist noch so klein." Als nächstes ein männlicher Wutschrei: "Klein???? Er ist ein Jahr alt. Da kann er doch nicht so nutzlos sein! DU bist seine Mutter also mach was sonst setzt es was."

Ich hatte genug gehört. Instinktiv gehe ich zu meinen Bruder, nehme ihm vorsichtig die Scherbe aus der Hand und hebe ihn in sein Kinderbett. Als nächstes gehe ich in die Küche wo ich ein Bild sehe was mich nie wieder loslassen wird: meine Mutter liegt halb auf den Boden und hat überall auf den Körper Schnittwunden und blaue Flecken. Ihr Gesicht ist geschwollen und sie weint. Über ihr steht mein Stiefvater mit einem Küchenmesser in der Hand.

"Besser du erziehst ihn oder er landet im Heim.", sagt er und setzt zum nächsten Schlag an. Das reichte für mich völlig. Ich nehme eine der Bratpfannen die auf den Boden liegen und schlage sie Gerd über den Kopf. "Niemand nimmt mir meinen Bruder weg.", schreie ich Gerd an und sehe zu wie er zu Boden fällt. Danach renne ich zu meiner Mum, gehe mit ihr in das Zimmer von mir und meinem Bruder Jason, laufe zurück zur Küche und schließe diese zu. Danach laufe ich zurück in das Zimmer von mir und sehe meine Mutter an.

"Mum es reicht. Wir müssen hier weg.", sage ich und knie mich zu ihr nieder. "Ich habe inzwischen genug Geld gespart. Es reicht für einen Neuanfang." Meine Mutter sieht in meine Augen und nickt: "Du hast Recht. Aber Gerd wird uns finden. Wir sind nicht sicher." Ich stehe auf und nehme meinen Bruder auf den Arm, lächle ihn an um ihn zu zeigen das alles ok ist.

"Da hast du Recht. Aber wir müssen es riskieren. Ich hab uns ein Tasche gepackt falls es mal so weit sein sollte. Ich will hier weg.", sage ich und sehe sie flehend an.

Meine Mum nickt, steht auf und verschwindet in ein Zimmer. Ich versorge gerade die Schnitte von meinen Bruder als meine Mutter wieder reinkommt und mir zunickt. Sie hat in beiden Händen Taschen und den Autoschlüssel von Gerd. Als nächstes gehen wir aus der Tür. Vorher habe ich noch bei den Sicherungskasten alles abgestellt und den Schlüssel von er Küche in das entfernteste Zimmer gelegt. 'Soll er doch verrecken.', denke ich und schließe die Tür zu unserer Wohnung.

Unten im Auto angekommen, setzte ich mich zu Jason. Mein kleiner Bruder schläft sofort in meinen Armen ein. 'Der jahrelange Albtraum ist vorbei', denke ich und habe dabei ein komisches Gefühl im Bauch. Das war erst der Anfang. Nicht das Ende.


So damit ist das "Erste" Kapitel geschrieben. Ich würde mich sehr über Rückmeldungen freuen.

Die Lieder die ich erwähnt habe sind alle von Abba.

Eure Steph

A New Future ~ Plötzlich AlphaWhere stories live. Discover now