Kapitel 8

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Ein Traum. Das war alles nur ein Albtraum. In Wirklichkeit ist heute der erste Tag des neuen Semesters und ich habe meinen Großvater auch seit zwei Jahren nicht gesehen.

Wie ein Mantra wiederhole ich diese Sätze, seit ich aufgewacht bin. Also seit genau zwei Minuten. Seit diesen zwei Minuten frage ich mich auch, wie ich in dieses Himmelbett gekommen bin, noch dazu mit roten Rüschen. Ein Himmelbett mit Rüschen. In diesem riesigen Bett können ja fünf Männer schlafen.

Eigentlich müsste ich, soweit mein Gehirn um diese Uhrzeit richtig funktioniert, immer noch das gleiche Bett wie vor zwei Jahren haben. Ein braunes, stinknormales Bett mit überfüllten Schubkästen darunter.

Kann sich ein Bett über Nacht verändern?

Schon mal daran gedacht, dass nicht dein Bett sich verändert hat, sondern dein Zimmer?

Hmm, das kann natürlich auch sein.

Mein Gehirn ist anscheinend noch nicht wach. Ich strecke meine Arme und setze mich dabei in dieses Ungetüm von Bett. Dabei fällt mir auf, dass ich nicht meine Kuschelsocken an habe und ich stecke auch nicht in meinem Pferdepyjama. Nein, stattdessen habe ich ein Kleidchen an. Ein pinkes Kleidchen wohlgemerkt. Mit Rüschen.

Angewidert, von der Zusammenstellung meiner schlimmsten Albträume, auch genannt Rüschen, Kleider und die Farbe Pink, springe ich aus dem Bett und falle erstmal auf die Nase. Meine Füße haben sich mit einer roten Bettdecke verhakt. Statt auf meinen kalten, laminierten Boden zu fallen, wie ich es erwartet habe, landet mein Oberkörper auf einen weichen Teppich.

Okay. Es ist amtlich. Das ist nicht mein Boden und nicht mein Bett.

Mit dem Oberkörper aus dem Bett hängend, schwinge ich den Rest meines Körpers auf den Boden und stehe schwungvoll auf. Was um diese Uhrzeit eigentlich Applaus verdient hätte. Endlich in der Senkrechten kann ich mir mein Zimmer genau begutachten und muss erschreckend feststellen, dass es nicht meins ist.

Dieses Zimmer ist viel größer als meins und hat deutlich mehr Bücherregale und größere Fenster. Aus einem der Fenster kann man direkt in einen Park sehen. Vor dem Fenster ist eine Sitzbank mit vielen Kissen. In dem Zimmer steht, gegenüber von dem Bett, ein breites, schwarzes Sideboard. Auf dem steht ein protziger Flachbildfernseher. 70 Zoll hat der bestimmt. In dem Sideboard stehen Receiver, Blu-Ray-Player und eine Soundanlage.

Himmel, da hat sich ja der Nebenjob im Elektroladen gelohnt.

Schau dich lieber weiter um, anstatt für Technik zu schwärmen.

Jawohl Chef.

Im Zimmer entdecke ich noch drei andere Türen. Neugierig gehe ich auf die erste zu, die links neben dem Sideboard steht. Ohne zu quietschen öffnet sie sich und gibt den Blick auf ein riesiges Bad frei. Es ist sehr hübsch und hat zwei Fenster, welches Licht und Wärme das Bad heller erscheinen lässt.

An einem Fenster steht eine große Badewanne. Sie fleht einen praktisch an, Wasser einzulassen und sich reinzulegen. Um nicht ihrer Bitte nachzukommen, schaue ich auf die andere Seite des Bades. Dort steht eine Toilette und ein großes Waschbecken. Ein Spiegel mit goldenem Rand geht die komplette Wand lang.

Protzig. Wie das Bett.

Schau auch in das andere Zimmer.

Bist du etwa neugierig? Das ist ja mal was ganz neues, Yuki. Na super, ich rede schon wieder mit dir.

Klar redest du mit mir. Immerhin bin ich in dir. Sag mir nicht dass wir das ganze Theater von gestern nochmal durchmachen.

Also war gestern doch echt? Und nicht nur ein Traum? Mist.

Ja, gestern war echt. Du hast deinen Großvater wieder gesehen, erfahren das du aus einer Familie von Werwölfen kommst und dass du der nächste Alpha wirst. Also eigentlich wir. Könntest du jetzt also bitte auch noch in dem anderen Zimmer nach schauen.

Ein Kichern kommt von Yuki. Ungewollt kichere ich mit, drehe mich um und gehe aus dem Zimmer. Nachdem vor mir wieder ein protziges Bett steht und ich an dem ebenso protzigen Sideboard vorbeigehen muss, öffne ich die andere Tür.

Der nächste Schock.

Wow. Also hier hat sich wirklich jemand Mühe gegeben.

Yuki ich will hier weg.

Hinter der Tür befindet sich etwas, was man in jedem protzigen Zimmer findet, ein begehbarer Kleiderschrank. Auf beiden Seiten neben der Tür, befinden sich gefüllte Kleiderstangen mit verschiedenen Kleidern. Ich kann mich denen gar nicht weiter widmen, weil es überall eklig glitzert und funkelt. Weiter hinten kommen Schubfächer die gefüllt sind mit Pullover, T-Shirts, Hosen, Socken und Unterwäsche. Ganz hinten steht ein großer Spiegel, schräg vor drei Fenstern, welche auch hier wieder den Raum erhellen.

Yuki? Ich glaube wir wurden entführt.

Ach ja? Wie bist du Intelligenzbestie jetzt darauf gekommen?

Also erstens, bitte keine Beleidigungen über meine Schlussfolgerungen, wenn ich noch keinen Koffein zu mir genommen habe. Und zweitens, wir sind in einem fremden Zimmer und in einem Fremden Haus. Sind wir überhaupt noch in unserer Stadt?

Bevor Yuki auch nur ein Wort sagen kann, schreie ich kurz laut auf. Vor dem Spiegel steht eine Frau mit einem Vogelnest in den Haaren und dem hässlichsten Nachthemd, dass ich je gesehen habe. Es ist ja nicht mal ein Nachthemd. Es gleicht einem Stück Stofffetzen. Einem pinken Stofffetzen mit pinken Rüschen.

Yuki? Bin ich das?

Ja Schätzchen, diese Schönheit bist du.

Leise fluchend renne ich aus dem Zimmer zurück ins Bad und suche eine Bürste. Lange muss ich gar nicht erst suchen. Direkt auf dem Waschbecken liegt eine Bürste, zusammen mit einem Becher, eine noch verpackten Zahnbürste und eine Tube Zahncreme.

Wer auch immer mich in dieses Zimmer gebracht und mir dieses hässliche Teil angezogen hat, wobei ich hoffe das es kein Mann war, hat offensichtlich mitgedacht.

Mit einem seufzen gehe ich mir mit der Bürste durch die Haare.

Eigentlich würde ich lieber duschen und mir dabei meine Haare waschen, aber da ich nicht weiß, in welchem Haus und bei wem ich mich befinde, muss das erstmal ausbleiben.

Nachdem ich das Vogelnest entwirrt habe, lege ich die Bürste wieder auf das Waschbecken und nehme die noch verpackte Zahnbürste in die Hand.

Vielleicht wäre es besser wenn ich mir etwas zum anziehen nehme. Ich möchte nicht in diesem Aufzug gesehen werden. Am Ende denken noch welche, dass wäre eine Anmache.

Das denke ich auch. Wobei die Gesichter bestimmt lustig wären.

Glaube ich auch.

Nach meinem Kampf mit der verpackten Zahnbürste, habe ich sie endlich in der Hand und putze mir die Zähne. Ich denke zurück an meinem Abend gestern. Meine Mom macht sich bestimmt Gedanken wo ich bin. Hoffentlich hat sie Jason abgeholt. Aber das Jason auch ein Werwolf sein soll, dass ist hoffentlich ein schlechter Scherz. Wenn ja, dann muss er sofort aus dem Kindergarten, nicht dass dort irgendwann mal etwas passiert und sie uns Jason wegnehmen. Ein Alpha möchte ich eigentlich auch nicht werden. Ich weiß gar nichts davon. Ich weiß nicht einmal ob wir die einzigen Werwölfe sind, oder ob es noch mehr gibt. Ohje, ich muss endlich jemanden finden, der mir meine Fragen beantwortet.

Fertig mit putzen, wasche ich mir nochmal den Mund und die Hände, als mir etwas zum Thema Werwölfe einfällt.

Ich will gerade Yuki darauf ansprechen, als es an der Tür klopft. Mit einem Handtuch in der Hand, mit dem ich mir gerade die Hände abtrockne, gehe ich zur Tür und öffne sie einen Spalt.

„Ja?", frage ich ohne aufzublicken.

„Miss Sophie? Mein Name ist Akito. Ich wurde von ihrem Großvater beauftragt, Sie ab heute zu begleiten."

Ach Mist. Das hab ich ja total vergessen.

Der Stalker.

A New Future ~ Plötzlich AlphaWhere stories live. Discover now