Kapitel 1 - New Friends

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'Fear makes strangers of people who would be friends.'
-Shirley McLaine

Unschlüssig stand der blonde Junge vor der roten Tür. Sie war rot, wie alle Türen hier rot waren. Seltsam, wie er fand, doch er hatte nicht die Kraft, sich um solche Dinge zu kümmern. Viel mehr zerfraß ihn die panische Angst vor dem, was ihn hinter der Tür erwartete. Denn er wusste, was kommen würde. Er wusste es genau. Er hatte es schon so oft durchgemacht. Und es war immer dasselbe. 

Seine Hand zitterte, als er sie hob, um leise, so leise wie nur irgend möglich, anzuklopfen. Er machte es immer so. Und auch wenn es sich selbst widersprach, da man ja eigentlich durch das Klopfen auf sich aufmerksam machen wollte, und die einzige Interesse des Blonden war, dass niemand es hören würde, beachtete niemand je seine stillen Gebete. Immer wurde es wahrgenommen. Immer wurde er gehört. Immer hineingebeten. Warum sollte es heute anders sein? 

Es war nicht anders. Er vernahm das altbekannte, kühle "Herein." und hob erneut zitternd die Hand. Drückte mit weichen Knien die Klinke der Tür hinunter und öffnete sie langsam. 

Dahinter wartete das pure Grauen. 

Ein Raum voller Menschen. Die alle zu ihm sahen. Ausnahmslos. Alle. 

Das typisch aufgesetzt und übertrieben freundliche Lächeln der Lehrerin empfing ihn und nebenbei auch die kalten, teils interessierten teils teilnahmslosen Blicke von etwa zwanzig Jugendlichen, die sich nicht die geringste Mühe machten, irgendetwas vorzutäuschen. Der Blonde hasste sowohl das eine sowie das andere und konnte nicht verhindern, dass sein Körper sofort leicht zusammenschrumpfte. 

"Da ist ja schon unser Neuankömmling.", lächelte die Professorin. Augenblicklich wurde dem Blonden schlecht bei der Vorstellung, dass sie bereits über ihn geredet und ihn angekündigt hatte. Sie hätte schlechte Dinge erzählen können. Über seine Vergangenheit. Vermutlich wussten sie es alle hier. Oder aber sie konnte eine von denen sein, die meinten, ihm helfen zu müssen, indem sie der Klasse auftrugen, ihn freundlich in Empfang zu nehmen. Und das war beinahe noch schlimmer. Denn erstens wollte er nicht bemitleidet werden, und zweitens passierte nach solchen Reden meist das genaue Gegenteil. Die anderen lachten über einen, hatten sofort den Eindruck, man wäre ein Feigling, sich in den Schutz des Lehrpersonals zu stellen. Und im Grunde war er das ja auch. Er war ein Feigling. 

"Kommen sie doch her und stellen sich vor." 

Wieder ein Trick. Nein, eigentlich ein Anzeichen auf angebotene Hilfe die aber nicht im geringsten half. Er wurde immer so behandelt. Als wäre er noch in der Grundschule. Stellen sie sich doch selber vor, das stärkt ihr Selbstbewusstsein. Von wegen. Es machte alles schlimmer.

 Setzen sie sich doch neben Misses X, vielleicht werdet ihr Freunde. 

Als ob. Es endete immer in peinlichem Schweigen und aufgezwungener Höflichkeit. Nichts, was man mit Freundschaft vergleichen könnte. 

Mister Y, könnten sie unserem Neuen hier vielleicht die Schule zeigen, sie kennen sich hier doch besser aus. 

Wer's glaubt. Meist ging der Blonde zwei Schritte mit seinen vermeintlichen Begleitungen und sobald sie außer Sichtweite waren, lehnte er dankend ab und sah sich selber um. Es machte alles einfacher. 

Im Großen und Ganzen war hier nichts anders. Sie hatten alle keine Ahnung. Immer noch nicht. Schluckend und peinlich berührt, zitternd und unsicher, trat er vor, starr auf den Boden schauend. Er konnte jeden einzelnen Blick auf sich spüren. Ausnahmslos jeden. Manche der Augen strahlten wahrscheinlich Neugierde aus, andere waren vermutlich einfach nur genervt oder gelangweilt. In seinem Kopf lachten sie ihn alle bereits aus. 

Never Trust A Fox (Newtmas)Where stories live. Discover now