Kapitel 21 - Lose Control

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posed; posing (verb);
to present oneself insincerely

Posen. Was verstehen wir unter posen? Natürlich, das erste was uns einfällt ist ein Lächeln, eine Verrenkung des Körpers um buchstäblich im besten Licht dazustehen. Es ist eine Darstellung, eine Vorstellung.

Ein Theater.

Die Menschen posen meist, weil sie wissen, dass wir gefilmt, fotografiert oder schlicht weg einfach beobachtet werden, sie posen, um den Wünschen der Gesellschaft gerecht zu werden.

Oft vergessen wir jedoch, dass posen nicht nur ein Lächeln sein muss. Wenn man es genau nimmt, bezeichnet posen das Aufrechterhalten eines Rufs. Und soll dieser Ruf gut sein, werden wir natürlich lächeln, in die Kamera strahlen, die gebleichten Zähne zeigen, die bemalten Lippen nach oben ziehen bis es weh tut.

Soll dieser Ruf einen jedoch nicht zu Beliebtheit sondern zu der Ehrfurcht anderer und der völligen Isolation führen, wäre das alles überflüssig. Man müsste nicht lächeln und trotzdem wäre es immer noch eine Pose. Eine Selbstdarstellung.

Newt hatte lange gedacht, Thomas würde posen. Der Braunhaarige hatte sich ja sogar einen Namen für seine Kunstfigur ausgedacht, Fox.

Fox also war für Newt immer ein Theater gewesen, das er schnell geglaubt hatte durchschaut zu haben. Er hatte dem Braunhaarigen seine Schauspielerei nicht abgekauft, hatte nicht glauben können, dass ein Mensch wirklich so gefühlskalt sein konnte. Er hatte geglaubt, das wäre alles nur eine einzige aufgesetzte Maske, die er eben vor anderen trug, damit sie ihn in Ruhe ließen, und dann Zuhause ablegte. Dass eben auch Thomas nur posen würde, zwar mit durchbohrendem Blick statt warm leuchtenden Augen, aber immer noch posen.

Seit Stiles Tod jedoch, begann er an seiner Theorie zu zweifeln. Thomas zog sich mehr zurück denn je, war ständig auf Konfrontation aus, sein Gesicht kaum mehr wiederzuerkennen, verzerrt von Schmerz und Wut und irgendetwas, das Newt sagte, dass das noch nicht mal alles war. Etwas Lauerndes, das jederzeit explodieren könnte.

Benzin auf der Wasseroberfläche, ein Funken genug um alles zu verbrennen.

Langsam wurde ihm bewusst, dass niemand so gut schauspielern konnte, dass niemand so lange eine Maske aufrecht erhalten konnte, dass niemand so lange posen konnte. Und eine Wahrheit, die noch viel tückischer und angsteinflößender als die Lüge war, kroch ihm beständig unter die Knochen. Eine Wahrheit, die ihm deutlich zuflüsterte, dass das alles keine Spielchen waren, keine Masken.

Dass das wirklich Thomas war.

Dass das sein Charakter war und nicht seine Kunstfigur. Dass man ihn wirklich so zugerichtet hatte, dass er keine guten Gefühle mehr kannte, dass er auf Hass und Boshaftigkeit spezialisiert war, dass das alles nicht für eine Kamera war, sondern dass er sich schlicht so zeigte, wie er war. Kalt und mit einem Herz, das nie Liebe erfahren sondern immer nur von Messern zerfleischt worden war.

Oh, wie sehr Newt sich plötzlich wünschte, Thomas würde nur posen. Nicht nur für sich sondern auch für ihn.

Aber er wusste, dass er ihm nicht helfen konnte. Er konnte es sehen. Die Augen des Junden loderten bei jedem kleinsten Versuch in einem drohend leuchtenden Feuer auf und Newt wusste, dass er sich bereits zu oft fast verbrannt hatte. Dass seine Haut bereits zu sehr geziert war von Blasen und Rötungen. Dass er das nächste Mal bluten und Narben davontragen würde. Teresa und Minho hatten Recht behalten. Er hatte unbedacht mit dem Feuer gespielt, weil er gedacht hatte, die Flammen wären aus Plastik und nicht echt. Bis er an eigenem Leib erkennen hatte müssen, dass das Feuer, über das er seine Finger die ganze Zeit hatte tänzlen lassen, so heiß war, dass es jedes Plastik zum Schmelzen bringen könnte.

Never Trust A Fox (Newtmas)Where stories live. Discover now