Boxershorts mit Taschen

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„Ich werde nicht zulassen, dass er dir jemals wieder wehtuen wird..."

Ich drückte Jack ein Stück von mir weg und schaute zu ihm hoch. „Es ist wirklich süß von dir, ", sagte ich schniefend, „aber um ehrlich zu sein hast du mir bisher mehr wehgetan, als er!"

„Führst du eine Strichliste?"

„Gedanklich schon!"

„Ja, aber war ich jemals in einem deiner Albträume?"

„Zählen auch Tagalbträume?"

„Es gibt keine Tagalbträume! Tagträume sind immer schön!"

„Gar nicht. Es gibt auch schlechte Tagträume und das sind dann die Tagalbträume!"

„Davon hab ich ja noch nie gehört! Vollkommender Stuss!"

Ich seufzte und Jack rollte mit den Augen. „Also...", sagte er grimmig, „Sollte es, rein hypothetisch gesehen, Tagalbträume geben...Bin ich dann schon öfter, als Leon, in deinen, aufgetaucht? Nur rein hypothetisch natürlich!" 'Ja, als der strahlende Held in Rüstung, der mich aus meinem Turm retten kommt!', schwärmte meine innere Stimme. Ich unterdrückte einen Brechreiz. So langsam zeichnet sich da ein Muster ab und ich beginne zu glauben, dass meine innere Stimme, definitiv nicht zu mir gehört! So etwas kann ein vernünftiger Mensch gar nicht denken! Meine innere Stimme rollte mit den Augen und sagte: 'Jack ist in deinen Augen ein wütendes Rumpelstilzchen! Wer von uns ist hier der vernünftigere?' „Hörst du das auch?", fragte mich Jack plötzlich. „Was? Du hörst sie auch? 'Ich bin doch nicht verrückt', freute ich mich. „Ja...", sagte Jack skeptisch und horchte. Er sprang plötzlich auf und rannte zum Gitterfenster, das ein paar Köpfe über uns in die Wand eingelassen war und hinaus auf den Innenhof ging. „Ich glaube, irgendwer versucht gerade durch das Tor zukommen!" Er reckte sich, um aus dem Fenster schauen zu können. „Ahh...", machte ich enttäuscht. Dann hör also doch nur ich diese Stimme. Schade...und ich dachte schon ich sei nicht irre.

Jack war mittlerweile hochgesprungen und klammerte sich an den Fensterrand. Ich stand auch auf, um zu sehen was passierte. „Nur noch ein bisschen und die Vampirjäger stürmen das Schloss!", jubelte Jack und ließ sich fallen. „Und das ist gut?" „Ja, denn das bedeutet alles läuft nach Plan!", sagte Jack und rieb seine Hände gehässig aneinander. Ich weiß schon warum er von mir den Spitznamen Rumpelstilzchen bekommen hat. Er passt einfach perfekt. Nur stell ich mir das wahre Rumpelstilzchen hässlicher vor. Nicht ganz so sexy. Aber vermutlich haben die beiden denselben Ego-Komplex und Rumpelstilzchen versuchte ja auch ein kleines Kind zu entführen. ... Kennt ihr dieses Gefühl, wenn euch auffällt das ihr gerade ein Eigentor geschossen habt? Ich habe mich gerade selbst als kleines Kind bezeichnet...Und Jack hatte es im Unterschied zum Rumpelstilzchen sogar geschafft...O man... So weit ist es schon mit mir gekommen...Ich versaue mir mein eigenes Happy End...

„Sobald der Kampf los geht verschwinden wir von hier", sagte Jack freudig, „Bereit?" Er schaute mich an und hielt inne. Kurz darauf wälzte er sich vor Lachen auf dem Boden. „Was ist denn so lustig?", fragte ich und stemmte meine Hände in die Hüften. „Du...Du", prustete Jack, „Du siehst aus wie ein Panda..." Verdammt! Die Wimperntusche! Schnell versuchte ich ohne Spiegel die Reste der zerlaufenen Wimperntusche unter meinen Augen, mit den Fingern weg zu wischen. Danach schmerzte meine Haut rund um meine Augen. „Warte! Ich helfe dir. Noch haben wir ja Zeit...", sagte Jack, der aufgestanden war. Er trat vor mich und nahm mein Gesicht in seine Hände. Vorsichtig wischte er die hartnäckige schwarze Farbe mit dem Ärmel seines weißen Hemdes ab, ohne die Flecken zu beachten, die sie hinterließ. Als er fertig war, hielt er inne. „Alles gut?", fragte er. Ich nickte stumm und starrte zu ihm rauf. „Keine Sorge", flüsterte er und diesmal mehr um sich selbst zu beruhigen, „Alles wird wieder gut." Ich seufzte. Nichts würde wieder gut werden. Das wusste ich, aber ich lächelte aufmunternd. Er lächelte zurück. Er wusste es auch. Nichts würde wieder so werden, bevor wir uns das erste Mal trafen. Dafür war es längst zu spät.

In diesem Moment fiel sie mir wieder ein. Die Pistole, die ich von Amber hatte. Ich hatte sie unter der Matratze der Pritsche versteckt. Sachte nahm ich Jacks Hände von meinem Gesicht, die er gedankenverloren da vergessen hatte „Warte mal kurz!", murmelte ich und lief zur Pritsche. Ich zog die Pistole hervor und reichte sie Jack. „Woher-" „Eine Freundin von Mary!", unterbrach ich ihn. Jack nickte. „Das macht einiges einfacher", sagte er und steckte die Pistole in seinen Hosen Bund. Plötzlich hörten wir lautes Geschrei und Holz splittern. Die Vampirjäger hatten es in die Burg geschafft. Vom kleinen Fenster aus konnten wir viele Füße sehen, die den leeren Innenhof stürmten. Wir hörten wie Anweisungen gebrüllt wurden. „Warum hält Leon die Jäger nicht schon im Hof auf? Warum wartet er bis sie direkt ins Schloss kommen?", fragte ich verwirrt, weil in Filmen kommt an dieser Stelle immer der epische Endkampf den die Armeen sonst immer abhalten. Warum also nicht auch hier? „Weil", erklärte Jack, „draußen die Sonne scheint, wie dir mittlerweile aufgefallen sein muss. Und diese würde uns Vampire halt ablenken und schwächen." „Ah...", machte ich um zu zeigen, dass ich verstanden hatte. „Und das heißt jetzt was für uns?" „Wir brechen aus!", sagte Jack mit einem breiten Grinsen. „Und wie? Mein Trick vom letzten Mal klappt nicht, weil Dumm und Dümmer in der Zelle neben uns sitzen!" Das taten sie wirklich. Nachdem wir hier runter verfrachtet wurden, wurden die letzten loyalen Anhänger von Jack auch hier eingesperrt. Mitgehangen; Mitgefangen! Wie man so schön sagt. Jack griff sich plötzlich vor meinen Augen in die Hose! „Was, zur Hölle, machst du da?", fragte ich leicht panisch. Jack antwortete nicht, sondern zog einen Schlüssel aus der Hose, den er mir grinsend hinhielt. „So viel dazu, dass Taschen an Boxershorts eine schlechte Erfindung seien!", sagte er und freute sich wie ein Honigkuchenpferd. Ich rümpfte die Nase. „Soll das heißen du trägst seit Tagen den Schlüssel für die Zellentüren in deiner Unterhose mit dir herum und hast darauf gewartet, dass uns Leon hier unten einsperrt?", fragte ich schockiert. „Genau!" Ich seufzte ein weiteres Mal. „Und warum hast du Leon überhaupt ins Schloss gelassen, obwohl du wusstest, dass er hier auftaucht?", fragte ich während Jack sich der Zellentür zuwandte. „Weil", sagte Jack, „ich wissen musste wer auf Leons Seite steht und wer auf unserer. Jetzt kann ich allen, die hier unten in den Nachbarzellen hocken auch wirklich vertrauen, dass sie mir nicht irgendwann in den Rücken fallen. Verstehst du?" „Klar, aber warum brechen wir erst jetzt aus und nicht schon vor ein paar Stunden?", fragte ich ihn weiter aus. „Weil die Vampirjäger, das perfekte Ablenkungsmanöver zur Flucht sind!" Die Zellentür schwang quietschend auf. Breit grinsend deutetet Jack nach draußen. „Wollen wir?"


Vampire entführen keine kleinen MädchenWhere stories live. Discover now