Pläne schmieden leichtgemacht!

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Keine dreißig Minuten später hatte sich meine Situation, von einer diabolisch lächelnden Unsterblichen mit einem hinterhältigen Super-Deal zu einer sehr, sehr... überraschten, durchgefrorenen, nackten Unsterblichen verschlechtert, der (,um den ganzen ein blitzblankes Krönchen aufzusetzen) eine Pistole an den Kopf gehalten wurde. Ich hatte zwar damit gerechnet, dass Oswald Neumann mich hintergehen wird, aber nicht dass das nach einer so verdammt kurzen Zeit passieren wurde. Und ich hatte auch nicht damit gerechnet dass er das mit vorgehaltener Waffe tut. Ich dachte jetzt kommt ein genialer, ausgeklügelter Plan von einem erfahrenen Vampirjäger, der sich darauf versteht uns Bestien durch fiese Tricks endgültig in die Hölle zu schicken. Ich war so darüber überrascht, dass ich diesen Mann so überschätzt hatte, dass es einfach aus mir heraus platzte: „Verdammt noch mal...Bist du ein Vollidiot! So blöd wäre ja selbst Sam nicht gewesen. Er hätte sicherlich noch irgendwen gefragt, welche Lösung nun die beste ist, und jeder andere hätte gesagt, dass das was sie gerade tun totaler Mist ist. Oh...Außer er hätte dich gefragt, dann hätten wir natürlich dieselbe sinnlose Situation-" Oswald schaute mich verwirrt an und unterbrach mich schließlich: „Wovon zur Hölle redest du?" Ich seufzte genervt. 'Wie konnte ein Mensch nur so verdammt dumm sein?' „Also...Ich habe mir dir den Deal geschlossen, dass du für mich Leon beseitigst, folglich würde ich also dafür sorgen, dass du auch leichter an Leon heran kommst und nach dem du deinen Job erfüllt hast, würde ich ganz sorglos meinen Teil für dich erledigen und dir Information zuspielen. Es wäre dann ein leichtes für dich gewesen mich auszuschalten und alle Untoten, die mir am Herzen liegen, aber NEIN! Du musst ja ausgerechnet jetzt deine Pistole ziehen und anstatt das du lauter tote Vampire hast, hast du nur eine Unsterbliche, die du mit einer, in Anbetracht dessen das sie unsterblich ist, wirklich lächerlich kleinen Waffe bedrohst. Mehr nicht! Das nenne ich pure Dummheit!", beendete ich meine Erklärung und mir wurde mit jedem Wort, das aus meinem Mund sprudelte, mehr und mehr bewusst, dass ich gerade den Boss der Vampirjäger, als hirnlosen Vollidioten abstempelte, während er mir eine mit Holzkugeln geladene Pistole an die Schläfe hielt, während seine komplette Belegschaft aus Offizieren und Stellvertretern zusah. 'Ja, hier war definitiv ich die Idiotin...'

In die folgende angespannte Stille hallte plötzlich ein lautes Lachen. „Ich fass es nicht...", lachte Sam, „Sie hat Recht! Sie jetzt schon auszuschalten bringt dir nicht viel..."

Ein dunkel haariger Vampirjäger schlug Sam gegen den Hinterkopf, damit er die Klappe hielt. Oswalds Gesicht war wutverzerrt und seine große Narbe trat deutlich hervor. „Dumm? Ja?" Ich wich einen Schritt vor ihm zurück. Ich hatte ihn vor seinen Leuten beleidigt und nun musste er zeigen wer hier wirklich der Boss war. Er wird dafür sorgen, dass ich meinen Kommentar noch bereute. „Weißt du was ich jetzt unternehmen werde, Mrs. Blackwood?" Oswald sprach meinen Namen wie eine Beleidigung aus. „Ich werde dich gefangen nehmen und, dann zusehen wie sich die Blackwood-Brüder gegenseitig die Köpfe einschlagen und der von Beiden, der überlebt, wird dann kommen um dich zu holen. Den erledigen wir dann auch noch, mit dem Schluss, dass alle eventuellen Vampirkönige tot sind und das ganze Hierarchie-System zusammenbrechen wird. Dann haben wir leichtes Spiel und können die Vampire ein für alle Mal ausrotten..." Eine wirklich gekonnte Bösewicht-Lache krönte Oswalds dramatische Rede. Ich schmunzelte. Neumann hatte genau drei Dinge nicht mitbedacht:

1. Jack hielt mich für tot und folglich musste auch Leon davon ausgehen. Keiner von beiden würde also kommen um mich zu retten.

2. Ich war UNSTERBLICH und die Vampirjäger nicht. Irgendwann würde es mir schon gelingen von hier zu fliehen.

Und 3. Seine Hypothese stützte sich darauf, dass kein anderer König sein konnte außer Jack und Leon (zwei nicht wirkliche Glanzstücke, als Kandidat für diesen Posten). Ich hatte genug Leute kennengelernt, die ebenso (wenn nicht sogar besser) dazu im Stande wären, dieses mörderische Volk zu führen.

Das was Oswald da erzählte war purer Schwachsinn! Doch seine Jägergemeinde applaudierte und johlte über die Genialität ihres Leiters. Ich hütete mich ihm zu sagen dass auch dieser Plan absoluter Mist war. Und ich muss es wissen: Immerhin war ich durch meine Pläne aus einem Gefängnis, einem Hotelzimmer und einem Schloss geflüchtet und hatte an der Seite von einem (oftmals ziemlich idiotischen) Vampir über einen Monat (mehr oder weniger gut) überlebt. Gut kleines Eingeständnis: Ich hatte es nie wirklich geschafft zu entkommen, aber was nicht ist kann ja noch werden....

Eine Sache, die mich wirklich beunruhigte, hatte Oswalds Plan jedoch schon: Was wäre wenn Jack nicht gegen Leon gewann? Dann würde Jack sterben und Leon würde irgendeinen Weg finden auch ohne den (eigentlich gestorbenen) Edelstein, also ohne mich, König zu werden. Das Ergebnis wäre ein einzigartiges Fiasko... Aber mir fiel noch etwas viel schlimmeres ein: Was wenn Jack Leon besiegte? Er ging davon aus das ich tot war und wenn ich es nicht schaffe rechtzeitig zu fliehen, hätte Jack bis dahin eine neue Unsterbliche geheiratet, sie würden eine Familie gründen, ein Häuschen mit Strebergarten kaufen und eines Tages würde ich total schockiert auf ihrer weiß lackierten Veranda stehen und fragen: 'Jack? Wer ist diese Frau?' Daraufhin würde Jack sagen: 'Ella...Verzeih, aber ich dachte du wärst tot...' Diese peinliche Situation würde damit enden das ich heulend in ein Taxi steigen würde und mich in der nächsten heruntergekommenen Bar volllaufen lasse...

Ich schüttelte mich. Vor meinem inneren Auge war Jacks neue Frau eine hübsche Blondine namens Mary, die sich mit ihren rotlackierten Fingernägeln meinen Jacky krallte...

'Scheiße...Ich glaube mein Paartherapeut hatte recht...'stellte ich schockiert fest, 'Ich bin eifersüchtig...'

Meine innere Stimme jubelte los: 'Ja! Endlich merkst du es auch!'

Oswald hatte veranlasst mich irgendwo hinzubringen wo ich vorerst gut aufgehoben war, bis sie mich ins Hauptquartier der Jäger bringen um mich dort, ich zitiere, 'für immer und ewig verschrumpeln' zu lassen. Das warf eine noch viel mehr interessante Frage auf: Alterte ich überhaupt noch? Auf unnatürlichem Wege konnte ich schon mal nicht sterben, aber was ist mit dem Alter? Dem gebisslosen-verschrumpeltem-Schaukelstuhl-Strickjäckchen-Alter?

Eine kleine Gruppe von Jägern führte mich ein Stockwerk höher in ein kleines, schon etwas heruntergekommenes Hotelzimmer. Die Jäger schienen mittlerweile auch gerafft zu haben, dass ich über keine Vampirfähigkeiten verfügte (abgesehen von der Sache mit dem Nicht-tot-sein) und ich sonst einfach ein kleines, wehrloses Mädchen war! In dem Zimmer gab es nur ein Sofa, einen alten Fernseher, einen kleinen Tisch mit zwei Stühlen und am anderen Ende des Raumes stand ein großes Bett. Eine weitere Tür führte in ein Badezimmer und dicke Vorhänge verdunkelten vor den Fenstern die Räume. Einer der Männer schnappte sich ein paar Handschellen und wollte mich irgendwo festbinden. Ich litt sofort an einem furchtbarem Déjà-vu und ich hatte durch meine Anfangszeit mit Jack eine Handschellen-Phobie entwickelt. „Auf keinen Fall!", sagte ich und wich vor dem Mann zurück. Er kam nur weiter grinsend auf mich zu und seine zwei Kollegen versperrten mir Weg um weiter vor ihm zu flüchten. Allein mit den drei Typen in einem Raum fühlte ich mich total unwohl. Natürlich war es kein Vergleich zu der Gesellschaft in der ich vor drei Wochen noch war, aber diese Männer machten mir Angst. Ich hatte unfreiwillig die Seiten gewechselt und nun wurde ich von den Leuten, die mich eigentlich hätten beschützten sollen, an einen Bettpfosten gefesselt. Ich versuchte mich zu wehren: Ich strampelte und wollte dem Mann meine Handgelenke entreißen. Zu zweit hielten sie mich schließlich fest, mit dem Ergebnis, dass ich zwar mit verdrehtem Arm am Bettpfosten hing, aber auch das einer der Männer mit hoher Stimme piepsend auf dem Boden saß und sich den Schritt hielt und der andere einen schlimmen Tritt gegen seinen Kiefer einstecken musste. Ich musste außerdem feststellen, dass es mir leichter fiel mich gegen Jäger zu wehren, als gegen Vampire. Der dritte im Bunde stand laut lachend neben dem Sofa und schaltete gerade den Fernseher an. Der auf dem Teppich stand gequält guckend auf und kam wütend auf mich zu. „Du Monster!", knurrte er mit piepsender Stimme und mein Kopf flog zur Seite, als seine flache Hand auf meiner Wange landete. Es brannte zwar, aber es tat auch nicht so weh wie die Ohrfeigen von so machen Vampir, die bisher kassiert hatte. Genervt schaute ich zu ihm herauf und fragte: „War's das? Kann ich jetzt bitte irgendetwas zum Anziehen bekommen?"


Vampire entführen keine kleinen MädchenWhere stories live. Discover now