EPILOG

1.2K 129 81
                                    


Es nieselte schwach, als sie vor das Flughafengebäude trat, den Koffer, wessen rechte Rolle leicht ratterte da sie verklemmt war, hinter sich herziehend.
Sie rümpfte die Nase, vergrub das Gesicht mehr im Kragen der hellen Jacke und lief mit zügigen Schritten zur Straße, auf welcher ein Taxi stand und bereits auf sie wartete.
Sie nannte dem Fahrer die Adresse, nach welcher sie sich erkundigt hatte, lehnte sich dann im schwarzen Kunstledersitz zurück und schaute aus dem Fenster, an wessen dünne Striemen an Regenwasser herabliefen.

Der Wagen setzte sich in Bewegung und sie schaute herab auf ihr Smartphone, welches ein paar Tropfen Wasser auf dem Display hatte.
Sie wischte sie beiseite, bevor sie es entsperrte und auf die neue Benachtigng klickte, welche in ihrer Timeline erschien.

'Sei pünktlich - wir haben noch viel vor. '
[recieved just now; 4:56PM]

Sie seufzte und verstaute es zurück in der breiten Tasche, ohne zu antworten.
Danach richtete sie ihren Blick wieder aus dem Fenster, vor welchem die Landschaft langsam begann zu verschwimmen.

—————

Der Wagen fuhr direkt ab, nachdem wie bezahlt hatte und ausgestiegen war um ihr Gepäck zu holen.
Seufzend griff sie die Lasche, an welcher man den Koffer hochheben und tragen konnte, dankte sich stumm dafür, dass sie einen kleinen Koffer nur mit dem Nötigsten hatte mitnehmen müssen.

Der Regen hatte die Erde etwas aufgeweicht, sodass die Wege leicht rutschig waren und dunkel glänzed. Die Rasenflächen waren ebenso nass als sie zwischen den Reihen an den individuell gestalteten Steinen vorbeiging, so lange, bis sie ihn entdecken konnte.

Erst als sie direkt hinter ihm war, begann sie zu sprechen.
"Wie fühlt es sich an?"

Er schnaufte belustigt, schaute auf die Schrift auf dem Stein vor sich, welche kurz und knapp gehalten war.
Alles was lediglich dort stand, waren Daten und ein 'rest in peace.'

Etwas weiter unten ein kaum erkennbares Muster an Buchstaben.
Er kniete sich hin, strich mit den Fingerkuppen darüber und seufzte leise.

'Es tut mir leid, dass ich dich nicht beschützen konnte - du hättest etwas besseres verdient.'

Danach stand er wieder auf, glättete sein Shirt und drückte die Schultern etwas durch.
"Was genau - für tot erklärt zu sein oder vor seinem eigenen, leeren Grab zu stehen?"

Sie lachte, trat neben ihn und schaute herab auf das Grab. "Beides, denke ich.", murmelte sie dann und sah ihn von der Seite an.
"Es stehen keine Inizialien da, keine Geburtsdaten oder sonstiges - nur das Todesjahr. Warum?", fragte sie ihn dann, schaute ihn von der Seite an.
Er schmunzelte, steckte seine Hände in die Jackentaschen seiner schwarzen Jacke.

"Auch wenn dieser Bezirk ihm gehört und er sich nicht darum kümmern muss, gefunden zu werden - Anonymität war ihm alles. Besonders klassisch war er auch nicht."

Sie nickte schwach, schaute hinauf in die dunkelgrünen Blätter des Baumes und atmete die vom Regen verdickte Luft ein.
"Wie viel hat es gekostet?", fragte sie dann, blickte herab auf einen Bilderrahmen, welcher vor dem grauen Stein auf dem Boden stand.

"Eine Million und einen Freischein für Christian.", antwortete er ihr und streckte sie Hand aus, seine Fingerkuppen wischten ein paar Blätter beiseite.
"Ihm wurde allerdings trotzdem verboten die Droge weiter herzustellen, mit welcher die starken Halluzinationen vorgetäuscht wurden, welche effektiv meinen Tod bei Tj vorgetäuscht haben. Eine elektronische Fußfessel hat er auch, ein Fehltritt und er sitzt."

Sie schwieg kurz, legte dann eine Hand auf seine Schulter und drückte diese schwach.
"Was ist mit ihnen?"

"Ich weiß es nicht.", gestand er ihr leise, beinahe kaum hörbar. "Ich hoffe dass es ihnen gut geht."
Zögernd schüttelte er seine Schulter, die Hand des Mädchens fiel herab und er ergriff sie, drückte sie und verschränkte ihre Finger zusammen.

"Lass uns gehen, Sonya."

Und sie taten es,
Bruder und Schwester liefen Hand an Hand die Straße herab.
Er hatte die Kaputze tief ins Gesicht gezogen, während sie mit ihren Kopf an ihn gelehnt neben ihm her lief.

Auf andere wirkten sie vielleicht wie ein Paar, doch alles was sie hinter sich ließen, gehörte zu ihrer Vergangenheit.

—————

"Papa? Hättest du mit Taddl deine Zukunft verbracht, wenn du ihn unter anderen Umständen kennengelernt hättest?"

"Weißt du, Tobi - es vergeht keine Nacht, in der ich mir nicht vorstelle, wie es wäre neben ihn aufzuwachen.

Aber ja, ganz bestimmt. Vielleicht im nächsten Leben."

—————

Fin.

[Mabeyme]
[31.12.2016]

headshot ❀ tardy [#Wattys2017]Wo Geschichten leben. Entdecke jetzt