7.Kapitel

2.7K 118 4
                                    

Mr Kingsley hatte sich für seinen Aufenthalt auf dem Land ein prächtiges Anwesen gemietet. Die Auffahrt führte entlang eines großen Teiches, über dessen spiegelnde Wasseroberfläche den Besuchern die Lichter des Hauses entgegen schimmerten, als wollten diese sie willkommen heißen.

Freundlich aber ein wenig distanziert empfing der Hausherr seine Gäste. Die Gesellschaft war für ein Dinner auf dem Land ungewöhnlich groß. Mr Haggerston und sein Sohn Frank, Mr Cole, die Kings und Mr Wragsdale waren nebst der Familie Badford geladen.

Während des Dinners fehlte Miss Sophie sich ein wenig unwohl, dies lag nicht an dem Essen, welches vorzüglich schmeckte, sondern an ihren Tischnachbarn. An der Stirnseite neben ihr saß der Hausherr höchstpersönlich und zur rechten der jungen Dame saß Mr Wragsdale, der sich laut schmatzend über sein essen her machte, wenn er nicht gerade damit beschäftigt war Miss Sophie lästige Fragen zu stellen. Ihre Freundin Caroline warf ihr immer wieder aufmunternde Blicke zu und Sophie bedauerte, dass ihre Freundin so weit voneinander entfernt waren, dass sie sich nicht unterhalten konnten.

"Finden sie nicht auch, dass das Wetter heute morgen grauenhaft gewesen ist" versuchte Mr Wragsdale sie zum wiederholten Mal in ein Gespräch zu verwickeln. Sophie legte Messer und Gabel zur Seite bevor sie so höflich wie möglich antwortete: "da kann ich ihnen leider nicht zustimmen. Ich empfand das Wetter als sehr angenehm, genau das richtige Wetter für einen Spaziergang." Aus dem Augenwinkel bemerkte sie, wie Mr Kingsley amüsiert über das Verhalten Mr Wragsdales schmunzelte.

"Gehen sie häufig spazieren" wollte Mr Kingsley wissen. Sophie rang sich ein Lächeln ab, "so oft, wie das Wetter es erlaubt."

Mr Kingsley ließ das Thema nun auf sich beruhen, denn er war wie Sophie bereist festgestellt hatte oft recht verschwiegen gegenüber Fremden.

Nach dem Dinner begab sich die Gesellschaft in den elegant eingerichteten Salon. Es wurde um Musik gebeten, woraufhin sich Sophies Schwester Ann nur zu bereitwillig am Klavier nieder ließ. Ann war keineswegs unbegabt, doch ihr Spiel klang schwerfällig und gekünstelt, was von den Zuschauern nur mit einem verhaltenem Applaus honoriert wurde. Sophie saß ein wenig abseits und blickte aus einem der Fenster in den dunklen Park hinaus.

"Miss Badford" erschrocken zuckte miss Sophie zusammen, als sie aufsah, traf sich ihr Blick mit dem von Mr Kingsley.

"Es mag unverfroren klingen, doch ich wollte sie fragen, oder besser gesagt bitten mir die schönsten Wege zum Spazieren zu zeigen, da meine Mutter mich in der nächsten Woche besuchen möchte."
"Ist ihre Mutter ebenfalls eine leidenschaftliche Spaziergängerin?" Mr Kingsley schenkte ihr ein lächeln, ein Lächeln, das wahrscheinlich schon viele Frauenherzen zum Schmelzen gebracht hatte. Miss Sophie war dieses Lächeln jedoch zu wieder. Niemals werde ich einen Mann heiraten, der sich so arrogant und ungebührlich verhält wie Mr Kingsley. Bevor die junge Dame eine weitere Anmerkung zu diesem Thema  machen konmte, wurde sie von ihrer Mutter zum Pianoforte bugsiert um wie die anderen Mädchen zuvor etwas von ihrer Kunst darzubieten.

Als ihre Zuhörer nach der Darbietung applaudierten, dies als vollkommen ungerechtfertigt, denn in ihren Ohren war ihr Geklimper kaum von dem ihrer Schwester zu unterscheiden.

Tatsächlich war Sophies Vortrag dem Publikum gefalliger gewesen, da ihr Spiel nicht so Affektirrt und übertrieben klang.
Als Sophie sich erhob, schnappte sie zufällig ein paar Gesprächsfetzen von einem Gespräch auf, das ihre Mutter, und ihre Schwester mit Mr Kingsley führten.

"Haben Sie viele Geschwister?" erkundigte sich Ann. Ihre Augen glänzten, als sie sich mit Mr Kingsley unterhielt und auf ihrem Gesicht lag ein träumerischer Ausdruck.
"Ich habe zwei Schwestern und noch einen jüngeren Bruder" lautete Mr Kingsleys knappe Antwort.
"Oh, aber Sie sind der Erbe?" Sophie konnte Panik in der Stimme ihrer Mutter hören. Es klang fast so, als befürchte sie, dass eine ihrer Töchter sich mit einem zweiten Sohn zufrieden geben könnte. Mr Kingsley schien sich unsicher zu sein, wie er auf eine solche Frage reagieren sollte. Verlegen trat er von einem Bein auf das andere und antwortete schließlich: "ja, ich bin der Erbe." Offensichtlich hatte er sein Selbstvertrauen wieder gefunden.

Lady Elionor, die ihre jüngste Tochter entdeckt hatte, winkte sie eifrig zu sich heran. Nur widerstrebend näherte sich Sophie der kleinen Gruppe. "Hat Sophie nicht fabelhaft gespielt" fragte Mrs Badford an Mr Kingsley gewandt. Vor Scham wollte Sophie im Erdboden versinken. Mr Kingsley der bemerkt hatte, wie unangenehm Sophie die Situation war, lächelte ihr aufmunternd zu. "Miss Badford ist wahrlich eine Könnerin am Pianoforte" fügte er an die Mutter gewandt hinzu, "doch wie steht es mit ihren Gesangskünsten?"

"Oh, Sir ich versichere Ihnen, dass meine Tochter über eine ausgesprochen liebliche Stimme verfügt" beeilte sich die Lady zu versichern.

"Singen sie Duette, Miss Badford" fragte der junge Gentleman. Ihre Blicke trafen sich für einen kurzen Augenblick und Sophie hatte das unangenehme Gefühl, dass er durch ihre Augen direkt in ihre Seele blicken konnte.

"Ich singe keine Duette." Ungeschickt versuchte die junge Dame sich aus der Affäre zu ziehen. Was bildete er sich ein indem er sie so dreist zu einem Duett aufforderte. Sophie spürte den zornigen Blick ihrer Mutter auf sich ruhen, weshalb sie rasch hinzufügte: "aber wenn Sie etwas singen möchten, würde ich Sie mit Vergnügen auf dem Pianoforte begleiten." "Dies ist mit Sicherheit ein gut gemeintes Angebot, doch ein Mann, der alleine singt bietet einfach nur einen lächerlichen Anblick."

Sophie lächelte, sie hatte geahnt, dass er dieses Angebot ablehnen würde. "Ich kann mir nicht vorstellen, dass sie solch ein grauenhafter Sänger sind, Sir..." Sophie war sich bewusst, dass ihr Verhalten äußerst ungehörig war. Es galt als schlechtes Verhalten einem Mann zu widersprechen oder sich so kokett wie Sophie aufzuführen. Amüsiert hob Mr Kingalex die Augenbrauen, ließ das Thema aber auf sich beruhen.

Miss SophieWhere stories live. Discover now