20.Kapitel

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Am nächsten Morgen suchte Mr Kingsley die Familie McAlister vorsorglich etwas später auf, als sie es gewohnt waren, denn er vermutete, dass sie nach der langen Nacht noch nicht so früh auf den Beinen wären.

Allerdings erwies sich seine Sorge als vollkommen unbegründet.

Als er das Haus der McAlisters betrat, schlug ihm die angespannte Atmosphäre förmlich entgegen.

Es war noch recht früh am Morgen, als er von einem bleichen Diener in den Salon geführt wurde, in dem die aufgewühlten Damen beisammen saßen.

"Was um Himmels Willen ist hier vorgefallen" rief Mr Kingsley erschrocken, als ihm bewusst wurde, dass Miss Sophie nicht anwesend war.

"Miss Sophies Vater, Lord Badford ist schwer erkrankt" schniefte Mrs McAlister und schnäuzte sich geräuschvoll die Nase. Ihre Besorgnis galt allerdings weniger dem Kranken, sondern ihrer Schwester Elinor.

Was sollte nur aus ihr und den Mädchen werden, wenn er sterben sollte?

"Es ist unwahrscheinlich, dass er noch lange leben wird" fügte Amalia hinzu, um Mr Kingsley mit der unglückseelige Situation vertraut zu machen.

Mr kingsley, dessen Unruhe von Minute zu Minute größer wurde fragte besorgt: "und wo ist Miss Sophie?"

Weder der Mutter noch der Tochter fiel in jenem Moment auf, dass Mr Kingsley die junge Name ganz vertraut bei ihrem Vornamen nannte. Wäre die aktuelle Situation anders gewesen, hätten sie ohne jeden Zweifel anstoß an seinem Verhalten genommen.

"Sie ist nach Hause aufgebrochen."

"Aber doch hoffentlich nicht alleine?!" Mr Kingsley der der auf jede Zurückhaltung verzichtete schien am Rande der Verzweiflung zu stehen.

"Sie ist gestern Nacht in der Begleitung eines Dieners aufgebrochen, nur wenige Minuten, nachdem sie die unheilvolle Nachricht erhalten hatte" antwortete Miss McAlsiter, die versuchte bei all dem Durcheinander einen kühlen Kopf zu bewahren.


***

Unruhig blickte Sophie aus dem Fenster. Eigentlich hätte der Anblick ihrer Heimat sie erfreuen müssen, doch je näher sie ihrem Zuhause kam, umso unwohler fühlte sie sich.

Seit sie in der vorletzten Nacht die Nachricht über die Krankheit ihres Vaters erhalten hatte, war sie in stetiger Sorge gewesen...


Kaum war die Familie von der Abendgesellschaft der Kingsleys zurückgekehrt hörten sie das Hufgetrappel eines Pferdes, das in scharfem Gallopp über die gepflasterte Straße heran geritten kam.

"Er wird sein Pferd noch todreiten" sagte Sophies Cousin kopfschüttelnd.

Ein heftiges Pochen an der Tür erschrak die Vornehme Gesellschaft, die in der Eingangshalle ihre Mäntel und Schals ablegten.

Wer mochte zu dies später Stunde noch unterwegs sein? Fragte Sophie sich insgeheim neugierig.

Die große Eingangtür wurde von einem Diener geöffnet, doch der nächtliche Besucher trat nicht ein. Stattdessen eilte der Diener mit besorgter Miene die Treppe zu seiner Herrschaft hinauf und überreichte Sophie einen Briefumschlag.

Mit angehaltenem Atem öffnete Sophie den Brief und las, was ihre Schwester Ann hastig auf das Papier gekritzelt hatte.

Neugierig beobachtete die Familie, wie Sophies Augen rasch über die Zeilen wanderten und ihre Miene dabei immer besorgter wurde, bis jegliche Farbe aus ihrem Gesicht gewichen war.

Miss SophieWhere stories live. Discover now