31.Kapitel

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Während der gesamten Reise redete Amalia ohne Unterbrechung auf ihre jüngere Cousine ein. Sie unterbrach ihre Rede nicht einmal um Luft zu holen oder als sie an der Poststation aussteigen mussten, da die Pferde gewechselt wurden.

Als sie endlich in Bath eintrafen hingen Sophies Ohren in Fetzen und sie hatte nicht den blassesten Schimmer wovon ihre Cousine die ganze Zeit gesprochen hatte. Nur wenige Bruchstücke waren in ihrem Kopf haften gebliben.

Amalia war erst verstummte erst als die Kutsche über das Kopfsteinpflaster der hellen und offenen Straßen Baths rumpelte. Mit weit aufgerissenen Augen drückte die junge Dame sich die Nase am Fenster platt und bemühte sich nicht zu blinzeln, um auch ja nichts zu verpassen. Auch Sophie betrachtete neugierig und erwartungsvoll die Stadt, die am Fenster an ihnen vorbei zog. Es war schon einige Jahre her, dass sie in Bath zu Gast gewesen war. Seit ihrem letzten Besuch hatte sich einiges verändert.

***

Ihre Ankunft sorgte für einige Aufmerksamkeit in dem bescheidenen Kurort. Selbstverständlich war man hier an die stetige An- und Abreise von Kurgästen gewöhnt, doch für gewöhnlich reisten die meisten Gäste wesentlich einfacher als dies die McAlisters taten.

Neugierig folgten die Blicke der passanten der pompösen Kutsche, die sich schwerfällig durch die Straßen bewegte.

Wie es kaum anders zu erwarten war, hielt die Kutsche vor einem der vornehmsten und elegantesten Häuser der Stadt.

Die Hälse der Schaulustigen reckten sich, um besser erkennen zu können, wer sich diesen Luxus leisten konnte. Und ob eine Bekanntschaft mit diesen Leuten nutzbringend für ihr eigenes Leben sein könnte. Die Damen erhofften sich einen reichen und möglichst gut aussehenden Junggesellen und die jungen Herren sehnten sich nach einer reichen Erbin.

Als Amalia die Kutsche gefolgt von Miss Sophie verließ folgten ihr unzählige Blicke, bis sie hinter der prächtigen Tür verschwunden war.

Das Haus war ein Traum, obwohl es nicht ganz dem Standard entsprach den Amalia von zuhause  gewohnt war. Sophie hingegen hätte kaum zufriedener sein können. Ihr stand ein eigenes Zimmer zur Verfügung, das immer warm, sauber und behaglich war. Rund um die Uhr stand ihr ein Mädchen zur Verfügung, das beim Ankleiden und Frisieren half oder Besorgungen erledigen konnte.

***

Amalia konnte es kaum erwarten sich in die zahlreichen Vergnügungen, die Bath zu bieten hatte, zu stürzen. Auf ihr Drängen besuchten sie noch am Abend ihrer Ankunft in Bath den ersten Ball.

"Welcher Zeitpunkt wäre denn besser geeignet als dieser" fragte Amalia frech grinsend als ihre Eltern bedenken äußerten.

"Gönn uns ein wenig ruhe" bat ihr Vater, "die Reise war lang und beschwerlich." Dabei musterte er seine Ehefrau, die blass und mitgenommen aussah, besorgt.

"Aber es ist überhaupt nicht notwendig, dass ihr uns begleitet" wagte die junge Dame entschlossen einen weiteren Versuch, "James und Lucas können uns genauso gut begleiten. Ich bezweilfe, dass sie etwas dagegen hätten heute Abend noch aus zu gehen."

Amalias Vater seufzte. Er wusste, dass er gegen den Dickkopf seiner Tochter nicht ankommen konnte.

"Nun gut. Aber Punkt zwölf Uhr seid ihr wieder hier."

***

Schon in dem Augenblick in welchem die jungen Leute den Ballsaal betraten spürte Sophie, dass dieser Abend ihr nur wenig Freude bereiten würde. Umgeben von all den reichen jungen Damen fühlte sie sich wie eine Aussätzige, die nur aus Barmherzigkeit zu diesem Fest eingeladen worden war.

Miss SophieWo Geschichten leben. Entdecke jetzt