Kapitel 15

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Morgenröte

Kapitel 15

Die Lampe hinten in der Ecke flackerte regelmäßig und machte mich nervös. Ich wollte am liebsten wieder gehen, doch der Pfleger hatte mir auf Befehl einer Ärztin die Krücken weggenommen. Ich sollte hier bleiben und mit Anna reden. Einen Moment erinnerte ich mich zurück an die Ärztin. Es war kurz nach Mittag, fast Nachmittag, wir gingen zusammen hinüber in das Hauptgebäude. Die Sonne brannte warm auf meiner offenen Haut. Sie hatte schwarze Locken, ihre Haare waren kurz gehalten und dadurch wirkten diese künstlich. Unter dem Kittel trug sie eine knielangen Rock, Bluse und hohe Schuhe. Wenn ich mich recht erinnere, dann hatte sie mich bei meiner Ankunft kurz untersucht und dann in die passende Abteilung und zum passenden Arzt zugeordnet. Die vollkommen Verrückten wollte man schließlich nicht in die gleiche geschlossene Abteilung stecken wie die halbwegs umständlichen Patienten. Langsam sah ich weiter nach unten und beobachtete die verschiedenen Tische und Stühle aus hellem Holz. An jedem befanden sich zwei Stühle, in der Mitte stand eine Vase in der eine künstliche Blume in Gelkugeln platziert war. Auf den Tisch vor den man mich gesetzt hatte stand zudem eine durchsichtige Karaffe mit Wasser und zwei Gläser. Unruhig tippelte ich mit den Fingern eine Hand auf meinem Oberschenkel herum. Wieso wollen meine Beine denn nur nicht heilen?

Die Tür hinter mir öffnete sich langsam, sie schleifte ein wenig über den Boden, und dann halten zögerliche Schritte über den Boden. Mein Blick blieb weiter starr auf die Rückwand des Raumes gerichtet. Ich wollte alles, nur nicht sehen wie sie auf mich zukam. In ihren Händen hatte sie meine Krücken, die sie am Tisch anlehnte.

„Hallo, Mike." Vorsichtig zog sie den Stuhl zurück und setzte sich dann. Anna lächelte. Vorsichtig strich sie ihre schwarzen Haare aus dem Gesicht über ihre Schulter.

„Hallo." ,erwiderte ich knapp und sah schüchtern zu Boden. Sie war noch immer so hübsch wie früher. Ganz langsam legte sie ihre Hand auf den Tisch. Etwas zögerlich nahm ich diese und strich darüber. Sie war so wundervoll warm.

„Du hast dich kaum verändert." ,lächelte ich und sie strich nun über meine eigene Hand.

„Du auch, Mikey." ,beugte sie sich weit zu mir herüber. Sie nahm ihre Hand hoch und streichelte damit über meine Wange. Entspannt schloss ich meine Augen und kuschelte mich in ihre Hand. Chester hatte das auch schon einmal getan, doch nun fühlte es sich irgendwie besser an. Es war besser. Schließlich schloss sie die Lücke zwischen uns und küsste mich zärtlich. Ganz langsam bog ich mich ebenfalls weiter nach vorne, damit sie es einfacher hatte und erwiderte ihren Kuss.

„Ich hab dich so vermisst." Sie weinte Freudentränen zwischen ihrem riesigen Lächeln. Und strich dann wieder einfach nur über meine Wangen.

„Du bist ein so wundervoller Mann. Wie konnte es nur so weit kommen?" Ganz langsam richtete sie sich wieder vor mir auf und streichelte meine Hand.

„Ich hab vergessen wie gut ich es habe." Sie lächelte stumm vor sich hin und mit ihrem Knie streifte sie meines.

„Ich habe den anderen erzählt, dass du in einer Reha bis." Ihre Finger zitterten als sie sich etwas einschenkte. Sie schien von irgendetwas beunruhigt zu sein.

„Ich möchte auch etwas." Sie nickte und goss in mein Glas ebenfalls etwas der Flüssigkeit. Vorsichtig nippte ich daran. Anna trank ebenfalls etwas und strich sich dann erneut die brustlangen Haare aus ihrem Gesicht.

„Wann denkst du, kann ich wieder nach Hause?" Lächelnd zog sie ihre Augenbrauen hinauf und nahm dann noch einmal das Glas zu ihrem Mund hinauf und trank.

„Heute." Ihre Stimme war so trocken, ich konnte kaum glauben was sie da sagte. Ich durfte zurück nach Hause!

„A-Anna..." ,stammelte ich ungläubig vor mich hin und stand auf. Ich vergaß ganz, dass ich nicht laufen konnte, fiel hin und krabbelte so auf sie zu.

MorgenröteWhere stories live. Discover now