Tainted Wings {k.sj} - #Wattys2020

➰44th Chapter➰

„Alle Studentinnen und Studenten in fünf Minuten auf die Bühne!", rief einer ihrer Professoren durch den Wartebereich und gleich wurde das Gewusel ungeordneter.

Danbi ließ sich davon nicht beeindrucken, da sie ihre Robe bereits trug, ihr Make-up saß und ihre Bekannten von der Uni um sie herum saßen. Etwas aufgeregt war sie schon, schließlich war heute der Tag gekommen, auf den sie hingearbeitet hatte. Ihre Eltern saßen im Publikum und würden hoffentlich etwas stolz sein, wenn sie ihre Adoptivtochter dabei beobachteten, wie sie ihren Abschluss machte. Doch vor allem spürte sie eine allumfassende Friedlichkeit in ihren Inneren, die ihre Aufregung überdeckte. Endlich hatte sie es geschafft, obwohl sie so oft kurz vorm Aufgeben gewesen war. All ihre Anstrengung hatte sich nun ausgezahlt. Sie würde die Uni mit besonderer Auszeichnung absolvieren und hatte sogar schon einen Job, so glücklich konnte sich nicht jeder schätzen. Nur schade, dass die Jungs nicht kommen konnten, aber das konnte auch keiner verlangen...

Fünf Minuten waren schnell vergangen und die Studenten machten sich daran, sich in alphabetischer Reihenfolge auf die Bühne zu begeben. Applaus ertönte, als sie die Bühne betraten und sich in mehreren Reihen aufstellten, doch die Scheinwerfer blendeten sie so sehr, dass keiner von ihnen das Publikum sehen konnte. Der leitende Professor für ihr Fach hielt noch eine kleine Ansprache, bevor der erste Student aufgerufen wurde und seine Urkunde erhielt. Die Reihen der Studenten lichteten sich, bis Danbis Name aufgerufen wurde und sie ihren Weg zu ihrem Professor antrat.

„Herzlichen Glückwunsch, Sie haben diese Universität wirklich bereichert.", sagte der mittelalte Mann, schüttelte ihre Hand und übergab ihr dann die Urkunde, welche sie dankend annahm.

Die Rothaarige konnte nicht anders als zu lächeln und dieses Lächeln würde ihr Gesicht wohl so schnell nicht verlassen, denn die Zufriedenheit, die sie gerade fühlte, war unbeschreiblich. Es war wie ein Rausch, der sie aufleben ließ und sie wollte, dass dieses Gefühl für immer anhielt; dass nicht nur das Tanzen ihr dieses Gefühl geben konnte.
Applaus ertönte erneut, als sie die Bühne verließ und sich zu den anderen Studenten ins Publikum setzte.
Zärtlich, als könnte das Papier leicht zerreißen, fuhr sie mit ihren Fingern über die Urkunde und ihre Augen glitten mit Stolz über die Schrift ‚mit besonderen Auszeichnungen bestanden' . Wer hätte gedacht, dass sie so weit kommen würde....
Sie war nach Korea gekommen, allein, gebrochen, ohne jegliche Perspektive und nun... nun saß sie hier, in dieser privilegierten Uni mit ihren Abschluss in der Hand. Sie hatte etwas aus dem zerstörten, kleinen Mädchen gemacht, sie hatte gekämpft.

Zum Ende der Veranstaltung hin, hielt ihr Professor noch ein Abschlusswort, das sie alle zu Tränen rührte und dann war es soweit. Danbi war offiziell keine Studentin mehr.
Obwohl sie nie eine familiäre Bindung zu ihren Adoptiveltern gespürt und sie auf Abstand gehalten hatte, erwischte sie sich nun dabei, wie besessen nach ihnen zu suchen und, nachdem sie sie gefunden hatte, zu ihnen zu rennen, um sie freudestrahlend zu umarmen. Es war eine nette Geste, dass sie gekommen waren und Danbi war ihnen dafür wirklich dankbar.

„Herzlichen Glückwunsch zum Abschluss, Danbi! Du bist so hübsch geworden und du hast deine Urkunde und... ich bin so stolz auf dich, meine Kleine!", sabbelte ihre Mutter los und zerquetschte die Größere beinah.

Erst jetzt fiel ihr auf, wie lange sie ihre Eltern nicht mehr gesehen hatte... Ihr Vater, ein großer Mann mit attraktiven Gesichtszügen und vollem Haar, hatte mittlerweile graue Haare an Nacken und Schläfen. Ihre Mutter, eine kleine Frau mit einem zarten, freundlichen Gesicht, strahlenden Augen und einem Pixie-Cut, bekam langsam kleine Fältchen um die Augen. Ehrlich gesagt, ihre Mutter hatte sie schon etwas vermisst und sie genoss es, dass sie heute vor dem mitleidigen Blick verschont blieb.