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Schwitzend schlage ich auf den Boxsack ein. Es ist still. Man hört nur das klatschende Geräusch, wenn meine blanken Fäuste auf das Leder treffen.
Ein stechender Schmerz zuckt durch meine Hand, als ich falsch aufkomme.
"Ich hab dir doch gesagt, du musst dein Gewicht besser verlagern. Und aus reiner Aggression zuzuschlagen, ist auch nicht gut. Du musst lernen es zu kontrollieren."
Genervt rolle ich mit den Augen. Ich habe nicht bemerkt, dass Steve in den Trainingsraum gekommen ist.
Ich mag Steve, aber seine Anweisungen bezüglich alles was ich mache, nerven.
Er ist mein Mentor und Trainer. Das nimmt er wirklich sehr ernst. Er erstellte mir einen Trainingsplan, kontrolliert was ich esse und trinke und zwingt mich jeden Morgen um 6 Uhr aufzustehen. Mich wundert es, dass er nicht auch noch plant, wann ich auf die Toilette zu gehen habe.
Ohne Steve zu beachten, schlage ich weiter auf den Sack ein.
"Ohne Aggressionen macht es doch keinen Spaß", höre ich eine tiefe und raue Stimme sagen.
Sofort richte ich mich auf und plane jeden weiteren Schlag.
Zwei Hände fassen meine Hüften und drücken mich in die richtige Haltung.
Sofort beginnt mein Herz noch schneller zu schlagen, als es vom Sport sowieso schon tut.
Mit einem kleinen Blick über die Schulter, sehe ich blonde Haare.
Die Enttäuschung ist mir mit Sicherheit anzusehen.
Schwer atmend lasse ich die Fäuste fallen.
"Ich bin fertig für heute und überlasse den Raum euch. Ich bin duschen."
Ich sehe mich um und versuche ohne jeden weiteren Blickkontakt mit Bucky das Zimmer zu verlassen.
Als ich schon zur Tür raus bin, fällt mir ein, dass ich noch meine Trainingstasche holen muss.
Ich öffne noch einmal die Tür und laufe zur Bank am hinteren Ende des Raumes.
Mittlerweile sind Bucky und Steve in ein Gespräch vertieft. Es geht um heute Abend.
"Du könntest dir heute eigentlich mal wieder eine klarmachen. Das mit Sharon ist schon ewig und drei Tage her." Bucky macht Klimmzüge an einer höher gelegenen Stange. Dabei spannen sich seine Brustmuskeln an und zeichnen sich durch sein graues Sportshirt ab. Ich versuche die aufkommende Hitze zwischen meinen Beinen zu unterdrücken, als Steve antwortet:"Ich weiß nicht. Ich möchte keinen One-night-stand."
Bucky lacht.
"Wer möchte bitte keinen One-night-stand? Ich wette mit dir sogar D/N hätte gerne einen."
Ohne den Kopf zu heben, stecke ich mein herumliegendes Hab und Gut in die Tasche, meine Backen heiß wie Feuer.
"Ich bin schon alt. Ich brauche was festes. Und in dieser Bar... Ich bezweifele, dass ich das fort finde."
Bucky lässt die Stange los und landet fest und bestimmt auf beiden Füßen.
Mit den Worten "Ich finde heute meine Beschäftigung für diese  Nacht" kommt er auf mich zu und greift nach seiner Wasserflasche, welche auf der Bank steht.
Ich habe gar nicht bemerkt, dass ich gestarrt habe. Hastig wende ich den Blick ab und stopfe meine Jacke in die Tasche.
Ganz beiläufig Frage ich:" Wo geht's denn heute hin?"
Ich bin schon oft mit Steve und den anderen feiern gegangen, aber nie hatte ich das Glück, dass Bucky mit am Start war.
"Da gibt es so eine Biker-Bar, fünf Blocks weiter. Da kommt gute Musik und keiner geht einem mit Getanze auf den Sack."
Mit einem Schulterzucken sage ich:
"Ich hab heute Abend noch nichts vor."
Bucky, der gerade die Flasche angesetzt hat, verschluckt sich und beginnt zu husten. Steve stoppt mit den Liegestützen und kommt zu uns, um Bucky auf den Rücken zu klopfen.
Verwirrt schaue ich die beiden an.
Bucky kommt wieder zu Atem und lacht.
"Niemals. Du? In dieser Bar? Sorry, aber dazu bist du viel zu zart."
Ich hebe meine Tasche auf und gebe patzig zurück:"Stille Wasser sind tief!"
Die beiden fangen nur noch mehr an zu lachen.
Mein Herz zieht sich zusammen und ich drehe mich um und gehe.

Stille Wasser sind tiefWhere stories live. Discover now