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Ich höre nichts anderes, als das laute Dröhnen des Motorrads, auf dem ich sitze. Ich spüre den kühlen Fahrtwind an meinen Händen. Aber kalt wird mir nicht. Im Gegenteil, ich schwitze vor Aufregung.
Was wird Bucky wohl sagen, wenn er mich sieht? Wird er mich wieder auslachen?
Als ich neben anderen Motorrädern zum Stillstand komme, verwerfe ich diesen schrecklichen Gedanken mit einem Kopfschütteln.
Jetzt ist es zu spät, um zu kneifen.
Ein wenig unbeholfen steige ich vom Rad und rasste es ein.
Schwungvoll nehme ich den Helm ab und stecke in unter den Sitz.
Beim richten meines Outfits und der Haare, bemerke Ich, dass mich die außenstehenden Raucher anglotzen.
Ich laufe an ihnen vorbei und ein fetter bärtiger Mann mit Lederjacke pfeift mir hinterher.
Wenn ich mich recht entsinne, ist es das erste Mal, dass mir jemand nachpfeift.
Ein gutes Gefühl, auch wenn man bedenkt, das der Pfeifer total abartig ist.

Warme, verbrauchte Luft kommt mir entgegen. Ich stehe an der Tür und verschaffe mir einen Überblick.
Der Laden ist gut gefüllt. Eine lange, rustikale Theke zieht sich rechts durch den Raum. Auf einer höher gelegten Etage stehen Billiardtische. Im hinteren Teil verläuft eine Treppe in das obere Geschoss. Schummriges Licht erhellt die Bar. Überall stehen Tische und Stühle.

Ich lasse den Blick durch die Menge schweifen und sehe Steve an einem Tisch mit ein paar anderen Jungs stehen. Und mit dem Rücken zu mir ... Buck!
Ich versuche, meine schweißnassen Hände an mir abzuwischen, was durch das Leder nicht funktioniert.
Ich atme nochmal tief durch und setze mich in Bewegung.
Ohne den Blick von der Bar abzuwenden, laufe ich darauf zu.
"Hey Kleine, was darf's denn sein?"
Die Barkeeperin schaut mich abschätzig an. "Ein Bier bitte", antworte ich selbstbewusst.
Ich fühle mich wie Sandy aus dem Film Greace, die sich in ein Bad Girl verwandelt, um ihrem Traumtypen zu gefallen.
Die Barkeeperin setzt mehr auf Freizügigkeit, wie mir scheint.
Sie trägt ein verwaschenes Shirt einer mir unbekannten Band, es ist an ihrem üppigem Ausschnitt ein wenig aufgerissen. Es ist kurz. Ihr Bauchnabelpiercing kommt zur Geltung, da sie eine tiefe Jeans trägt.
Sie dreht sich um, um meiner Bestellung nachzukommen.
Möglichst unauffällig drehe ich mich nach links, um Bucky zu stalken.
"Macht 6,50."
Die Thekenlady muss lauter werden, damit ich sie verstehe.
Ich bezahle und sie lächelt mich bemitleidend an.
"Versuchs erst gar nicht, Schätzchen. Der ist ein harter Brocken. Aber sein schwarzhaariger Kumpel, der ist flirtfreudig. Aber leider schon meins."
Sie muss wohl bemerkt haben, in welche Richtung ich geschaut habe, aber denkt, dass ich es auf Rogers abgesehen habe.
Ich nehme ein großen Zug des Bieres. Es ist herb und bitter und ich muss mich anstrengen, es zu schlucken.
Mein erstes Bier also.
Abartig.
Vorsichtig wische ich meine Lippen ab, darauf bedacht, meinen Lippenstift nicht zu verschmieren.
Ich zwinge mich zu einem Grinsen.
"Mal sehen, ich habe ein Talent bei harten Brocken."
Das Wort Hart betone ich besonders.
Sie zeigt mir ihre etwas gelben Zähne und stellt zwei Shotgläser vor mich auf den Tresen.
Sie befüllt die beiden mit einer klaren Flüssigkeit und nimmt eines in ihre Hand.
"Auf unser Glück heute Abend, Schätzchen."
Etwas unbeholfen, nehme ich den Shot, stoße mit ihr an und schütte mir das brennende Zeug in den Rachen.
Ich verziehe das Gesicht und halte die Luft an.
Ich hatte vor diesem Bier noch nie Alkohol getrunken und das auch aus gutem Grund.
Unnötig.
Hastig schütte ich Bier nach.
Ich spüre, wie meine Beine leichter werden. Jetzt weiß ich, warum Leute Alkohol trinken. Es fühlt sich gut an.
Ich habe das Verlangen, zu Steve und Bucky rüber zu gehen und mich an Bucks Brust zu werfen.
Ich verwerfe den Gedanken, trotzdem nehme ich mein Bier, zwinkere Mrs. Dekoltè noch einmal zu und stehe auf.
Wackelig komme ich zum Stehen.
Hohe Schuhe und Alkohol - böse Kombi.
Mit Schwung in den Hüften laufe ich durch den Raum zu meinem Ziel. Die Aufregung ist verschwunden und Selbstbewusstsein ist an ihre Stelle getreten. Steves Aufmerksamkeit ist auf mich gerichtet, also werfe ich sexy mein Haar nach hinten und lächle.
Er lächelt freundlich zurück.
So ist er.
Unser Cap.
Immer nett und zuvorkommend.
Aber das möchte ich nicht.
Ich will den Bad Boy.
Der sich nimmt was er will.
Und das Hart.

Stille Wasser sind tiefWhere stories live. Discover now