10. Kapitel: Nathan

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Dienstag, 04. August

Ich war so in Gedanken diesen Morgen, dass ich nicht einmal genau sagen konnte, der wie vielte Kaffee das gerade war, den ich mit einem großen Schluck leerte. Normalerweise war ich gar kein extremer Kaffeetrinker, aber in den letzten Tagen fiel es mir mehr als nur schwer mich nicht meiner neu gefundenen Koffeinsucht hinzugeben. Vor allem nach dem vielen Alkohol an dem einen Abend war es eine kluge Entscheidung lieber auf das braune Getränk umzusteigen, auch wenn doch viel lieber zu etwas Hochprozentigerem gegriffen hätte. Sarah brachte mich noch zur Weißglut und ich ertappte mich immer öfter dabei, wie schlimme Gedanken meinen Verstand kreuzten, von denen ich nicht sicher sagen konnte, woher sie kamen.

Der Streit mit Sarah war nun schon eine ganze Weile her. Ich hatte sie lange nicht mehr gesehen, geschweige denn richtig mit ihr gesprochen. Die Stimmung war recht eisig seit der Nacht und den Vorkommnissen mit dem Hawaiianer am Strand. Sarah war kaum noch hier bei mir, aber vermutlich war das auch besser so. Trotzdem interessierte es mich brennend, wo sie sich herumtrieb. Ich hatte noch nicht wirklich die Gelegenheit gehabt, um sie das zu fragen. Sie war schließlich nur noch zum Schlafen da. Zum Essen äußerst selten. Oft verpassten wir uns auch einfach nur, denn natürlich merkte ich es, wenn sie dann mal hier gewesen war. Vielleicht sahen wir uns mal zum Frühstück, aber selbst das verlief ziemlich ruhig und kam äußerst selten vor.

Ich war nicht blöd, ich hatte schon meinen Verdacht mit wem sie sich herumtrieb, aber ich sollte besser nicht so viel darüber nachdenken. Jedes Mal wenn ich daran dachte, begann etwas tief in meinem Innern zu lodern. Etwas, wogegen ich immer stärker ankämpfen musste. Mir ging immer wieder die Frage durch den Kopf, ob ich sie nicht einfach ihr Ding machen lassen sollte, bis sie wieder auf dem Weg zum Festland war. Das würde uns beiden wohl eine Menge Ärger ersparen und mich nicht weiter in Versuchung führen.

Es klingelte und ich erschrak so, dass ich beinahe meine Tasse fallen gelassen hätte. Rasch wischte ich mir den verschütteten Kaffee mit dem Handrücken vom Mund, stellte die Tasse ab und ging zur Haustür. Ich ignorierte den Türspion, bereute es aber schon in dem Moment, in welchem ich erkannte, wer mich da schälmisch anlächelte.

„Liz? Was machst du denn hier?", stöhnte ich fast schon und tat mir schwer damit, dem Impuls zu widerstehen, ihr einfach wieder die Tür vor der Nase zuzuschlagen.

„Was soll das denn bitte für eine Begrüßung sein, sag mal? Erst meldest du dich eine Ewigkeit nicht, obwohl du es mir versprochen hattest und dann das?", schmollte die schlanke Brünette mit den langen Beinen, die ich schon immer sehr anziehend an ihr gefunden hatte. Zugegebenermaßen musste ich erst einmal schlucken, aber jetzt war definitiv keine Zeit für so etwas.

„Das waren gerade einmal zwei Tage", brummte ich leise und ohne dass sie es hören konnte. „Das hat nichts mit dir zu tun, Liz. Ich habe gerade wirklich keinen Kopf dafür", erklärte ich diesmal so laut, dass sie es auch hören konnte. Genervt versuchte ich, den Spalt zwischen Tür und Schloss wieder etwas zu verringern, doch natürlich würde es nicht derart leicht gehen. In weiser Voraussicht war nun ein hochhakiger roter High-Heel dazwischen.

„Ja und? Den brauchst du dafür ja auch nicht", gab sie frech zurück, nutzte meinen kurzen perplexen Moment aus und drückte sich an mir vorbei in mein Apartment.

„Nicht jetzt! Komm lass das!", versuchte ich sie zurückzudrängen, als sie die Tür hinter sich schloss, mir eine Hand auf die Brust legte und mich gezielt an die Wand drückte.

„Also letztes Mal fandest du es toll, wenn ich mich richtig daran erinnere", säuselte Liz und wanderte mit ihrer freien Hand zu meiner Gürtelschnalle, während sie sich mit vollem Körpereinsatz an mich warf.

Keepers of Fate [abgeschlossen] #UrbanFantasyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt