16. Kapitel: Nathan

213 14 4
                                    


Mittwoch, 18. Februar - 1856

Oh, wie ich diese Art von Bälle hasste. Immer dieses ganze pompöse Getue und das wild-freche Geplapper von all den Frauen hier, die mit einer derartigen Offensichtlichkeit versuchten einen Mann aufzugabeln oder gar einen Kandidaten zum Heiraten zu finden.

Seufzend lehnte ich mich noch weiter auf die Bar und nippte desinteressiert an dem ganzen Spektakel hier an meinem Bourbon. Ich hätte längst den Überblick darüber verloren, wie viel Alkohol ich bereits intus hatte.

„Da bist du ja", kam es plötzlich von dem Barhocker neben mir.

Ich hatte gar nicht bemerkt, dass sich jemand zu mir gesellt hatte. Mein Hirn musste mittlerweile doch schon gut benebelt sein von alle dem Alkohol, in dem ich mal wieder ohne Erfolg versuchte meinen Kummer zu ertränken. Dennoch versuchte ich es immer wieder.

„Schön, dass du auch so langsam mal auftauchst. Nur wegen dir bin ich schließlich gekommen", blaffte ich Damien ruppig an, doch der lachte nur.

„Na du hast aber wieder eine wundervolle Laune, Nathan", gestand er mir und bestellte sich bei dem Barkeeper ebenfalls erst einmal einen Bourbon.

„Ich dachte du hättest aufgehört", bemerkte ich beiläufig und kippte den nächsten großen Schluck meine Kehle hinab. So, als ob es einfach nur harmloses Wasser wäre.

„Wer sagt denn so etwas? Nein, in unserem... Metier kann man nicht einfach so ohne Alkohol leben. Das solltest du doch besser als kein anderer wissen", erklärte er mir und ich wusste, dass er recht hatte. „Noch keine Dame zum Tanzen gefunden?", lenkte er nun ein und sah mich fragend an, während ich einfach nur mit den Eiswürfeln in meinem beinahe schon wieder leeren Glas herumspielte.

„Du solltest doch eigentlich wissen, wie sehr ich es hasse zu tanzen. Außerdem bin ich heute noch weniger dazu in der Stimmung, als ich es sonst eh schon immer bin", knurrte ich und seufzte in mein Glas. „Du wolltest doch, dass ich hierherkomme. Also, ich bin hier. Mehr kannst du nicht von mir erwarten", fügte ich immer noch ins Glas nuschelnd hinzu, doch er hatte es wohl trotzdem verstanden, denn er nickte nur.

„Wusstest du eigentlich, dass sie auch da ist?", platzt es nach einigen verstrichenen Momenten aus ihm heraus, in der wir nur der nervtötenden Musik gelauscht hatten.

Als ich das hörte, verstand was er meinte, konnte ich einfach nicht verhindern, dass sich der Griff um mein Whiskeyglas schlagartig so sehr verstärkte, dass es in meinen Händen in tausende Teile zersprang. Da sonst nur weiter in der Ecke Männer an der Bar saßen, hatte das bis auf den Barkeeper keiner bemerkt, doch dafür starrte mich dieser vollständig entgeistert an, doch ich beachtete ihn nicht weiter. Meine Aufmerksamkeit galt Damien.

„Bitte was? Das hast du nicht wirklich getan", fauchte ich Damien wütend an, der mir Zeichen gab, wieder etwas leiser und unauffälliger zu werden.

„Ich habe gar nichts getan. Sie war sowieso schon hier, ich habe nur noch dich hierher lotsen müssen", gestand er und zuckte nur überrascht über meine Reaktion mit den Schultern.

„Dummer junger Keeper! Du verstehst überhaupt nichts! Es ist besser so wie es war. Wieso musst du dich da überhaupt einmischen, verflucht?", zischte ich, versuchte aber tatsächlich meine Stimme etwas leiser zu halten als zuvor.

Aus den Augenwinkeln sah ich, wie der Barkeeper nur mit dem Kopf schüttelte, irgendetwas Unverständliches murmelte und dann schlussendlich begann, die Scherben soweit es ging etwas zusammenzukehren. In die Nähe meiner Hände traute er sich aber nicht, die ich bisher keinen Zentimeter bewegt hatte. Der Alkohol rann über meine offenen Glasschnitte und es brannte wie Feuer, aber dennoch bewegte ich sie nicht.

Keepers of Fate [abgeschlossen] #UrbanFantasyWo Geschichten leben. Entdecke jetzt