22. Kapitel: Sarah & Nathan - Teil 2

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„Nate! Wenn du so weitermachst, tötest du ihn, verstehst du das? Willst du es wirklich aufs Spiel setzen, mich auf ein Neues so weit von dir zu stoßen, dass du nie mehr eine Chance haben wirst von mir Vergebung zu erlangen? Glaubst du etwa wirklich, dass ich dich jemals wieder ansehen könnte, ohne daran zu denken, was du ihm angetan hast, wenn du das wirklich tust?", sagte ich laut und deutlich und möglichst so, dass ich ihm direkt ins Gewissen reden konnte, bei dem ich mir nach der Nummer im Haus eigentlich ziemlich sicher war, dass es immer noch da war – die Frage war lediglich, ob es sich noch rechtzeitig durchsetzen konnte und das machte mir Angst.

Zu meiner großen Überraschung hielt Nate sogar kurz inne, sah mich dabei aber nicht an – er schien aktiv zu überlegen, nachzudenken über das, was ich ihm gerade an den Kopf geworfen hatte, doch offensichtlich hatte ich es nicht geschafft ihn zu überzeugen.

„Nein", knurrte er erneut mit dieser Stimme, die ich glücklicherweise bisher nur sehr selten von ihm gehört hatte bisher – es brach mir das Herz mit ansehen zu müssen, wie das alte Muster wieder die Oberhand über ihn zu gewinnen schien.

Unbehelligt machte er weiter. Ich flehte ihn am Ende nur noch an, endlich damit aufzuhören, doch er hörte nicht. Jetzt kam die panische Angst zurück, dass ich es nicht schaffen würde, ihn wieder runter zu bringen. Dass ich versagen würde – mein ganzes Selbstvertrauen war von jetzt auf gleich wie weggewischt und eine gewisse Leere machte sich in mir breit, die mich immer mehr verzweifeln ließ. Egal wie, ich musste es verhindern. Aktuell war ich mir auch nicht mehr sicher, ob Kaden überhaupt noch bei Bewusstsein war oder ob Nate ihn bereits gut genug bearbeitet hatte. Das musste aufhören, jetzt, sofort. Mir würde Nate schon nicht wehtun und selbst wenn: Es wäre mir egal. Ohne noch länger zu zögern sprang ich auf ihn zu und packte ihn am Arm, um in zurückzuhalten – keine Ahnung, ob das eine gute oder sau dumme Idee gewesen war, aber einen Versuch war es wert. Ich schrie und schlug dabei parallel auf ihn ein und wartete darauf, dass ihn diese radikale Aktion endlich von Kaden abbringen würde.

Diese fesselnde Wut, die Rage, der Zorn... Es gab keine Möglichkeit für mich daraus auszubrechen. Ich kannte dieses Gefühl nur allzu gut, wusste, dass sie sich an mir rächen wollte, indem ich diesem Jungen das Leben nahm, um so einen riesigen Keil zwischen mich und meine Nichte zu treiben, dass es für uns in Zukunft keine Hoffnung mehr geben würde. Das war exakt das, was Sarah mir gerade auch gesagt hatte. Ich verstand sie, hörte ihre Worte, mir wurde schlecht dabei, wenn ich daran dachte, dass ich es gerade erst geschafft hatte, sie einigermaßen wieder für mich zu gewinnen und sie möglicherweise schon wieder zumindest etwas angefangen hatte mir zu vertrauen, doch all das würde ich auf einen Schlag wieder zunichtemachen und ich konnte rein gar nichts daran ändern, so sehr ich es auch wollte. Ich hatte schon wieder aufgegeben, bevor es so richtig begonnen hatte – für diese Feigheit könnte ich mich bis in alle Ewigkeit selbst verprügeln, aber das Wissen, dass es rein gar nichts geändert hätte, lähmte mich.

„Komm schon! Lass es sein! Du musst dagegen ankämpfen! Tu es für mich, bitte! Nate!", bettelte mich meine süße Nichte an, während sie wie wild an mir herumzerrte, doch ich schüttelte sie ohne Probleme von mir ab und beförderte sie zurück in den Dreck – es war wie ein Impuls, der nur das ausführte, was mir diese sehr präsente Stimme im Kopf sagte.

„Sarah, es... tut mir so leid ich... komme nicht dagegen an", stammelte ich beinahe, als ich es endlich schaffte, meine eigene Stimme für einen kurzen hellen Moment sprechen zu lassen – mir war bewusst, dass es das nicht besser machen würde, aber auf eine seltsame Art und Weise verschaffte mir das ein befreiendes Gefühl, zumindest ansatzweise.

„Du musst! Versuch es! Du kannst es schaffen!", meldete sich jetzt eine weitere Stimme zu Wort – die von Sam.

Ich hatte innigst gehofft, dass sie das nicht auch noch mitansehen musste, aber das war wohl törichtes Wunschdenken gewesen.

Keepers of Fate [abgeschlossen] #UrbanFantasyOnde as histórias ganham vida. Descobre agora