Kapitel 4

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Seokjin PoV

Schon eine Stunde, bevor sein Wecker klingelte, war er wach. Unruhig wälzte er sich umher, versuchte eine bequeme Schlafposition zu finden. Aber irgendwie schien ihn alles zu nerven, seine Decke, das Kissen, sogar die Farbe seiner Gardinen.

Missmutig warf er einen Blick auf den Wecker, der auf einem kleinen Nachttisch neben seinem Bett stand, und vergrub darauf sofort seinen Kopf wieder in seinem Kissen. Halb sechs? Wollte sein Körper ihn eigentlich verarschen? Er hatte nur knappe sieben Stunden geschlafen!

Heute Nachmittag würde er schlechte Laune bekommen, dass wusste er jetzt schon. Schlafmangel war nicht nur schlecht für's Aussehen und für die Gesundheit. Auch seine Laune war dann immer gewaltig angekratzt und er wurde zu einem zickigen Monster.

Er kannte das schon von sich. Da er ja sowieso nicht einschlafen konnte, schlug Seokjin die Decke weg und streckte sich, bis seine Knochen knackten. Wenn er jetzt eh schon wach war, konnte er sich genauso gut nützlich machen. Nicht, dass er das sonst nicht tat, aber jetzt hatte er wenigstens noch seine Ruhe in der Küche. Namjoon würde erst in einer Stunde auftauchen und die anderen noch später.

Er schlüpfte in seine pinken Hausschuhe und schlurfte aus seinem Zimmer. Kam war er aus seinem Zimmer getreten und hatte die Tür zugezogen, da wunderte er sich, warum die Tür gegenüber nicht geöffnet war. Die Tür zum Gästezimmer, war normalerweise immer geöffnet, wenn sie keine Gäste hatten.

Doch da viel es ihm wieder ein. Seit gestern hatten sie ein neues Familienmitglied. Er schlug sich gegen die Stirn. Wie hatte er das nur vergessen können? Doch eigentlich konnte er sich die Antwort selbst geben.

Die Wahrheit war: Er konnte es selbst immer noch nicht so wirklich glauben, es hatte sich wie ein Traum angefühlt. Ein realer Traum, der trotzdem nur ein Traum blieb. Eine Wunschgestalt entsprungen aus seiner eigenen Fantasie. Fast lautlos drückte er die Türklinke herunter und warf einen Blick in das dunkle, geräumige Zimmer.

Das einfache Bett stand genau gegenüber der Tür und er hatte so einen perfekten Blick auf das zusammengerollte Knäul aus Armen und Decken, das er ab heute seine Tochter nennen durfte. Zugegeben, er hatte sich das ein wenig anders vorgestellt, hatte sich zwar Kinder gewünscht, aber nur mit jemandem, den er aufrichtig liebte und bei dem er bereit war, ihn für den Rest des Lebens zu lieben.

Ein Kind bedeutete Verantwortung, ein Leben lang. Es endete nicht damit, dass das Kind volljährig wurde. Mein umsorgte es ein Leben lang, war ein Leben lang für es da. Und das war der Punkt, der Seokjin ein wenig Angst machte, als er die Endgültigkeit verstanden hatte, die Mira bedeutete.

Endgültige Verpflichtung als ihr Vormund, endgültige Umsorgung als Vater. Vater? Stimmt, er wusste gar nicht so genau, wie Mira sie jetzt alle definierte. Waren sie alle ihre Väter? Oder einfach nur Vormunde? Noch einmal warf er einen Blick auf das kleine Mädchen, das sich da tief in der Matratze vergraben hatte und ein mitleidiges Lächeln zierte seinen Mund.

Sie hatten ihr Leben ruiniert. Sie würde nie ein normales Leben führen können. 17 Millionen Menschen kannten nach einem Tag schon ihr Gesicht, dank dem Tweet von Namjoon und bald noch mehr, sobald die ersten Nachrichten des Tages ausgestrahlt wurden.

Sie würde niemals eine richtige Schule besuchen können und immer sofort mit ihnen in Verbindung gebracht werden. Da er seine eigenen Gedanken nicht mehr ertragen konnte, zog er eilig die Tür zu und machte sich auf den Weg in die Küche.

Sie war sein Lieblingsplatz in der ganzen Wohnung, von seinem eigenen Zimmer mal abgesehen. Sie war groß und geräumig und hatte eigentlich viel mehr Platz zu bieten, als sie eigentlich bräuchten. Wenn man in die Küche trat, gab es rechts neben der Wand einen Durchgang zwischen Wand und Küchenmöbeln, durch den man in das viel zu große Esszimmer kam.

The adopted childWhere stories live. Discover now