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"Ms. Lucinda Thornton heiraten?!", fragte Bailian entsetzt und stierte seinen Onkel mit purer Verständnislosigkeit an. Er klammerte sich an das Whiskeyglas in seiner Hand und versuchte, aus dem eben Gesagten einen Sinn zu erfassen, so unmöglich das auch schien.

"Ich denke kaum, dass dein Gehör hier auf dem Lande Schaden erlitten hat", bemerkte Lord McLocklyn sarkastisch und Bailian stellte fest, dass mit seinem Onkel bezüglich dieser Thematik absolut nicht zu spaßen war.

"Aber wieso sie? Ihr fehlt es an Rang, an Bildung, an..."

"Sie ist in der Umgebung eine angesehene Partie, hat ein gutes Aussehen und es wird meine Position als populärer Landadeliger stärken", gab der Onkel ohne Scham die Beweggründe hinter dieser Entscheidung zu.

"Eine angesehene Partie? Sie ist nicht adelig, ich jedoch schon. Ich kann nicht unter meinen Stand heiraten!", argumentierte Bailian, versuchte mit allen Möglichkeiten, sich gegen das Vorhaben seines Onkels zu wehren.

"Du kannst und du wirst, Bailian. Eine Heirat mit einer Lady zu erwarten wäre in Anbetracht deines momentanen Rufes eine Utopie!"

"In ein paar Jahren sieht es mit meinem Ruf womöglich anders aus?"

"In ein paar Jahren könnte sich das Dorf gegen mich und meine Familie gewendet haben. Du kannst es dir selber verdanken." Die buschigen Augenbrauen des Lords fielen vor lauter Unzufriedenheit weiter und weiter nach unten, verdeckten fast gänzlich das wütende Funkeln seiner Augen.

Bailian schüttelte den Kopf und ließ den Blick schweifen. Sein Onkel hatte schon immer bei wichtigen Angelegenheiten die Gespräche in die Bibliothek statt in sein Arbeitszimmer verlegt, um die Kontrahenten dazu zu bringen, sich zu entspannen und ihre Verteidigung fallen zu lassen. Es hätte ihn warnen sollen, dachte er bitter.

"Ich habe schon eine Verlobung gelöst", hörte er sich dann selber sagen. "Ich hätte keine Skrupel, es ein weiteres Mal zu tun."

"Ich brauche dir wohl nicht zu sagen, dass du in der Schuld meiner Familie stehst, Bailian", erwiderte Lord McLocklyn völlig unbeeindruckt und Bailian konnte es kaum glauben. Erst schien der Onkel aus reiner Gutmütigkeit und Hilfsbereitschaft sein Heim für ihn zu öffnen, aber wie immer ging es um seinen eigenen Gewinn.

"Des Weiteren haben dein Vater und deine Mutter, meine alles geliebte Schwester, mich gebeten, alles in meiner Macht Stehende zu tun, um dir nach deinem skandalösen Verhalten ein gutes Leben zu bescheren und dir Möglichkeiten für die Zukunft zu eröffnen, obwohl du nicht nur deinen eigenen Ruf, sondern auch den deiner Familie in den Schmutz gezogen hast. Sobald sie meinen Brief erhalten, in dem ich ihnen von meinem Vorhaben berichte, werden sie mir sicherlich zustimmen."

Bailian wollte einen neuen Protest aussprechen, der Onkel jedoch ließ ihn nicht. "Solltest du wider Erwarten nicht gehorchen, wird dir dein jährliches Einkommen vom Gut deines Vaters genommen werden, du wirst nicht mehr unter dem Schutz der McLocklyns und deines Vaters stehen und der Adel in London wird dir unweigerlich den Rücken kehren. Auf dieser Weise hast du wenigstens noch die Möglichkeit nach London erhobenen Hauptes und mit einer schmucken Braut zurückzukehren."

Die Stille, die darauf herrschte, schien schwer wie Blei. Bailian sank tiefer in seinen Sessel, jegliche Kraft wich von ihm, als die Tragweite dieses Plans ihm gänzlich aufging. Sein Onkel schien alles ganz genau ausgefeilt zu haben.

"Wieso kann Tobias sie nicht heiraten?", startete er einen letzten Versuch, um sich aus der Ehe mit Ms. Thornton zu schlängeln. Der Onkel jedoch hob nur eine Augenbraue und antwortete auf die Frage gar nicht.

Bailian wusste wieso. Für Tobias war sie nicht gut genug, in Anbetracht seiner Geschäfte und seines Ansehens reichte sie für seinen Neffen aber allemal.

"Die Hochzeit wird in zwei Wochen stattfinden. Mehr gibt es dazu nicht zu sagen", beendete Lord McLocklyn das Gespräch und Bailian wusste, dass es vorbei war. 

"Oh doch, eines noch. Ich habe Mr. Thornton mein Wort gegeben, dass du seine Tochter gut behandeln wirst." Dem schmierigen Grinsen nach zu urteilen, war das Versprechen seines Onkels reine Schau. 

Mit einem Ruck stand Bailian auf, knallte sein Glas auf den Schreibtisch seines Onkels, sodass die braungoldene Flüssigkeit über den Rand schwappte, und marschierte mit langen, wütenden Schritten aus der Bibliothek.

"Wo gehst du denn hin?", fragte Tobias, der in dem Moment aus dem Salon trat.

"Ich mache einen Ausritt", knurrte Bailian und verließ das Haus.

Er bereute, dass er jemals zugestimmt hatte, die Almosen seines Onkels anzunehmen, solange in der Stadt über ihn geredet wurde. Er bereute seinen waghalsigen Ausritt, bei dem er gestürzt war und der dazu geführt hatte, dass die Thorntons sich seiner angenommen hatten. Und er bereute es zutiefst, sich von Tobias überreden lassen zu haben, die Thorntons als Wiedergutmachung seines Verhaltens einzuladen.

Wenn nicht, würde er jetzt nicht in dieser Misere stecken.

Lucinda Thornton heiraten... Er schnaubte verächtlich, als er den Stall betrat und der Knecht ihm schon sein gesatteltes Pferd brachte. Sie würde auch den Tag bereuen, an dem sie ihn das erste Mal getroffen hatte, dachte er bitter und schwang sich auf seinen Hengst. 

Erfreut sieht anders aus, was? xD Wird sich Bailian das gefallen lassen?

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Erfreut sieht anders aus, was? xD Wird sich Bailian das gefallen lassen?

Eure
Eliza Hart

Lucinda RoseWhere stories live. Discover now