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Taehyung PoV

Mit klopfendem Herzen trat ich von einem Fuß auf den anderen, während ich auf das Einfahren des angekündigten Zuges wartete. Ich fröstelte.

Das Wetter hatte in den letzten Wochen verrückt gespielt, als hätte es sich dabei ein Beispiel an meinem Gefühlsleben genommen. Obwohl der Winter bereits an die Türe klopfte, waren uns noch einige sehr warme, sonnige Tage beschert gewesen.

Tage, an denen ich gehofft hatte, dass Jeongguk sich endlich wieder meldete.

Tage, an denen ich allein an seinem geheimen Ort gesessen und darauf gewartet hatte, dass er eventuell wenigstens dort auftauchen würde, wenn er schon auf meine Nachrichten nicht reagierte.

Ohne ihn war dieser Platz nicht halb so schön.

Mehr Tage verstrichen und das Wetter erlitt weitere Stimmungsschwankungen. Der erste Schnee fiel, doch anstatt sich als dichte, weiße Decke über unser Dorf zu legen, schmolzen die winzigen Flocken kaum sie den Boden berührt hatten, sodass sich eine undefinierbare Masse aus Dreck, Schnee und Schlamm auf den Straßen der Stadt bildete.

Heute Nacht hatte es erneut gefroren und die Matsche zu einer massiven, glitzernden Eisschicht gefrieren lassen, die zwar schön anzusehen war, jedoch das Laufen draußen als regelrechte Herausforderung gestaltete.

Zitternd blies ich etwas Luft zwischen meinen Zähnen hervor und zog Jeongguks Mantel enger. Dieser taugte zwar nicht wirklich bei solchen Temperaturen, aber ich brachte es nicht übers Herz, eine meiner Winterjacken aus dem Schrank zu kramen.

So in seinen übergroßen Mantel gekuschelt, fühlte ich mich ihm immer noch näher, dafür nahm ich das Frieren nur zu gern in Kauf.

Plötzlich hallte der dumpfe Gong über den Bahnsteig, der das unmittelbare Einfahren des Zuges verkündigte.
Mein Herz machte einen Sprung.

Wie lange hatte ich Yoongi nicht mehr gesehen?

Bestimmt einige Monate, so ziemlich genau seit meinem Umzug in dieses Kaff. Unser Verhältnis hatte sehr darunter gelitten, ich war mit meinen Gedanken ständig bei Jeongguk gewesen, zusätzlich belastete es mich, mit Yoongi nicht darüber reden zu können, weil ich ihn mit meiner Erkenntnis nicht überrumpeln wollte.

Außerdem war der Ältere schon immer ein ziemlicher Frauenheld gewesen und ich wusste weder, wie er auf mein Outing noch auf die Tatsache, dass da tatsächlich ziemlich starke Gefühle im Spiel waren, reagieren würde.

Dass es mit Mina anders gewesen war, wusste er. Er hatte mich schon damals öfter damit aufgezogen, ob ich nicht vielleicht einfach asexuell oder ähnliches war, weil mir der Sex mit ihr nicht gefiel.

Yoongi selbst schien in letzter Zeit doch auch recht unkonzentriert und war kurz ab am Telefon. Vielleicht lag es lediglich an einem seiner neuen Tracks, an dem er momentan unermüdlich arbeitete; Yoongi war nämlich leidenschaftlicher Rapper, jedoch kam es gerade dann oft vor, dass er sich in seine Projekte zu sehr reinhängte.

Er war schon immer ein unverbesserlicher Perfektionist und gleichzeitig ein gewaltiges Arbeitstier gewesen; keine unbedingt gesunde Kombination.

Als ich noch in Seoul gelebt hatte, konnte ich ihn zu diesen Phasen wenigstens etwas im Auge behalten, ihm Essen bringen und ihn zwingen sich, nach einer seinen teilweise siebzehnstündigen Studiosessions, endlich auszuruhen und schlafen zu gehen.

Amüsanterweise tat er dies, wenn er gerade frei hatte, fast übermäßig viel.

Yoongi war schon ein spezieller Charakter; sehr direkt und oftmals wirkte er auf Dritte kalt und abweisend – was ich aber auch oft tat – doch in seinem Herzen war er ein ehrlicher, lieber, sorgender und aufrichtiger Mensch und das schätzte ich an ihm, weshalb wir auch schon ungefähr seit ich denken konnte, beste Freunde waren.

DAS LACHEN DER TRAUERWEIDEWo Geschichten leben. Entdecke jetzt