4 | ~Meine Schuld!~

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Ich höre den Regen gegen die Fensterscheibe prasseln.
Es riecht nach Medikamenten. Langsam versuche ich meine Augen zu öffnen. Ich weiß nicht, wo ich bin.
Mit einem Satz schrecke ich hoch. „Kate!", eine warme Hand legt sich auf meine Schulter.
„Ganz ruhig Sophie"
James. Er ist hier. Ich suche den Raum nach ihr ab. Sie ist nicht da. Natürlich ist sie das nicht, sie ist Tod. Meinetwegen.
„Wer ist Kate?", fragt mich James mit sanfter Stimme.
„Sie... Sie... ist niemand."
Mein Herz schmerzt, wenn ich an sie denke.
Es war nicht deine Schuld Sophie! Ich schließe die Augen und atme tief ein.
„Wo bin ich?", meine Stimme ist nicht mehr als ein Flüstern.
Meine Augen sind immer noch geschlossen.
„Du hattest eine Panikattacke. Ich habe dich ins Krankenzimmer getragen."
Er hat was? Meine Wangen werden sofort rot.
Ich schaue hoch in seine Augen. Er mustert mich und er versucht wohl herauszufinden, was ich denke. Ich schaue wieder auf den Boden.
„Was war mit die los Sophie? Du hast mir echt Angst gemacht. Ist alles OK? Soll ich deine Eltern anrufen?", ich schrecke sofort hoch.
„Nein! Bitte rufen Sie nicht meine Eltern an! Mir geht's gut. Ich habe öfters sowas..."
Meine Eltern dürfen auf keinen fall erfahren, dass ich einen Rückfall hatte.
Sie würden mich wahrscheinlich wieder nach Hause holen.
Das war's dann mit Oxford.
James sitzt mir gegenüber, sein blick ruht auf mir.
Seine tiefen dunklen Augen beobachten jede meiner Bewegungen.
Er sitzt mir so nah, dass ich seinen Atem auf meiner Haut spüren kann.
„Es tut mir leid", flüstere ich, in der Hoffnung, er hat es vielleicht nicht gehört. Ich knete vor Nervosität meine Hände.
„Was tut dir Leid?"
Ich wünschte sie wär jetzt hier, hier bei mir.
Oh Kate... Ich vermisse dich so sehr.
Ich merke, wie mir eine heiße Träne über die Wange läuft.
„Es ist meine Schuld.", meine Stimme ist nicht mehr als ein leises Flüstern.
Ich spüre seine Hand auf meiner Wange. Er wischt mir eine Träne mit dem Daumen weg.
„Was ist deine Schuld?", fragt er leise. „Das sie gestorben ist. Kate. Sie ist Tod, meinetwegen.", hab ich das gerade wirklich laut gesagt?
Oh nein.
Das hab ich noch nie jemanden so offen gesagt.
Nicht mal meinen Eltern, geschweige denn Dr. Franks.
Jetzt kann ich die Tränen nicht mehr aufhalten.
Ich springe auf und will raus Rennen.
Das sollte er nicht erfahren!
Doch ich werde kurz vor der Tür von ihm an dem Arm gepackt und er zieht mich in seine starken Arme. Ich presse meinen Kopf gegen seine Brust und lasse die Tränen fließen.
Sanft streicht er mir über den Rücken und sagt immer wieder beruhigende Worte.
Ich fühle mich in seinen starken Armen so geborgen.

Keine Ahnung wie lange mir so da stehen, aber ich löse mich sampft aber entschlossen von ihm.
Seine Augen liegen wieder auf meinen.
Ich halte das nicht aus!
Ich schaue auf den Boden.
„Hast du nicht Unterricht?"
Meine Stimme ist heißer vom Weinen.
„Ich habe die Stunde frei."
Ich räuspere mich und sehe ihn wieder an.
Sei stark!
„Ist es OK, wenn ich jetzt nach Hause gehe? Ich glaube, es ist keine gute Idee, wenn ich für heute hier bleibe."
Er tritt ein Stück zurück, sofort vermisse ich seine Wärme. Seine Augen Mustern nicht wieder von oben bis unten.
„Schaffst du das denn alleine?" Sein Ernst? Sehe ich echt so zerbrechlich aus?
Wo ist eigentlich meine Tasche? Ich suche den Raum nach meinem Zeug ab. Er scheint zu verstehen. „Deine Sachen müssten noch im Raum sein, soll ich sie dir holen?"
„Ja, ich komme mit und ich denke es ist wirklich das Beste, wenn ich gehe." Er nickt und macht die Tür auf. Ganz der Gentleman hält er sie mir auf, ich lächle ihm zum dank schwach an.
Kaum zu fassen, dass ich das alles immer noch nicht überwunden hab.
Wir laufen nebeneinander zum Klassenraum. Sie müssten jetzt Kunst bei Mrs. Schmidt haben. James klopft einmal an die Tür und macht sie auf. Wieder geht dieses obligatorische Seufzen durch die Klasse, Mrs. Schmidt Augen fangen sofort an zu funkeln. Die Arme, sie ist in ihn unglücklich verliebt.
James wechselt ein paar Wörter mit ihr und dann guckt sie mich mitleidig an. Die ganze Klasse guckt zwischen mir und James hin und her.
Marie wirft mir ein besorgten Blick zu. Ich scheine gar nicht gut auszusehen. Nachher muss
ich ihr schreiben was passiert ist, auch wenn ich ihr nicht die ganze Wahrheit sagen kann.
Mein Blick wandert wieder zu James der meine Tasche um die Schulter hängt. Er geht sich einmal durch seine dunklen Haare und alle Mädchen, Mrs. Schmidt eingeschlossen, sehen ihn verträumt an.
Ich gucke auf den Boden und warte darauf, das dieses Zeitlupen Specktakel zu Ende geht.
Das ist doch nicht gesund, so gut auszusehen. Als ich merke, dass er auf mich zukommt, drehe ich mich um und gehe Richtung Tür. Ich spüre seine Anwesenheit nur zu deutlich.
Überraschenderweise, als er neben mir hergeht, legt er beschützend eine Hand auf meinem Rücken.
Bringt er mich jetzt raus?

Seine Hand ruht immer noch auf meinem Rücken als wir an meinem Auto ankommen.
Er mustert erst mein Auto, dann mich. „Ja, ich fahre keinen Luxus Schlitten, aber hey, es ist okay für mich."
Seine Augen ruhen auf meinen. „Du bist so anders, anders als alle Frauen die ich kenne."
Ich muss schlucken. Soll ich das als ein Kompliment nehmen?
„Ist das gut?"
Seine Miene ist kühl.
„Das weiß ich auch noch nicht so genau.", sagt er und macht mir die Tür auf. „Danke James Edward Beaufort." irritiert, dass ich seinen vollen Namen kenne, blinzelt er ein paar mal, aber er fängt sich schnell wieder.
Er nickt. „War mir ein Vergnügen Sophie Miller."
Ich steige ins Auto, lege den Rückwärtsgang ein und gucke ihn noch einmal an. Seine Hände in den Hosentaschen vergraben und sein Blick auf mir ruhend.
Was ist da bloß zwischen uns?
Er ist mein Lehrer und ich seine Schülerin!
Aber ich glaube, es ist schon viel zu spät, denn ich habe mich schon Hals über Kopf in James Edward Beaufort verknallt.
In meinen Lehrer, der wahrscheinlich so vieles mehr ist als das.
Mit diesem Gedanken fahre ich davon und spüre seinen Blick die ganze Zeit auf mir ruhen, bis ich nicht mehr in seinem Blickfeld bin.

TEACH MEWhere stories live. Discover now