Business as usual

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Vollkommen fertig, von seiner ersten Woche an der Universität, ließ sich Jeon Jungkook auf sein Bett fallen, das unter seinem Gewicht zu quietschen begann. Einzelne Federn bohrten sich, gedämpft von der durchgelegenen Matratze, in seinen Rücken und ließen ihn schmerzhaft aufkeuchen. Es war nicht wirklich komfortabel, doch er war heil froh einen Platz im Studentenwohnheim in Seoul bekommen zu haben. Sogar mit dem Kommilitonen, mit dem er sich das Zimmer teilte, verstand er sich bereits blendend, er hatte ihm sogar bei allen organisatorischen Angelegenheiten geholfen. Er konnte sich wirklich glücklich schätzen Park Jimin getroffen zu haben, er war nett, zuvorkommend und putzte sogar immer fleißig die kleine Wohnung, er machte ihm sogar gelegentlich Frühstück. Ein wirklicher Glücksgriff, er hätte es so viel schlimmer treffen können, einen stinkenden, lauten oder unfreundlichen Mitbewohner hätte er wahrscheinlich nicht lange ertragen.

Sanft blies ihm die vergleichsweise kühle Luft des Ventilators entgegen, bevor die Hitze des Tages ihn wieder zu erdrücken drohte. Es war Semesteranfang und der Sommer war immer noch in seiner Unnachgiebigkeit zu spüren. Ein gequältes Knurren verließ seinen Mund und er tastete blind nach der Wasserflasche, die neben seinem Bett stand. Das Zimmer war nicht groß, die Möbel hatten bereits Generationen von Studenten gesehen, der Boden war mit altem Linoleum ausgelegt und die Wände erstrahlten in einem nichtssagenden Weiß. Nur durch Park Jimin hatte der Raum etwas lebendiges, Auf dem Fensterbrett standen zwei kleine Topfpflanzen, zwischen den Betten einer runder Flokatiteppich und auf seinem Schreibtisch ein Foto von der gesamten Familie Park. Jungkooks Hälfte war dagegen immer noch kahl und trostlos, doch es störte ihn nicht, immerhin war er gerade einmal ein paar Wochen an der Universität und hatte mit dem Stoff so viel zu tun, dass ihm die mangelnde Dekoration nicht juckte.

Hilfesuchend noch mit der Hand wedelnd, lag er da, als sich plötzlich die Tür öffnete und sein Mitbewohner, gefolgt von zwei jungen Frauen, herein kam. Das war der einzige Punkt, der ihn an Jimin störte, ständig brachte er Leute mit in ihr Zimmer, gerade Mädchen ließen ihn sich unwohl fühlen. Schnell setzte er sich auf und positionierte sich in Abwehrhaltung auf dem Bett.

Auch das Lächeln des jungen Mannes mit den hellbraun gefärbten Haaren und dem etwas zu großen weißen Shirt, konnte ihn nicht besänftigen. Gackernd folgten ihm die beiden Mädchen, die Jungkook bekannt vorkamen und setzten sich auf das gegenüberliegende Bett. Seit sie den Ventilator hatten, war ihr Zimmer noch mehr zu einem Anlaufpunkt für das ganze Wohnheim mutiert und er hasste es.

„Oppa, es ist so schön kühl hier, am liebsten würde ich für immer bleiben", schnurrte eines der Mädchen, das viel zu kurze Shorts für Jungkooks Geschmack trug. Nicht nur ihre schmachtende Anrede, auch die Drohung, für immer bleiben zu wollen, ließ ihn kurz würgen. „Oh ja", erwiderte die andere, die neben ihr saß, „gerade nachts, es geht gar nicht anders als nackt zu schlafen." Genervt verdrehte der Erstsemesterstudent seine Augen und spürte, wie ihm allmählich wirklich schlecht zu werden schien. Anzügliche Bemerkungen und ihr versucht verführerisches Getue hasste Jungkook am meisten an diesen Mädchen.

Er hatte prinzipiell nichts gegen Frauen, nur der Überschuss an Exemplaren dieser Art auf dem Campus, ließ ihn vor ihnen zurück scheuen. Auch sie waren der Grund dafür, dass er zu keinen Partys an der Universität ging, bereits in den Vorlesungssälen hatte man ihm eindeutige Blicke zugeworfen, einige hatten sogar nach seiner Nummer gefragt oder nach einem Date. Alle waren sie gleich gewesen, uninteressante Personen, die sich versuchten einen neuen Freund oder etwas fürs Bett zu angeln.

Diese Inflation an fürchterlichen Frauen, ließ ihn lieber in seinem Zimmer bleiben und nun verfolgten sie ihn auch hier her, Park Jimin sei Dank.

„Oppa, warum ist dein kleiner Freund so schweigsam?", piepste das Oppa-Mädchen erneut. Jungkook hoffte inständig, dass er damit gemeint war und das Niveau nicht noch einen weiteren Tiefpunkt erreicht hatte. Obwohl die Beschreibung nicht auf ihn zutraf, er war ein ganzes Stück größer als sein Mitbewohner, das Einzige, worauf diese Aussage passte war, dass er jünger war. Doch war er froh, dass Jimin davon absah, dass er ihn Sunbae nennen sollte, dass ließ sie mehr auf einer Stufe erscheinen, was ihm gefiel. Es war ein Vorteil, sich mit ihm ein Zimmer zu teilen, er arbeitete hart und trotzdem half er Jungkook, wenn dieser etwas nicht verstand und den Tränen nahe war, aufgrund des hohen Arbeitspensum, das er sich selbst auferlegt hatte.

„Er ist nur schüchtern", beantwortete sein Mitbewohner lächelnd die Frage, als ihm ein Windhauch entgegen wehte. „Oh, wie süß er ist", gackerte die Andere und ließ ernsthafte Fluchtgedanken in dem Jüngeren aufsteigen. Er fragte sich, warum sie nicht einfach woanders hin gehen konnten, Jimin wusste genau, wie er zu solchen Weibern stand und trotzdem brachte er immer mal wieder welche mit. Plötzlich begann sich Jungkook einen stinkenden, lauten und unfreundlichen Mitbewohner zu wünschen.

Als sich die junge Studentin in den Shorts erhob und zu ihm herüber kam, verkrampfte sich sofort seine komplette Muskulatur. Als sie sich neben ihn auf sein Bett setzte, begann er peinlich berührt das Gesicht zu verziehen. „Das brauchst du doch nicht sein, Süßer", flüsterte sie, während sie eine seiner Haarsträhnen hinter sein Ohr strich. Das war eindeutig zu viel, schnell stand er auf und stand verloren im Raum und sechs Augenpaare starrten ihn überrascht an.

„Ich muss nochmal los, bis später, Hyung", presste er kurz heraus und stürmte förmlich aus der Tür. Bevor er diese schloss, hörte er noch das hohe Gekicher der beiden Mädchen und versuchte wieder zu atmen. Wie sehr ihn diese Aufdringlichkeit ankotzte, leise vor sich hin fluchend, schritt er den Flur entlang, er hatte nicht einmal seine richtigen Schuhe angezogen. Die Gänge im Wohnheim waren lang und von grellen Leuchten an der Decke erhellt, die im hellen Grau gestrichenen Wände und der ebenso farblose Belag des Bodens, ließen sie wirklich trostlos wirken.

Obwohl hier viele Studenten lebten, traf man selten jemanden, zu sehr waren sie mit Lernen beschäftigt, verkrochen sich in ihren Zimmern oder tummelten sich auf dem Campus. Bei den Temperaturen, die derzeit herrschten, waren die meisten draußen unterwegs, legten sich in dem anliegenden Park unter einen Baum und genossen das Sommerwetter.

Seine Hausschuhe schlurften auf dem blanken Boden, als er in die Gemeinschaftsküche ging, immerhin hatte er sein Smartphone dabei, er würde sich einfach hin setzen und ein paar Dokumente für die nächste Woche lesen.

Zu seinem Glück, war die Küche leer, sodass er sich in Ruhe auf einen der hölzernen Stühle niederlassen und die Dokumente durch stöbern konnte. Sei anfänglicher Eifer war noch nicht verflogen und so war er immer noch hinterher, möglichst alles an Wissen in sich aufzusaugen. Beinahe unbemerkt verstrich die Zeit und als das Licht, das durch die Fenster schien allmählich weniger wurde. Immer mehr Studenten begannen sich ihre Instantnudeln zu kochen, was dazu führte, dass Jungkook seine Konzentration nicht mehr aufrechterhalten konnte und beschloss zurück zu kehren. Zufrieden mit sich und was er geschafft hatte, drückte er die Klinke zu seinem Zimmer hinunter und betete still, dass Jimins Besucherinnen endlich weg waren.

Ein Schwall der Erleichterung erfüllte ihn, als er sah, dass sein Kommilitone allein auf dem Bett lag und vertieft in ein Video, auf seinen Laptop starrte. „Na, auch wieder da?", bemerkte er belustigt und drehte sich langsam zu dem jungen Mann in den Pantoffeln und mit dem Smartphone in der Hand um.

„Ja, ich hatte sowieso noch ein paar Texte, die ich lesen musste", antwortete er knapp und setzte sich auf seine Matratze. „Als ob das der Grund war", belächelte ihn der Ältere und warf ihn einen besorgten Blick zu, „du kannst nicht immer allen Leuten aus dem Weg gehen, Jungkook."

Missmutig erwiderte er den Blick, der auf ihm lag, es war nicht so, dass er mit niemanden sprach, er hatte immerhin Jimin und Seokjin, der ihm als Campusführer im ersten Semester zugeteilt worden war. „Du übertreibst", maulte er und ließ sich rücklings fallen, bereute es jedoch sofort, als ihn eine Feder in den Rücken piekte. „Ach ja? Dann komm morgen mit, wir gehen Schwimmen, es soll verdammt warm werden, heißester Tag des Jahres", fragte er skeptisch, „Jin Hyung ist auch dabei, wie sieht's aus, Stimmungskanone?"

Langsam zog er die Augenbrauen zusammen und dachte darüber nach, wirklich Lust darauf hatte er keine, doch konnte er die Behauptung, er wäre eine Art Sozialphobiker, nicht auf sich sitzen lassen. „Ja, okay. Warum nicht?", antwortete er mit einer Gegenfrage und lag alle gespielte Freude, die er aufbringen konnte, in seine Stimme.

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Hey :3
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Ich hoffe ihr habt Freude beim Lesen :3
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Liebe Grüße

Miyang :3

Cupidity ᵗᵃᵉᵏᵒᵒᵏWhere stories live. Discover now