~ 24 ~

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Info #24:
Homosexuelle Liebe wird deutlich mehr toleriert als Liebe zweier Wesen rivalisiertet Arten.
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Ich blickte zu der Person auf und fühlte mich in der nächsten Sekunde wie erschlagen. Alles um mich herum verschwamm sofort. Mein Gehirn hörte auf zu arbeiten und das was ich sah und wahrnahm, war nur sein Seitenprofil.

Seine gebräunte Haut hatte ein paar Narben abbekommen und man sah immer noch einige heilende Verletzungen, sowohl im Gesicht, als auch am Hals. Doch seiner Ausstrahlung konnten sie alle nichts anhaben. Er war perfekt, wie immer. Ich konnte meine Augen gar nicht von ihm abwenden, was er wohl schnell zu bemerken schien. Sein Kopf drehte sich in meine Richtung. Im nächsten Moment trafen sich unsere Blicke und spätestens jetzt fragte ich mich, ob ich träumte.

Er lächelte mich an, doch ich war noch nicht ganz bei mir, um zurückzulächeln. Stattdessen spürte ich, wie mein Herz schneller schlug und sich meine Atmung ebenfalls beschleunigte. Es bildete sich wieder ein Kloß in meinem Hals und so langsam auch Tränen in meinen Augenwinkeln. Als sich dann unsere Finger erneut berührten, wurde ich aus meiner Starre gerissen.

"Es tut mir so leid, Jungkook." Namjoon stand neben mir und sah mich mitfühlend an.

Ich blinzelte einige Male, um zurück in die Gegenwart zu kommen und das Geschehen um mich herum aktiv wahrzunehmen. Ihn wahrzunehmen. Doch ich starrte immer noch Namjoon an.

"Ich weiß, er hat dir viel bedeutet.", kam es nochmals vom Älteren, aber ich hatte keine Ahnung was er meinte. Zumindest nicht sofort. Und kaum hatte ich mir seine Worte durch den Kopf gehen lassen, blickte ich wieder zu den Bildern, die vor uns allen aufgestellt waren. Es waren immer noch acht Opfer. Immer noch waren Jin und Yoongi zwei der fünf getöteten Vampire. Doch das Bild einer der Werwölfe wollte sich einfach nicht in meinen Gedanken festsetzen. So sehr ich es auch versuchte, ich konnte es nicht verstehen. Gerade stand er doch noch neben mir.

"Jungkook. Jungkook!"






"Jungkook!"

Meine Augen klappten auf und ich fing an nach Luft zu schnappen.

"Sie haben schon wieder den wichtigsten Punkt vergessen." Ich schaute mich um und sah einen älteren Herren an mir vorbei gehen. "Wissen Sie welchen?"

Mein Kopf war vollkommen leer. Ich wusste in dem Moment weder wo ich war, noch wer dieser Mann war oder wovon er sprach. Doch im Bruchteil einer Sekunde kamen meine Gedanken zurück.

"Atmen." antwortete ich ihm, woraufhin er nur nickte.

"Das Atmen erleichtert Ihnen in einigen schwierigen Situationen eine ganze Menge." Er machte eine Pause und sah mich nur an bevor er weitersprach. "Ich weiß nicht genau, wie Sie sich fühlen, dass will ich Ihnen ehrlich sagen, Mr. Jeon. Aber ich kann mir vorstellen, dass es hart war, eine Liebe vor allen geheim zu halten, sie aber dann zu verlieren und daraufhin mit keinem darüber reden zu können, aus Angst. Sie sind ein starker Junge, wissen Sie das? Nicht alle, die sowas erleben würde, wären so weit gekommen, wie Sie es sind."

"Nennen sie unseren Fortschritt bitte nicht weit, Professor Forneus. Sonst mach ich mir nur zu große Hoffnungen." Den ersten Augenblick lang erkannte ich meine eigene Stimme nicht mehr. Sie klang schwach. Alles was ich sagte glich einem Flüstern, doch der Professor konnte es immer noch verstehen.

"Nun ja. Anfangs konnten Sie sich noch nicht einmal an diesen Tag erinnern. Danach sind Sie noch etliche Male zusammengebrochen und haben sich geweigert mich in Ihre Erinnerungen eintauchen zu lassen.", sagte er mit weicher Stimme und lächelte freundlich.

"Nichts für Ungut, Professor. Aber ich hab nicht das Gefühl, dass sich mit dieser Art der Therapie was ändern wird. Haben Sie ni-", fing ich an eine Frage zu stellen, doch wurde sofort von ihm unterbrochen.

"Diese Art der Therapie, Mr. Joen, hilft bei Verdrängung. Ihr Unterbewusstsein hatte diesen Tag aus ihren Gedanken gestrichen, so dass sie ihn völlig vergessen, beziehungsweise eine komplett neue Realität erschaffen haben, von der Sie glaubten, dass Sie sie so erlebt hatten. Durch die Reizüberflutung, die ich hier bei Ihnen anwende, werden Sie zwar diesen Tag, immer wieder auf's Neue in unseren Sitzungen erleben, aber dadurch hohle ich die Gedanken auch aus ihrem Unterbewusstsein heraus. Ihre Aufgabe ist es-"

"Mir den Tatsachen bewusst zu werden, sie Schritt für Schritt auf mich einwirken zu lassen und, das aller Wichtigste, zu atmen.", beendete ich seinen Vortrag. Er erklärte mir jedes Mal, wie alles ablaufen würde, so dass ich seine Sätze schon auswendig kannte. Und wenn ich ehrlich war, hatte es mich schon etwas weiter gebracht. Doch es funktionierte deutlich langsamer, als ich es wollte. Ich war es Leid, diese Gedanken immer und immer wieder durchlaufen zu müssen. Tae immer und immer wieder lächelnd neben mir stehen zu sehen und dann zu realisieren, dass er nicht echt war. Ich brauchte meine Zeit, um mir bewusst zu werden, dass meine Gedanken mir da einen Steich gespielt hatten. Dass mein Unterbewusstsein mich in diesem Moment schützen wollte. Und dass es mich auch danach all die Zeit geschützt hatte.

"Jungkook."

Aus meinen Gedanken gerissen schaute ich vom Boden auf, in die Augen des alten Mannes vor mir.

"Die Sitzung ist vorrüber. Ich hätte jedoch noch eine letzte Frage an dich, bevor wir hier Schluss machen.", erklärte er mir mit ruhiger Stimme.

Ich wusste, worauf er hinaus wollte, doch nickte nur, statt ihm gleich zu antworten.

"Wie sieht es mit den Halluzinationen aus? Siehst du ihn hin und wieder noch?" Er schaute mich nur durchdringend an, als wüsste er bereits, was ich vorhatte zu sagen.

"Nein. Seit längerer Zeit schon nicht mehr." Ich schüttelte den Kopf und zuckte mit den Schultern, um meine Aussage noch zu verstärken.

Einige Sekunden lang herrschte Stille, bis der Professor erneut nickte. "Okay. Falls was sein sollte, lassen Sie mich es so bald wie möglich wissen." Er stand auf und ich tat es ihm gleich.

"Sicher.", ich zwang mich zu einem Lächeln und wir schüttelte uns die Hand zum Abschied, bevor ich dann das Zimmer verließ.

"Und? Wie war's?" Namjoon stand vom Boden auf, wo er es sich gemütlich gemacht hatte.

"Hast du etwa die ganze Zeit hier gewartet?", stellte ich ihm jedoch eine Gegenfrage.

Er hob eine Augenbraue und sah mich mit einem arroganten Blick an. "Ich verbring doch nicht zwei Stunden hier vor dem Zimmer sitzend auf dem Boden, wenn ich in der Zeit schnell auf mein Zimmer gehen, was Essen und ein paar andere Dinge erledigen kann."

Ich lachte kurz auf. "Natürlich nicht."

"Außerdem musste ich Jimin und Hoseok noch bei ihrem Projekt helfen und dachte ich mach das noch bevor ich dich abhole, damit wir danach ungestört chillen können. Also? Wie war's?", wiederholte er sich, während wir die Gänge entlang und die Treppen runter ins Erdgeschoss gingen.

"Wie immer. Nichts Spannendes. Ich bin jedoch soweit, dass ich nicht losheule, wenn ich wieder in die Realität zurückkomme.", berichtete ich stolz.

"Das warst du auch schon vor ein paar Monaten.", verdrehte Namjoon die Augen, wurde aber daraufhin wieder vollkommen ernst.

"Und Tae?"

Auch mein Lächeln verschwand langsam und ich starrte weiter Richtung Eingangstür des Schulgebäudes, auf die wir zugingen. Seine Haltung, sein Aussehen, seine wild abstehenden Haare, seine gebräunte Haut, die dunklen gelbstichigen Augen. Er sah jedes Mal so aus, wie ich ihn in Erinnerung hatte. Doch sein Blick strahlten Trauer aus, wie er es im Wald getan hatten, als wir zum ersten Mal alleine waren, an dem Abend, wo er mir gefolgt war. Doch trotzdem lächelte er. In mir drinnen zerbrach mein Herz zum millionsten Mal, wenn ich ihn einfach so da stehen sah. Wenn unsere Blicke sich trafen und ich einfach auf ihn zu rennen und seine Nähe spüren wollte, aber wusste ich konnte nicht. Ich durfte nicht. Sie würden sonst alle versuchen, ihn mir wegzunehmen. Dabei war diese Halluzination das Einzige, was ich von ihm noch hatte.

Wir gingen an ihm vorbei durch die Tür und eine Sekunde lang glaubte ich seinen Geruch zu riechen. Doch das war ebenfalls nicht echt. Genau so wie er.

"Verschwunden. Für immer."


--- The End ---

Rivals [TaeKook]حيث تعيش القصص. اكتشف الآن