VII.

71 13 4
                                    

CHAPTER SEVEN
guilty feels
---

Meinen Kopf stützte ich auf meine Hand, war wie hypnotisiert von dem laut prasselnden Regen, der gegen das große Panoramafenster trommelte und ein ziemlich entspannendes Geräusch entstehen ließ.
Gerade noch so bin ich von diesem geflohen, hatte es noch rechtzeitig, bevor meine Sachen wiedermal durchweichten und hatte mich in das nächste, schützende Café verfrachtet.

Bei dem Anblick der tausenden Tropfen, die kleine Kreise auf der durchsichtigen Oberfläche des Fensters erscheinen ließen und in geschweiften Linien von der Erdanziehungskraft nach unten gezogen wurden schweiften meine Gedanken wie von selbst zu Hoseok.
Ich hatte ihn seit Wochen nicht mehr zu Gesicht bekommen – was jedoch meine Schuld war.
Ich wischte jede Nachricht, die er mir in der vergangenen Zeit schrieb, einfach zur Seite, tat mein bestes ihn einfach zu ignorieren, dazu gehörten auch die ständigen Anrufe.

Jedoch wusste ich nicht wieso. Ich hatte keine Ahnung, weshalb ich von einer so sturen Natur stammte.
Vielleicht war es wegen der Tatsache, dass ich es nicht wahrhaben wollte, dass dort draußen tatsächlich jemand existierte, der sich um mich sorgte und nur das Beste für mich wollte – obwohl ich vor noch nicht mal vier Monaten seine Bekanntschaft machen konnte.
Es konnte einfach niemanden geben, der mich mochte. Das gab es noch nie, jedenfalls waren mir keinerlei Fälle bekannt. Ich konnte einfach keine Freunde haben, das stand fest. Es wüfde immer in einer absoluten Katastrophe enden oder einfach in falsche Versprechungen hinauslaufen.

Ein tiefes Räuspern schnitt durch die Töne des das Geschirrklappern, welches sich perfekt mit dem Trommeln des Unwetters vermischte.
Durch meine guten Ohren musste ich noch nicht einmal nachsehen, nicht einmal meinen Kopf auch nur einen Millimeter drehen, um zu wissen, dass der Besitzer des Geräusches genau vor meinem Tisch stand.
Durch meine Neugierde jedoch drehte ich mich dennoch zur Quelle des besagten Räusperns und sah auch schon an einem dünnen Mann hinauf, dessen schwarze Haare wie dunkle Vorhänge über seinem blassen Gesicht lagen.

Es war Hoseok. Jedoch war so ungalublich vieles anders an diesem Bild, welches mir da gerade geboten wurde.
Der, der da wenige Meter vor mir stand, in der umherwandernden, monotonen Masse, die gerade ihr Regenmäntel auszogen und oder ihre Schirme zusammenfalteten, schien nicht wie die Sonne höchstpersönlich. Er wirkte nicht mehr so, als würde er auch nur mit einem einzigen Blick das gesamte Umfeld erhellen. Seine sonst so strahlenden Augen wirkten blass, sie schienen nur so nach mir zu schreien, nach einer Umarmung zu fragen und nicht einmal eine Entschuldigung zu wollen. Nur um meine Nähe betteln, ich sah es genau, so als wäre es ihm mit einem schwarzen Filzstift aufs Gesicht geschrieben.

Trotz alledem stach er aus der Menge, so als wäre ein Scheinwerfer genau auf ihn gerichtet, der die ganzen anderen ausblendete und nur darauf bestimmt war alle Blicke auf den Jüngeren zu ziehen.
Doch ich wusste nicht, was es war, das ihn so herausstechen ließ. War es die Tatsache, dass er dunkle Sachen trug, nicht wie sonst immer? oder war es der Fakt, dass ich ihn im Gegensatz zu den anderen Leuten einfach persönlich kannte?
Mir war es nicht bewusst, doch was ich hunderprozentig wusste war, dass mir dieser Anblick unglaublich wehtat.

So wie er da stand, kein Wort sagend, totenstill, etwas in sich zusammengekrümmt. Seine pinke Unterlippe war zwischen seinen Zähnen gefangen, er schien etwas auf dieser herumzukauen.
Er wirkte so als wolle er was sagen, jedoch zuckten nur seine Mundwinkel für einen kurzen Augenblick bevor er seinen Kopf senkte und sich deutlich fest in dem Saum seines schwarzen Pullovers vergriff.

Plötzlich verspürte ich ein starkes Schuldgefühl, was meinen Maģen zusammendrückte, meinen Hals hinaufkletterte und diesen furchtbar zum Brennen brachte. Das ganze breitete sich in Sekunden wie ein Laubfeuer in mir aus, meine Laune sackte gefühlte zehn Meter nach unten.
Es war meine Schuld, dass er da so verlassen vor mir stand, Traurigkeit stand ihn mit Großbuchstaben ins Gesicht geschrieben. Alles war meine Schuld.
Lippenbeißend stand ich auf, was man schon als ein Aufspringen ansehen konnte. Der Stuhl auf dem ich zuvor saß kam gefährlich stark ins Kippeln, machte schon fast mit dem Boden Bekanntschaft.

Es brauchte nicht viele Sekunden, bis Hoseok in meinen Armen stand, die anderen um uns herum strickt ignorieren. Sein Kopf war in meiner Halsbeuge vergraben, meine Hände in seinen Haaren verschwunden und meine Finger um so gut wie jede Strähne gewickelt. Mein Gegenüber zog mich an der Hüfte nah an sich, so als wäre ich das letzte was ihm zwischen die Finger kommen konnte.
Es brauchte ebenfalls kein einziges Wort, um zu wissen, dass wir beide uns entschuldigten, einfach nur froh waren den jeweils anderen wieder um uns herum zu haben.

petrichorWhere stories live. Discover now