Opfer

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So stand ich nun Kabuto gegenüber, welcher unablässig grinste und mich als scheinbar leichte Beute betrachtete. Trotz meines Wissens darüber, schwächer als der Grauhaarige zu sein, da es mir vor allem an Erfahrung mangelte, wollte ich dennoch nicht nachgeben. Außerdem ging es hier um weit mehr als nur einen einfachen Kampf. Es waren drei Leben, die hier auf dem Spiel standen. Narutos, Tsunades und meines. Doch wenn ich Kabuto für eine Zeit lang aufhalten könnte und die beiden sich derweil erholen würden.... Dann hatten wir vielleicht doch noch eine Chance.

Wie zwei wilde Tiere liefen wir auf und ab. Warteten darauf, dass der jeweils andere den ersten Schritt machen würde. Unablässig versuchte ich mit ihm Blickkontakt zu halten und für einen kurzen Augenblick huschte sein Augenmerk zu Tsunade, welche direkt hinter mir lag und sich leicht aufgerichtet hatte. Ich konnte ihren starren Blick auf meinem Rücken fühlen. Die Verletzung war tief gewesen und ich zweifelte daran, dass sie sich in der Lage befand weiterzukämpfen.

Kabuto stürmte von einer Sekunde auf die andere in meine Richtung. Ohne Raitonchakra zu nutzen wich ich dem glühenden Hieb aus. So etwas wertvolles würde ich einsparen müssen. Vielleicht wäre es mir später noch nützlich. Das Kunai hatte er ins Gras geworfen, reichten doch die Chakra Skalpelle völlig als Waffen aus. Die präzise gewählten Schläge meines Gegners waren schwer einzuschätzen und zum Großteil beinahe nicht vorhersehbar. Das Zucken der Augen oder das verteilen des Gleichgewichtes, verrieten mir, wie er als nächstes zuschlagen würde. Meine Faust sauste auf die Wange des Anderen zu und...traf. Erstaunt sah ich zu, wie er zu Boden ging.

Um keine Zeit zu verschwenden, trat ich eiligst hinterher und versuchte mit dem Fuß seine Schläfe zu erwischen, um ihn ohnmächtig zu schlagen. Doch mitten in der Bewegung wurde dieser von seiner Hand festgehalten. Mit aller Kraft schmetterte er meinen Körper dem Boden entgegen. Gleißender Schmerz durchzuckte meine Hüfte, welche gegen Stein gestoßen war.

Meine Hände stemmten sich in den Boden, doch als ich versuchte aufzustehen, stach mir etwas hartes in den Rücken. Drückend, Rücksichtslos und fordernd. Warmer Atem näherte sich meinem Nacken und ich unterdrückte ein Würgen, als ich seine Stimme so dicht an dem linken Ohr vernahm. Wie sehr ich Kabuto doch verabscheute. Dennoch sollte er herankommen. Was auch immer er nun vorhaben würde. Er sollte es tun...nur damit ich...

„Tja so einfach war es dann doch nicht", sagte er höhnisch.

„Das wars wohl mit der Unfassbaren, denn du wirst durch meine Hände nun sterben. Sag auf Wiedersehen, kleines, schwaches Ding."

Ich spürte ihn. Fühlte ein Messer, welches auf meinen Nacken zielte. Doch aufgeben, das kannte ich. Selbst wenn diese Situation ausweglos erschien. Unterschätzen sollte er mich längst nicht. Schon beinahe sanft fuhr die Klinge meinen Nacken hinab, vor bis zu Halsschlagader. Was für ein hinterhältiger Kerl. Das war nicht die feine Ninja Art seine Gegner umzubringen.

Kabuto holte aus und stieß die blitzende Klinge hinab. Die kleine Waffe bohrte sich tief ins feuchte Gras. Denn an dem Ort, wo mein Körper hätte sein sollen, befand er sich längst nicht mehr. Hatte ich doch den Platz mit meinem blutigen Kunai getauscht, welches in einiger Entfernung im Gras gelegen hatte.

Langsam stemmte ich mich hoch, sah wie der Grauhaarige zu grinsen begann, das Kunai in der Hand drehte und ... blitzschnell in meine Richtung war. Reagieren konnte ich nicht. Mein Körper schien nach wie vor gelähmt zu sein. Wie in Zeitlupe flog die glänzende Waffe auf mich zu. Direkt den Kopf sollte sie treffen. Ich kniff die Augen zusammen und hob die Hände vor den Kopf. Jetzt war es aus. Ich würde sterben.

„Du bist stark geworden. Hast große Fortschritte gemacht. Und eines Tages wirst du stärker sein als er, das verspreche ich dir Tora. "

„Ich glaube an dich ... Kleines."

„Du bist stark Mädchen, ähnelst dem jungen Naruto in vielen Dingen und hast jetzt schon damit begonnen Schicksale zu verändern und vielleicht auch irgendwann die Zukunft."

Sensei Kakashi. Meister Hokage. Eine Aufgabe. Ich hatte noch etwas zu tun. Wer war ich denn, dass ich mein Leben so einfach fortwarf. Außerdem würde ich nicht sterben ohne, dass jemand etwas mitbekam. Denn jetzt hatte ich eine Familie. Ich konnte sie nicht enttäuschen.

Langsam, aber stetig, begann sich meine Hand zu heben, fühlte das Raitonchakra, welches durch meine Adern in die Arme, bis zu den Fingerspitzen floss. Und dann fing ich das Kunai ab, ohne hingesehen zu haben. Spürte die kühle Spitze nicht weit von meiner Stirn entfernt.

Langsam öffnete ich die Augen, erkannte Kabutos entsetzten Blick. Ein Lächeln schlich sich auf meine Lippen.

„Scheint einiges gebracht zu haben. Wenn man mit einem unsichtbaren Menschen trainieren kann." Die Miene meines Gegenübers begann sich zu verhärten. Wut, Hass und Abscheu machten sich darin breit. Schon wieder hatte ich es geschafft ihn in die Schranken zu weißen. Gezeigt, dass auch wenn ich ein Genin war, dennoch einiges leisten konnte.

„Und schwach? Vielleicht war ich mal schwach? Aber jetzt habe ich eine Familie und Freunde, die mir Kraft geben, helfen immer wieder aufzustehen. Ihre Anwesenheit macht mich stark. Wenn du das Wort Familie kennen würdest, wärst du auch in der Lage meine Worte nachzuvollziehen."

Wut glomm in den Augen meines Gegenübers auf. Bodenlos, voller Hass und ... Trauer? Hatte ich da etwa einen empfindlichen Nerv getroffen. Aber das war doch nicht möglich... jemand wie er ... kannte das doch gar nicht. Wie konnte ein Mensch zu dem werden, was er verkörperte?

Doch die Worte schienen ihn getroffen zu haben, sonst würde er nicht so außer sich sein. Ich verzog das Gesicht. Was dachte ich überhaupt so darüber nach? Er war mein Feind. Nichts weiter. Das war schon bei Kankuro und Gaara so gewesen. Und was hatte es gebracht? Alle zwei hatten uns verraten? Konoha und den Friedensvertrag, der zwischen den beiden Ländern geherrscht hatte. Was nun war, wusste wohl keiner so genau.

Wie in Trance wich ich Kabutos Schlägen aus. Blickte in seine Augen, versuchte ein weiteres Anzeichen eines verräterischen Gefühls zu erkennen. Doch dort war nichts mehr. Nur noch Wut. Abgrundtief. Bodenlos. So kam es, dass ich nicht mehr auf die Arme achtete und der Schlag in meinen Brustkorb, den Körper rückwärts fallen ließ.

Hart kam ich auf dem Boden auf, wollte wieder aufstehen, doch etwas schoss an mir vorbei. Ein wütender Schrei drang nur bedingt an meine Ohren heran.

„Lass Tora in Frieden du Bastard."

Naruto hatte sich wieder rühren können und stürmte nun auf den völlig überrumpelten Kabuto zu. Etwas blaues blitzte in seiner Hand auf. Eine wirbelnde Masse aus Chakra, die sich gerade einen Weg in Kabutos Bauch bahnte. Es warf ihn zurück. Direkt gegen einen naheliegenden Stein. Ich wandte mich um und bemerkte Tsunade, welche sich schwer atmend auf die Fingerknöchel stemmte.

Dann brach der Uzumaki zusammen und die Blonde begann auf ihn zuzustürmen. Was war passiert? Hatte Kabuto ihn etwa getroffen? Nein. Das durfte nicht sein. Bitte nicht Naruto. Ein hustendes Lachen aus nördlicher Richtung bestätigte meine Vermutung.

„Du kannst ihn nicht heile und das weißt du genauso gut wie ich."

Tränen liefen das Gesicht der Blonden herab. Das grüne Chakra, welches aus ihren Händen herausfloss, um den Uzumaki zu heilen flackerte dennoch kein einziges Mal. Noch immer wollte sie ihn nicht aufgeben.

Langsam schleppte ich mich auf die beiden zu und ließ mich neben Naruto fallen. Sah mit gebannten Blick auf die sich immer langsamer hebende Brust des Blonden und verkrampfte die Hände zu Fäusten.

„S-sag mal ... hab ich die Wette gewonnen?"

Innerlich brach in mir alles zusammen. Dass sich der Kerl zu so einem Zeitpunkt mehr Sorgen um eine läppische Wette machte, als um das eigene Leben. Sowas war doch nicht normal.

„Ja", sagte sie mit zittriger Stimme. „Das hast du."

Die Luft begann mit einem Mal zu Rauschen. Zu spät hob ich den Kopf, sah nur noch wie Tsunade sich vor mich und Naruto stellte.

„Vergiss es. Rühr die Beiden nicht an."

Ein grausames Geräusch folgte und etwas nasses spritzte auf meine Wange. Zittrig öffneten sich meine Augen und ich erkannte, dass sich die Sannin vor mich und Naruto gestellt hatte. Doch das Schwert, das aus Orochimarus Mund ragte, hatte sich tief in ihrer Brust versenkt.

Erstarrt sah ich zu, wie sie die Hände in den Boden stemmte. Der ganze Körper zitterte. Dass sie überhaupt noch lebte war ein Wunder. Bei dieser Wunde würde jeder normale Shinobi.... Noch immer fand sie die Kraft sich ihm entgegenzustellen, jetzt wo Naruto außer Gefecht gesetzt war und ich nicht mehr viel Chakra hatte.

Fast schon traurig blickte er sie an.

„Du bist diejenige mit der ich absolut nicht kämpfen möchte. Das was ich will sind die beiden Kinder. Gib sie mir und..."

„Auf gar ... keinen Fall." Tsunades Körper zitterte immer heftiger. Sie hatte furchtbare Schmerzen und ich wünschte mir innigst ihr helfen zu können. Doch mein eigener Körper war viel zu sehr gebannt vor Furcht.

„Warum beschützt du die Kinder Tsunade. Erklärs mir."

Sie hob den Kopf, besaß sogar noch die Kraft ihm stur in die Augen zu sehen. Und in diesem Moment begann ich damit tiefsten Respekt für die Sannin zu empfinden. Für die Kraft, das Durchhaltevermögen und ihr schweres Opfer, damit Naruto und ich leben konnten, obwohl sie uns nicht kannte.

„Na ganz einfach. Dieser Junge wird einmal ein großer Hokage. Und das Mädchen habe ich sehr ins Herz geschlossen. Sie beide verdienen ein langes Leben."

Erstaunt blickte ich zu ihr auf. Solche warmen Worte über mich und Naruto hätte ich niemals erwartet, besonders die Tatsache, dass sie an Narutos möglich Zukunft als Hokage glaubte, gaben mir Mut.

Doch nicht für lange. Orochimaru war vorgeschnellt und hatte Tsunade mit einem erneuten Schwerthieb nach hinten befördert. Mein ganzer Körper begann zu zittern und ich umklammerte mit unsicheren, schweißnassen Händen eines meiner Kunais, samt der Kette meiner Mutter. Ich musste jetzt stark sein.

Orochimaru begann zu lachen, als er mich sah.

„Was soll das werden, Kleines Ding? Diesmal kein Bleistift, sondern ein kleines Kunai?"

Er grinste höhnisch und strich sich das rabenschwarze, lange Haar aus dem Gesicht, beugte sich ein wenig zu mir herab, um in meine Augen zu sehen.

„Aber deinen Mut und Kampfwillen mag ich. Genauso wie deine nützlichen Fähigkeiten."

Ich fauchte wütend.

„Niemals würde ich auf die Idee kommen mich einem so gewalttätigen Ninja wie euch anzuschließen."

Noch immer zitterten meine Hände, doch das hielt mich nicht davon ab, das Kunai in Richtung seines Bauches zu stoßen. Den Hieb parierte er mühelos, stieß aber im selben Moment ebenfalls nach mir. Ich strauchelte, als er in meine Kniekehlen trat und fiel rückwärts. Stand doch sogleich wieder auf und stellte mich vor Naruto und Tsunade.

Aber der Blick des schwarzhaarigen Sannin galt mir schon längst nicht mehr. Er schien erschrocken und verwirrt. Als ich mich vorsichtig umwandte erkannt ich auch weshalb.

Die scheinbar komplett aus dem Verkehr gezogenen Tsunade hatte sich aufgerichtet. Ein Feuer brannte in ihren Augen, wie ich es sonst nur von Naruto kannte. Das Zeichen auf der Stirn begann zu leuchten und lilafarbene Linien begannen sich auf ihrem Gesicht auszubreiten.

„W-Was ist das für ein Jutsu?", begann der Schwarzhaarige völlig überrumpelt.

„Ich habe meine Kraft wiedererlangt, durch die Entscheidung, der Hokage der fünften Generation zu werden."

Tsunade legte eine Hand auf ihre Wunde, grünes Chakra floss hervor und der Spalt im Fleisch begann sich zu schließen.

Dann ging alles ganz schnell. Tsunade presste beinahe gleichzeitig mit Orochimaru die Hand in den Boden und riefen ihre vertrauten Geister herbei. Die braune Schlange, welche eben von Drakar niedergerungen worden war, verschwand und machte einer neuen, großen lilafarbenen Platz.

Der Luchs richtete sich verwirrt auf. Sein Fell stand nach allen Seiten ab und der Brustkorb hob und senkte sich recht schnell. Kein Zweifel er war sehr erschöpft. Gamabunta hüpfte an seine Seite und nickte ihm zu.

„Ich denke junger Freund, dass du genug geackert hast. Ab hier übernehmen wir."

Drakar nickte dankbar und ich löste das Jutsu. Ja er hatte getan, was er konnte, aber hier übernahmen nun Jiraya und Tsunade. Ich würde derweil neben Naruto ausharren und darauf hoffen, dass der Kampf gut ausging.

Hoffentlich.

Die Unfassbare IWhere stories live. Discover now