Erschütternde Berichte

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Temari:

Mehr oder weniger konzentriert lauschte ich Nejis Missionsbericht. Heute war mal wieder ein besonders heißer Tag und die Sonne machte jedem hier im Raum zu schaffen. Gaara eingeschlossen, auch wenn er es mal wieder nicht zeigte. Der Jonin war soeben mit seinem Team zurückgekehrt. Ihre Aufgabe hatte darin bestanden einen wohlhabenden Händler samt seiner Karawane nach Hause zu geleiten.

Das Team Raidon müsste auch bald wieder eintreffen. Sechs Tage waren sie nun schon fort. Eine lange Zeit, die zur Genüge ausreichte, um nach Tanigakure und zurück zu reisen. Feudalherren waren unangenehme Gesellen, aber dennoch. Die Tatsache, dass es dauerte, machte mich misstrauisch und verursachte ein unangenehmes Bauchgefühl. Neben mir stand Shikamaru, der mich am morgigen Tag nach Konohagakure begleiten würde.

Es war eine große Ehre als Sonderbotschafterin von Suna nach Konoha zu gehen. Wenngleich ich keinen Geleitschutz brauchte. Klar Shikamaru war eine angenehme Gesellschaft, aber seine Faulheit ging mir manchmal ziemlich auf den Zeiger und außerdem konnte ich mich gut alleine verteidigen.

Ein Seufzten entrang sich dem schwarzhaarigen Chunin. Kein Wunder. Der Bericht dauerte länger als nötig, hatte Neji seinen Schülern doch aufgetragen selbst von der Mission zu berichten, um für später zu lernen. Tja bis zu diesem später würde es aber noch ein wenig dauern. Gaara lies sich seine Ungeduld nicht anmerken. Dennoch spürte ich sie. Es lang nicht an der Dauer des Gesprächs, sondern der Anspannung, die hier im Raum war.

Auch ihm war bewusst, dass sich Toras Team länger als nötig auf dieser Mission befand. Und das machte ihn ungewohnt unruhig. Ich konnte es am Zucken seiner Gesichtszüge erkennen, wie er mit dem Stift gegen den Tisch tippte oder die Stirn in Falten legte. Unsere Augen kreuzten sich für einen winzigen Moment. Wir wussten was der jeweils andere dachte, ohne uns groß verständigen zu müssen.

Mit einem lauten Krachen wurde die Tür aufgerissen. Kankuro stürzte herein, das Gesicht bleich vor Furcht, die Bemalung an den Rändern leicht verlaufen. Er zitterte am ganzen Körper. Ob vor Furcht oder Wut vermochte ich nicht zu sagen, waren doch die Fäuste geballt. So extrem, dass die Fingerknöchel hervortraten.

Und hinter ihm trat das Team Raidon, Toras Schüler in den Raum. Sie alle wirkten seltsam neben sich. Nicht zerstreut, eher abwesend. Ihre Kleidung war verdreckt und an manchen teilen zerrissen. Kratzer und Schnitte zierten die jungen Wangen, während die Augen der Kinder so schrecklich leer waren. Stille senkte sich über den Raum. Ein jeder wandte sich dem bebenden Kankuro zu.

Stumm forderten Gaaras Augen den älteren Bruder zu einer Erklärung auf. Dieser öffnete die geballte Faust und ließ etwas auf den Tisch des Kazekagen fallen. Ein metallisches Geräusch erklang und ich erkannte eine gerissene Kette, an der mehrere Anhänger baumelten. Shikamaru stürzte vor. Niemand hielt den Nara auf, als er die Kette in die Hand nahm und ins Sonnenlicht hielt.

Schock, Furcht und Wut spiegelten sich gleichermaßen in den Augen des sonst so gelassenen Chunin wider, ehe seine andere Hand mit voller Wucht auf den Tisch knallte. So hatte ich ihn noch nie gesehen.

„Sprecht, was ist geschehen?", hallte Gaaras gefasste Stimme durch den Raum. Doch sein kleiner Finger zitterte leicht. Ein deutliches Zeichen der inneren Anspannung. Auch Shikamaru nahm an Haltung an und richtete seinen dunklen Blick auf ein rothaariges Mädchen, das vorsichtig nach vorne trat. Sie richtete ihre grünen Iriden fest auf den Kazekagen, sah ihn an, ohne zu blinzeln, ehe sie mit dem sprechen begann.

„Wir hatten die Aufgabe einen Feudalherren aus Tanigakure bis hierher zu begleiten und hätten diese auch tadellos ausgeführt, wäre da nicht dieser Zwischenfall gewesen, der uns trennte. Das Team."

Yasus Stimme begann zu zittern, doch sie riss sich zusammen, blickte meinen Bruder feste an um anschließend weiterzusprechen. Tapferes Mädchen.

„Es war der zweite Tag unserer Reise. Sensei Tora hatte beschlossen noch einmal ein Lager aufzuschlagen, damit wir unsere Kräfte sammeln konnten. Während sie die Gegend absicherte, befanden wir uns im Lager. Und dann...war er mit einem Mal da...", ihre Stimme wackelte und Furcht bildete sich in den jungen Augen.

„Wer war da?" Gaara bemühte sich sanft zu klingen und die Rothaarige begegnete zittrig seinem Blick.

„Itachi Uchiha."

Mein Blick wanderte zu Neji. Der Konoha-Nin hatte bis jetzt kein Wort gesagt. Die Augen waren komplett auf Yasu fixiert, schienen jede noch so kleine Information aufzunehmen. Nichts regte sich in ihnen. Er blieb undurchschaubar, im Gegensatz zu meinen Brüdern.

Die Tatsache, dass das Team dem Nuke-Nin über den Weg gelaufen war, der ganz oben auf der Liste der gefährlichsten Verbrecher stand, jagte mir einen Schauer über den Rücken. Wie hatten die Genin es dort herausgeschafft. Tora hatte doch nicht etwa...

„Sie hat sich für uns geopfert. Itachi Uchiha hatte uns niedergestreckt und während er abgelenkt war, wurden wir von ihren Schattendoppelgängern fortgebracht. Und alles was uns von ihr geblieben ist, ist dieses Armband. Wir haben es während unserer Rückkehr vom Feudalherren gefunden", endete sie und schluckte leicht, als der Blick meines Bruders sie traf.

Eine furchtbare Wut lag darin, wie ich sie lange nicht mehr gesehen hatte. Etwas glühte in seinen Augen auf und ich reagierte blitzschnell. Zwar hatte er sich unter Kontrolle, oder vielmehr Shukaku. Dennoch...

„Raus mit euch!", bellte ich, doch einer der kleinen Bengel aus Toras Team, der Schwarzhaarige Ryu, stellte sich mir in den Weg.

„Was passiert jetzt? Wehe ihr unternehmt nichts dagegen, dann lernt ihr mich kennen", knurrte er. Wäre die Situation eine andere gewesen, hätte ich gelacht, doch nun, breitete ich nur meinen Fächer aus und ließ ihn vor seine Überraschten Augen zu Boden krachen.

„Alle raus", entwich es mir gefährlich leise. Nun trat auch der vorlaute Kerl den Rückzug an, jedoch nicht ohne dem Kazekagen einen letzten Blick zuzuwerfen.

Ich seufzte auf, als nur noch Shikamaru, Kankuro, Gaara und ich zurückblieben. Erleichterung war in jedes Gesicht geschrieben, außer Gaaras, der hatte nach wie vor zu kämpfen. Drängte entschlossen, die Macht, welche in ihm wohnte, zurück.

Besorgt musterte ich meinen jüngsten Bruder. Das war schon lange nicht mehr passiert.

„Ich muss Tsunade benachrichtigen", entkam es Shikamaru, der nach wie vor auf das Armband auf seiner Handfläche starrte. Mit zusammengekniffenen Augen erkannte ich einen kleinen Hirsch, welcher daran hing. Das Zeichen der Naras...ob er wohl.

Der Schwarzhaarige bemerkte meinen bohrenden Blick und verzog das Gesicht. Entgegen meiner Erwartungen entkam ihm jedoch kein entnervter Seufzer. Seine Augen wirkten im Gegensatz zu vorhin müde und entkräftet. Er machte sich ähnlich wie wir alle Sorgen um Toras Gesundheitszustand.

„Das wäre wohl das Beste. Bitte sie außerdem um Verstärkung. Wir werden einen Suchtrupp organisieren, der sie ausfindig macht und befreit. Ich bin sicher es gibt in Konoha ein paar Menschen die helfen wollen", mischte sich Gaara ein, der sich langsam wieder beruhigt hatte.

Den Kopf auf seinen verschränkten Fingern abstützend, blickte der junge Kazekage zu uns auf.

„Wir müssen Tora befreien, ehe Akatsuki ihre Fähigkeiten nutzen kann..."

Wut durchfuhr mich. Ging es ihm hier nur um das Kekkei Genkai der Jonin, oder was? Hatte ich mich komplett in ihm getäuscht, was die Beziehung der Beiden zueinander, anging? Nach wie vor...es war der falsche Zeitpunkt gewesen mit ihr darüber zu sprechen. Womöglich würde er sie nun nie darüber aufklären können, was er mit seinen Worten bezweckt hatte. Doch bevor ich ihm die Meinung geigen konnte, sprach er weiter.

„...oder sie, wenn sie sich weigert, töten. Was ich nicht hoffe."

Argh. Manchmal könnte ich ihn...

Die Tür schwang so ruckartig auf, dass alle in dem Raum befindlichen Personen zusammenzuckten. Auf der Schwelle stand das Team Raidon, mit vor Entschlossenheit nur so funkelnden Augen. Wer hatte denen beigebracht das Chakra zu unterdrücken und das in so jungem Alter? Und das auch noch vollständig. Niemand von uns hatte ihre Gegenwart gespürt oder vernommen. Ganz leise hatten sie sich verhalten.

Gaara nahm Ryu, der schon Luft geholt hatte, das Wort aus dem Mund.

„Wenn ihr schon vorhabt nach Konoha zu gehen, könnt ihr der Hokage den selben Bericht vorlegen, wie mir eben. Ihr seid wichtige Augenzeugen. Denkt an jede Information, die ihr in dem Kampf herausfinden konntet und nutzt sie."

Er ließ sie mitgehen? Probehalber klopfte ich gegen meine Ohren. Hatte mein Bruder soeben zugestimmt, dass diese Rotznasen mit uns nach Konoha kamen?

Auch Shikamaru schien nicht sonderlich begeistert, sagte jedoch auch nichts gegen die Entscheidung meines Bruders. Feigling. Wenngleich mir auch nicht wirklich etwas einfiel, mit dem ich kontern konnte. Ausnahmsweise.

„Das wäre dann wohl alles", beschloss Gaara und bedeutete den noch immer sprachlosen Genin zu gehen. Diese nickten folgsam und bedankten sich leise beim Kazekagen.

Für einen kurzen Moment blieb Yasu stehen, drehte sich um und blickte uns abwechselnd in die Augen, bis sie bei Gaara hängen blieben. Wie schon zuvor hielt sie seinem Blick stand.

„Wir werden alles tun, damit sie zu uns zurückkommt. Schließlich hat sie uns zu dem gemacht, was wir nun sind. Ein Team, eine Familie."

Dann war sie fort.

Ich betastete verwundert meinen Arm. Da hatte sich doch tatsächlich eine Gänsehaut gebildet bei ihren Worten. Shikamaru ließ ein Glucksen hören.

„Das klingt ganz nach Tora."

„Ja", bestätigte Gaara. „Und ich hoffe, dass es nicht zu spät ist, wenn wir ankommen.

Leider verzögerte sich unsere geplante Abreise um drei Tage und so zogen wir das Tempo während der Reise ein wenig an. Die Genin konnten das schon verkraften. Sie hatten ihre Zeit gehabt, um sich auszuruhen und nun musste es weitergehen. Entgegen meiner Erwartung meckerte niemand. Alle hefteten sie die Blicke auf den Pfad vor ihren Augen.

Nur ab und an tauschten wir uns mit Team Raidon aus. Und da hatte ich auch Zeit Shikamaru zu beobachten. Er wirkte abwesender als sonst, spielte mit dem Armband in seiner Tasche. Es versetzte mir einen Stich ihn so zu sehen. Warum machte ich mir Gedanken darüber? Tora war eine gute Freundin von ihm. Nichts weiter. Hör gefälligst auf darüber nachzudenken Temari.

Nach drei Tagen mit angezogenem Tempo und einer langen Pause erreichten wir Konoha. Die breiten Tore erhoben sich vor uns, majestätisch und einschüchternd. Wind zauste meine Zöpfe und der Geruch von Essen drang mir entgegen. Es war Mittag und mein Magen begann wie aufs Stichwort zu knurren.

Die Augen der Genin weiteten sich staunend, als wir durch das Dorf liefen, begutachteten die vielen Geschäfte, Menschen die sich lachend unterhielten oder Kinder welche über die großen Plätze rannten. Ein Sensei der sein Team zusammenstauchte, wegen irgendeinem Mist, den sie angestellt hatten.

Ein rosahaariges Mädchen rannte auf uns zu. Die Augen vor Überraschung weit geöffnet, blinzelte sie uns an. Sakura Haruno. Die Teamgefährtin von Naruto Uzumaki.

„Temari, Shikamaru. Wir hatten uns schon gewundert, wo ihr bleibt...", sie stockte, als sie in unsere ernsten Gesichter blickte.

„Ist etwas passiert...", doch bevor sie weiter nachhaken konnte wurde der Blick der rosahaarigen von etwas abgelenkt. Sie blickte ungläubig auf etwas hinter uns. Freude schimmerte in den grünen Augen auf. Langsam wandte ich mich um, blinzelte in die Sonne und erkannte eine Gestalt auf dem gegenüberliegenden Dach.

„Hey alle zusammen! Ich bin wieder da, echt jetzt!"


Die Unfassbare IWhere stories live. Discover now