Ein wichtiger Schritt

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Hello again liebes Krankenhaus. Ja ich habe dich auch überhaupt nicht vermisst und verstehe ehrlichgesagt nicht, was ich hier mache. Zu viel Chakramangel haben sie gesagt, aber mal ehrlich. Da kann ich auch genauso gut daheim schlafen. Zumal ich hier überhaupt nicht schlafen kann, weil ich's mir ja überhaupt nicht ausgesucht habe mit Gaara und Naruto im Zimmer zu sein und somit Dauerbesuch zu haben. Wie nervig.

Vorhin mussten sie Gaaras Schülerin, Matsuri, gewaltsam rauswerfen, die sich zum tausendsten Mal für die Rettung bedanken wollte. Ich war wirklich drauf und dran gewesen ihr die Meinung zu geigen und...

„Sag mal Tora. Führst du immer solche Selbstgespräche?", kam es von links.

Augenblicklich schoss mir die Hitze ins Gesicht. Verdammt. Das hatte ich doch nicht etwa alles laut gesagt, oder? Warum immer ich? Es wäre mir fast noch lieber, wenn Naruto das ganze gehört hätte, aber da eben jener sich gerade einen Ast schnarchte, war das eher im Bereich des unmöglichen. Zumal es noch mitten in der Nacht war, kein Wunder also, dass Naruto schlief, bei Gaara aber...das hätte ich eigentlich wissen müssen. Was ein Mist.

Ich knirschte mit den Zähnen und richtete mich auf, blickte zu ihm hinüber.

„Nein eigentlich nicht. Hoffe ich zumindest. Früher habe ich es oft gemacht, da ich mein eigener Zuhörer war. Es gab ja niemanden an meiner Seite. Aber nun...ich schätze so einfach kann ich mir das nicht abgewöhnen", seufzte ich leise.

„Ich verstehe", erwiderte er, musterte mich mit seinem Blick, schien etwas zu suchen.

„Die Vergangenheit kann Last und Hilfe zugleich sein. Wir müssen lernen uns diesen Ängsten zu stellen. Ein Grund warum ich gestern Shukaku widerstehen konnte. Ich war bereit mich dem Vergangenen zu stellen."

Mein Kopf ruckte nach oben, als ich diesen Satz vernahm. Er erinnerte mich an etwas, über das ich schon längere Zeit lang nachgedacht hatte.

Die Kiste! Natürlich. Genma hatte mir doch zu meinem 14. Geburtstag diese Kiste geschenkt und in dem Zettel daneben vermerkt, dass ich sie erst öffnen sollte, wenn ich bereit war mich meiner Vergangenheit zu stellen. Und das war ich nun. Dank diesen Ereignissen.

Meine Hände ballten sich zu Fäusten. Ich musste hier sofort raus. Es war zwar mitten in der Nacht, aber egal. Ich war ja nicht schwer verletzt oder so, hatte halt ein wenig Chakramangel. Aber sonst gings mir blendend, kein Grund also, dass sich jemand Sorgen machte.

Eilig richtet ich mich auf und tapste aus dem Bett. Ui war es kühl, trug ich doch nur eine kurze Hose und ein dünnes Shirt. Aber egal, das würde reichen, bis ich daheim hatte. Schnupfen bekam ich eh so schnell keinen, darin war ich abgehärtet.

„Was denkst du, wohin du gehst", unterbrach Gaaras schneidende Stimme meine Gedanken.

Ich ignorierte ihn. Er würde mich schon nicht verpetzen. Das hoffte ich zumindest. Nein...eher zu Tode starren.

„Kurz was erledigen, bin gleich wieder da. Du hast mich auf eine Idee gebracht", sagte ich leise und verschwand aus der Tür, ehe er etwas erwidern konnte.

Lautlos trafen meine nackten Füße auf den gefliesten Boden. Wie ein kleiner Schatten huschte ich durch die Dunkelheit, sprang über Hausdächer und fühlte den leichten Wind auf der Haut. Fast schon fühlte ich mich wieder wie eine Diebin. Damals war ich auch manchmal des Nachts über die Dächer geschlichen. So frei wie ein Vogel, konnte die Flügel ausbreiten, gehen wohin auch immer ich wollte. Niemand hielt mich auf. Kannte meinen Namen, wusste dass ich existierte. Das waren Zeiten gewesen. Die Freiheit zu besitzen, war schön gewesen. Doch alles hatte einen Preis. Ich konnte niemanden vertrauen, jeder hätte mich verraten können. Naruto hatte alles geändert. Dieser eine Tag hatte mir gezeigt, wie sehr ich andere Menschen brauchte, wenngleich ich mich früher immer geweigert hatte dies zuzugeben. Er hatte mich verstanden und das hatte mich verändert.

Ebenso wie wir nun Gaaras Leben verändert hatten, aus demselben Grund. Ihm oder Naruto in die Augen zu sehen, zu wissen, dass sie mich nachvollziehen konnten, war eines der schönsten Gefühle der Welt. Und genau aus diesem Grund würde ich mich immer gegen das Leben der Unfassbaren entscheiden.

Ich hatte abgeschlossen und war bereit mich dem Vergangenen zu stellen.

In meiner Wohnung war es gänzlich dunkel, als ich sie betrat. Einzig der einfallende Mond spendete Helligkeit und warf sein Licht auf eine dunkle Gestalt, welche sich auf dem Sofa niedergelassen hatte. Mir fiel vor Schreck fast der Schlüssel aus der Hand, doch zeitgleich erkannte ich auch schon, um wen es sich handelte.

Wut mischte sich mit dem Erschrecken und ich stapfte auf ihn zu.

„Mach das nochmal und ich werde nicht so glimpflich reagieren. Du bist nicht der einzige Überraschungsgast, den ich schon mal hier empfangen durfte. Dass ich aus dem Mist wieder rausgekommen bin, hatte ich deiner werten Schwester zu verdanken", zischte ich den Suna Nin an, welcher mich unbeeindruckt ansah.

„Und überhaupt...was zum Geier machst du überhaupt hier?"

Nun begann er sich doch zu rühren.

„Dir folgen", war die knappe Antwort.

Ich verzog das Gesicht. Warum hatte ich überhaupt gefragt, wo die Antwort doch so gut wie auf der Hand gelegen hatte. Meinen Körper gegen die Küchenanrichte lehnend beobachtete ich ihn, ehe ich mich schließlich darauf setzte und die Beine baumeln ließ.

Wie er so auf dem Sofa saß, die roten Haare, deren Spitzen im einfallenden Mondlicht silbern leuchteten, ging mir ein Bild durch den Kopf.

„Diese Situation kommt mir doch seltsam bekannt vor", sagte ich leise und er hob den Kopf, sah mich an. Der Suna Nin wusste was ich meinte.

„Aber nicht dieselbe", war die ruhige Erwiderung.

Wie sehr er sich doch verändert hatte. Da war keine Aufregung oder Unkontrolliertheit, sondern Ruhe und Gelassenheit. Zumindest schien es mir so. Womöglich hatte er noch immer ein paar Probleme mit Shukaku, aber bestimmt nicht mehr so extrem wie zuvor.

„Jetzt sind wir keine Feinde mehr...", begann ich.

„Das waren wir nie..."

Ich hielt inne. Mir stockte der Atem. Was sagte er da? Langsam erhob sich der Rothaarige von dem Sofa und ging auf mich zu. Eine altbekannte Situation tauchte vor meinem inneren Auge auf. Damals war er auch auf mich zugegangen, innerlich instabil. Ein seelisches Wrack, so sagte man. Doch viele Dinge ließen sich reparieren, wenn es die Werkzeuge dazu gab, die dies möglich machen konnten.

„In Sasuke sah ich einen Feind, aber niemals in dir oder Naruto. Denn ihr beide seid mir so ähnlich und gleichzeitig nicht."

Das waren meine Worte, die er da benutzte. Einst hatte ich sie zu ihm gesagt. Kurz darauf hatte er mich davor gewarnt ihm in der Prüfung nicht über den Weg zu laufen. Jetzt wurde mir einiges klar.

„Ich verstehe. Es ist schön, das zu hören", sagte ich und ein warmes Gefühl breitete sich in meinem Bauch aus.

Ein leichtes Lächeln zierte meine Lippen, als ich erneut zum Sprechen ansetzte.

„Und weißt du...nun habe ich dir auch etwas zu verdanken. Denn nun bin ich bereit mich dem Vergangenen zu stellen. Vielleicht ist es sogar gut, dass du hier dabei bist, Gaara."

Dann sprang ich von der Anrichte herunter und ging ins Schlafzimmer, holte die Kiste unter dem Bett hervor und trug sie in die Küche. Seine Augen verengten sich leicht, als er die Kiste erblickte. Ich lachte leise.

„Da ist keine Bombe drin. Ganz sicher. Mein Onkel würde mir sowas nicht zum Geburtstag schenken."

Die Kiste knarzte leise, als ich sie auf dem Esstisch abstellte und mich auf den Stuhl davorsetzte. Der Suna Nin ließ sich dicht neben mir nieder und beäugte das Objekt. Wortlos reichte ich ihm den Zettel, welchen Genma mir geschrieben hatte, ehe meine Augen konzentriert das Schloss inspizierten. Ich rückte mit dem Körper etwas zur Seite, damit das einfallende Mondlicht das Schlüsselloch erhellen konnte.

„Das Problem ist nur, dass es keinen Schlüssel gibt", sagte ich leise und er blickte von dem Schriftstück auf, ehe mit einem Mal viele kleine Sandkörner auf die zwei Löcher zuflogen und hinein. Er wollte die Kiste mit dem Sand knacken. Gar keine schlechte Idee. Doch schon nach ein paar Sekunden lehnte sich der Rothaarige zurück und schüttelte den Kopf. Ich biss mir auf die Lippe. Wenn es nicht mit Sand ging, dann womöglich auch nicht mit einer Nadel oder anderen spitzen Objekten.

Aber mit war dann? Was hatte ich übersehen. Es musste irgendetwas sein, das ich schon besaß, aber musste es unbedingt ein Schlüssel sein.

Der Luchsanhänger klirrte leise, als er gegen das Holz des Tisches schlug. Das Geräusch riss mich aus meinen Gedanken und Gaaras Blick heftete sich auf die Kette.

„Wer schenkte dir diese Kette?"

Ich sah auf.

„Der dritte Hokage schenkte sie mir während des Trainings, da sie einst meiner Mutter...gehörte."

Ich wurde immer leiser, sodass sich der Rothaarige vorbeugen musste, um mich zu verstehen. Doch ich blendete alles aus. Ihn, Hintergrundgeräusche, einfach alles, starrte nur auf dieses Schlüsselloch, die Kette in der Hand haltend. Die lange Spitze eines der Ohren des Luchses stach mir in den Finger.

Wie von selbst öffnete ich ihren Verschluss, fädelte den Anhänger aus und nahm ihn zwischen Zeigefinger und Daumen. Es schien, als würde er förmlich von dem Schloss angezogen werden. Vorsichtig steckte ich die Ohren des Luchses in die Zwei Löcher und mir schien, als würde der Anhänger für einen Moment warm werden. Ein silbriges Leuchten durchflutete ihn, ehe ich die Hand drehte und die Kiste sich öffnete. 

Mit einem leise Klirren fiel mir der Anhänger aus der Hand, als ich den offenen Spalt vor mir sah. Ich hatte es geschafft, mithilfe eines kleinen Anstoßes, seitens des Suna Nin. Doch zu gebannt war mein Blick von der Kiste, als dass ich ihn nun abwenden konnte.

Langsam griff meine Hand nach dem Deckel und ich zog ihn hoch.

Das erste was ich erkennen konnte, waren Fotos. Fünf oder sechs Stück. Verteilt lagen sie auf einem roten, weichen Tuch. Und daneben eine Maske, welche die Kopfform eines Luchses hatte. Vorsichtig nahm ich sie hoch, strich über die silbernen Linien, welche vereinzelt darüber verliefen. Es schien ihre ANBU-Maske gewesen zu sein. Ein Luchs.

So vorsichtig, als fürchtete ich sie zerbrechen zu können, hielt ich sie in der Hand, ehe Gaara sie mir abnahm und ebenfalls fokussierte.

„Sag mir Tora. Besitzt du einen vertrauten Geist?"

Überrascht blickte ich ihn an. Wie kam er nun darauf?

„Ja einen Luchs, Drakar ist sein Name."

„Das erklärt so einiges. Ich vermute mal, dass es bei deiner Mutter ebenso der Fall war."

Verblüfft nickte ich. Schlussfolgerte er das etwa aus all diesen Dingen?

„Du siehst ihr wirklich sehr ähnlich", sagte Gaara leise und ich blickte auf. Der Rothaarige hielt eines der Fotos in seinen Händen. Zwei Menschen befanden sich darauf. Einmal ein Junge, welcher etwa in meinem Alter war und eine junge Frau Anfang zwanzig.

Während ersterer gelangweilt auf einem Senbon herumkaute, hatte die junge Frau einen Arm um ihn gelegt und strahlte in die Kamera. Ihre Haare gingen knapp bis zur Schulter, waren von einem dunklen Braun und sehr lockig. Wie die meinen. Die Augen wie flüssiges Silber, blickten energiegeladen in die Kamera. An ihrer Seite baumelte ein langes Katana in einer schwarzgrünen Scheide.

Kein Zweifel, das war Genma und ... meine Mutter. Tränen begannen sich in meinen Augen zu sammeln, als ich sie das erste Mal so richtig vor mir sah. Nun hatte ich ein Bild von ihr. Und es hatte all meine Erwartungen gesprengt. Mit dem Ärmel wischte ich mir über das nasse Gesicht, ehe ich das Foto beiseitelegte und mich dem nächsten widmete.

Es war wie eine Reise durch ihr Leben.

Ein weiteres Bild zeigte sie im mit ungefähr sechzehn Jahren. Allem Anschein nach ein Teamfoto. Nur, dass der Sensei darauf nicht zu sehen war. Direkt in der Mitte saß sie, die ANBU Maske seitlich vom Kopf geschoben, in die Kamera strahlend. Links und Rechts hatte sie einen Arm um ihre Teamkollegen gelegt. Zwei gleichaltrige Jungs, während der eine hellbraune Locken hatte und ebenfalls freundlich den Fotografen ansah, besaß der Andere nachtschwarzes Haar, die ein wenig lang schienen und stechende blaue Augen.

Wie ein Adler blickte er mich an, der gerade eben seine Beute entdeckt hatte. Meine Hand begann zu zittern, als ich erkannte, um wen es sich hierbei handelte. Mein Vater.

Gaara warf mir einen wissenden Blick zu, sagte jedoch nichts. Er hatte ihn ebenfalls schon zu Gesicht bekommen, wusste dass es mir nicht leicht fiel erneut mit diesem Thema konfrontiert zu werden. Doch da musste ich nun durch. Ich wollte etwas ändern, versuchen meine Vergangenheit nicht mehr zu fürchten und genau hier sollte ich damit beginnen.

Entschlossen griff ich nach dem letzten Foto und betrachtete es. Meine Hände begannen erneut zu beben. Denn das, was ich dort sah, sprengte alle Ramen. Inmitten des Bildes waren meine Eltern zu sehen. Aneinander gelehnt. Mutter in seinen Armen, die Augen geschlossen. Sein Blick lag auf ihr und das mit einer solchen Sanftheit und Liebe, dass mir schwindelig wurde.

Es quietschte, als ich den Stuhl zurückschob und mit schnellen Schritten hinaus auf den kleinen Balkon trat. Dringend brauchte ich nun frische Luft. Das Bild nur allzu deutlich vor meinem inneren Auge. Wie er meine Mutter ansah. So viele Gefühle hatte ich niemals zuvor in diesen sonst so kalten Iriden gesehen. Es war einfach verrückt. Unglaublich. Er hatte sie wirklich sehr geliebt. Mein Vater war schon immer jemand gewesen, der seine Gefühle offen zeigte. Ich hatte keinen Grund das anzuzweifeln. Aber dennoch. Das musste erst einmal verdaut werden, soviel stand fest.

„Tora."

Gaaras Stimme rief mich in die Wirklichkeit zurück. Der Suna Nin saß nach wie vor am Tisch, starrte auf die Truhe. Meine Augen verengten sich. Eigentlich hatte ich angenommen, dass sich nun nichts mehr in der Kiste befand.

Langsamen Schrittes ging ich zu meinem Platz zurück und erstarrte.

Der Rothaarige hatte das Tuch zurückgeschoben und darunter blitzte etwas silbernes auf. Langsam umgriff ich es und förderte das Katana zutage, welches ich schon zuvor auf dem Bild gesehen hatte. Ein seliges Lächeln schlich sich auf meine Lippen. Sie hatten es aufgehoben. Bis jetzt. Vielleicht sollte es so sein. Als ich es aus der Scheide ziehen wollte, flatterte ein Zettel heraus, welcher anscheinend dazwischen eingeklemmt worden war.

Sie wollte, dass du es eines Tages trägst.

Genma

Nun war es aus mit meiner Beherrschung. Tränen flossen in Strömen die Wangen hinunter, benetzten die Kleidung. Es war mir egal, dass Gaara sie sah, meinen derzeitigen Zustand. Es war mir alles egal. Und ich würde dem Wunsch meiner Mutter wahrnehmen, das Katana tragen und noch viel mehr. Ich war einfach nur glücklich.

„Danke Genma."


Die Unfassbare IHikayelerin yaşadığı yer. Şimdi keşfedin