Täglicher Wahnsinn auf der Intensiv

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Kurz bevor ich die Hand auf die Klinke meiner Bürotür legen kann, werde ich wieder zurückgehalten. Langsam drehe ich meinen Kopf und sehe wieder den schwarzhaarigen an. "Lassen Sie mich bitte los. Ich muss noch den Operationsbericht schreiben und dann werde ich mich um weitere Patienten kümmern." Alucard hat seine Hand auf die linke Schulter gelegt und ich hebe meine rechte Hand, um seinen Zeigefinger zwischen meinen Daumen und Zeigefinger zu nehmen. Und langsam drücke ich zu. Immer fester wird der Griff und ich lächle ich unschuldig und freundlich an. "Sollte es Fragen geben, dann wenden Sie sich bitte entweder an die Pforte, oder das Beschwerdemanagement. Die sind extra dafür da." Der Kerl zuckt nicht einmal mit den Wimpern, als ich das vordere Fingerglied seiner Hand so zerquetsche, dass ich selbst den Knochen breche.

Als ich ihn wieder los lasse, mache ich die Tür auf und lasse die drei an mir vorbei aus dem Büro gehen. "Ich hoffe, es war aufschlussreich genug, die Herrschaften. Und es tut mir wirklich leid, dass ich mich an die Arbeit machen muss. Ich wünsche ihnen allen einen angenehmen Tag und ich werde mich darum kümmern, dass der Patient wieder auf die Beine kommt." Meine braunen Augen beobachten die drei, wie sie sich umdrehen und in Richtung Eingangshalle und somit auch Pforte gehen. Mit dem Lächeln gehe ich wieder in mein Büro und schließe die Tür, ehe ich mich erleichtert gegen die Tür lehne und meinen Kopf hängen lasse. Scheiße... Einfach nur... Scheiße! Zwei Vampire... beide scheinen auf diese Frau zu hören. Und dann die Frage, ob ich ihn irgendwo her kenne. Kopfschüttelnd stoße ich mich von der Tür ab und setze mich wieder an meinen Schreibtisch, um den OP-Bericht schreiben zu können.

Zehn Minuten vergehen, ehe ich fertig bin, den Bericht abschicke und mich dann bei der Leitung aller Ärzte einfinden muss, um mein Vorgehen zu besprechen. Und so brav wie ich bin, erzähle ich auch von diesen drei Leuten. Nichts wegen dem Vampir-Zeug. Das hat sie nichts anzugehen. Mir wird versichert, dass diese drei zu Mister Bernadotte gehören und ich richtig gehandelt habe. Der Patient liege nun auf der Intensivstation und ich habe gute Arbeit geleistet. Das letzte will ich ja wohl hoffen. Ruhigen Gewissens kann ich jetzt mal nach meinem Patienten sehen. Die Vorlesungen sind so oder so schon zu Ende. Also muss ich nicht einmal mehr in die Uni. Und arbeiten müsste ich an sich auch nicht mehr! Das Ganze läuft jetzt rein in meiner Freizeit ab.

Mit meinen Arztklamotten, wandere ich gemütlich hinter in die Intensivstation. Als ich die Türe mit einem speziellen Chip öffne, Patienten müssen vorher angemeldet sein oder direkte Angehörige, kann ich schon das normale Piepsen auf der Station hören. Immer wieder laufen die Schwestern und Pfleger herum. Selbst die Ärzte hier sitzen nicht nur rum, sondern kümmern sich um die richtige Medikation, besprechen sich mit den Schwestern, welche Untersuchungen notwendig sind und beteiligen sich am Prozess der Kommunikation. "Alex? Was machst du hier? Solltest du nicht in der Uni sein?", fragt jemand und ich sehe nach rechts, in eine der kleinen Nischen für die Doktoren. Sofort fange ich das Lächeln an. "Ich muss doch Grünschnäbeln wie dir immer wieder was beibringen!", erwidere ich und Domenic steht auf.

Ich kenne ihn, seit er hier angefangen hat. Vor fünf Jahren. "Gib mir mal was von deiner Jugend ab. Ist ja ekelhaft, wie ich schon die ersten Falten bekomme und du nicht mal irgendwo ein weißes Haar!", meckert er und ich fange kurz das Lachen an, als wir weitergehen. "Hey... Bei dir auch ein wenig schwierig mit den Haaren. Mit ner Platte kommst du halt nicht weit!" Ja, Domenic ist vielleicht erst 31. Ist mit 26 komplett mit Studium und Assistenzarztzeit fertig geworden. Und da hatte er schon Geheimratsecken, die nicht mehr wirklich geheim waren. Also hat er sich gleich ne Glatze rasieren lassen. Seine Entscheidung! Nicht meine. "Dann gib mir was von deinen Haaren gleich mit ab. Die könnte ich gebrauchen...", brummt er nur und ich grinse breit. "Nimm doch die auf deinen Zähnen...?"

Empört sieht Domenic mich an. "Hallo? Das war jetzt schon verletzend...!" Während ich ihm eine Hand auf den Oberarm lege und nicke, kann ich mir das Grinsen nicht verkneifen. "Und es tut mir auch... überhaupt nicht leid." Er verdreht die Augen, muss aber trotzdem schmunzeln, ehe sein Piepser geht. Die Dinger kann man irgendwann mal verbrennen. Dass das klar ist. Ich lasse ihn in Ruhe, erkunde mich, in welchem Zimmer mein Patient liegt und gehe auch dort hinein. Nur, um erneut den drei Leuten zu begegnen, denen ich vorher den Weg aus meinem Büro gewiesen habe. Einem davon habe ich den Finger gequetscht. Ich sehe von der kleinen Frau zu dem Kerl und dann zu der langhaarigen. "Ziemlich voll hier drin. Ich geh wieder."

Und WIEDER habe ich eine Hand auf meiner Schulter, ehe ich die Tür vor mir aufmachen und aus dem Raum gehen kann. Diesmal ist es aber die blondhaarige Vampirin und ich entspanne mich gleich wieder. Etwas ruhiger, drehe ich mich um. "Gibt es noch etwas, bei dem ich helfen kann? Ob er es überlebt, wissen wir nicht. Sein Körper braucht Ruhe und-" "Wir wollen ihn verlegen lassen. Zu uns." Perplex stehe ich da und starre die ältere Frau an. "Miss... Das... Entschuldigen Sie meine Wortwahl. Aber das ist eine der bescheuertsten Ideen die ich je gehört habe. Einen frisch operierten Mann, der noch am Blut hängt und mehr als ein normales Pflegen braucht, in einem noch relativ instabilen Zustand verlegen zu wollen. Dass wir ihn verlegen können, steht nicht zur Debatte. Aber erst, wenn er die Reise überstehen kann."

Die Frau steht auf und die kleine blonde weicht zurück. "Wir werden ihn mitnehmen, sobald er kein Blut mehr braucht. Ende der Diskussion." Tief atme ich ein und aus, obwohl ich das nicht müsste. "Miss. Bei allem Verständnis, kann und werde ich diese Aktion weder gut heißen, noch zulassen. Mister Bernadotte wird so lange bei uns bleiben, bis es ihm gut genug für eine Verlegung geht. Und ich werde doch wohl wissen, was stabil oder instabil bedeutet. Er ist MEIN Patient und es wird MEINE Unterschrift gebraucht, um ihn verlegen lassen zu können. Und ich werde sie nicht geben. So einfach ist das." Mein Blick ist kalt. Er ist ein Mensch. So eine Reise übersteht er einfach nicht. Das ist ein Fakt. Emotionslos starre ich in die Augen der langhaarigen Frau. "Ende der Diskussion."

Once I was seven years oldTahanan ng mga kuwento. Tumuklas ngayon