Quietschendes Gestell

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Etwas ist da. Oder jemand? Ich spüre etwas... Macht? Was ist los? Etwas kommt näher. Ich reiße meine Augen auf, meinen Arm hoch und umgreife das Ding mit meiner Hand, ehe ich meinen Kopf nach links drehe. Als ich Alucard erkenne, entspanne ich mich wieder, lasse ihn los und meine Hand sinkt auf meinen Bauch. Warte. Wieso ist ER da?! Es braucht einen Moment, bis wieder alles in meinem Gedächtnis ist und ich lege eine Hand auf mein Gesicht. "Bin gestern auf dir eingepennt?", frage ich leise nuschelnd und bekomme ein gebrummtes: "M-Hm.", als Antwort. Seufzend drehe ich meinen Kopf in seine Richtung. "Dann ist wohl ein Danke angebracht, dass du mich hier her gebracht hast, was?" Langsam setze ich mich auf und stelle meine Füße auf den Boden vor das Bett, ehe ich mich stirnrunzelnd umsehe. "Wo auch immer... 'hier' ist."

Ein bekannter Geruch steigt in meine Nase und ich sehe runter. Ist das... meine Matratze? Ich sehe sie noch einmal genaue an und bin mir ziemlich sicher, dass das MEINE Matratze mit MEINER Heimaterde ist. Sonst hätte ich wahrscheinlich nicht so gut geschlafen. "Das wurde als erstes hier her gebracht. Aber jetzt steh auf. Die Lady will mit dir Reden." Alucard dreht sich um und bevor er weggehen kann, habe ich schon fast automatisch nach seinem Mantel  gegriffen. Fast augenblicklich habe ich die roten Augen des Urvampirs auf mir und ich habe das Gefühl, dass ich noch kleiner werde, als ich eh schon bin. Kurz sehe ich auf die Seite, dann wieder zu ihm. "Kommst... Kannst du mitkommen?" Verlegen lasse ich ihn wieder los und fange an, mit meinen eigenen Fingern herum zu spielen. Meine Augen hoffnungsvoll auf ihm liegend. Gestern ist es anders abgelaufen, als es sollte. Ich bin ausgetickt. Und ich will nicht allein zu Lady Integra, die deswegen noch... Probleme mit mir haben könnte.

Alucard dreht sich nun komplett zu mir um und verschränkt seine Arme. "Und wieso sollte ich?", fragt er und ich sehe auf meine Zeigefinger, die ich mit den Fingerkuppen aufeinander treffen lasse. "Weil ich scheiße gebaut habe und da nicht allein hin will...", murmle ich und presse meine Lippen aufeinander. "Eine Draculina. Ich korrigiere. Eine über 500 Jahre alte Draculina will nicht allein zu einem Menschen gehen, weil sie Mist gebaut hat?" Schuldig, sehe ich auf die Seite und sinke in mich zusammen. "Ja..." Meine Stimme bricht schon fast, so peinlich ist es mir. Stille. Langsam drehe ich meinen Kopf und sehe zu ihm hoch. Nun ist meine Stimme leise, bittend und ich entspreche dem 'große-Augen'-Klischee. "Kannst du bitte mitkommen?" Der schwarzhaarige presst seinerseits die Lippen aufeinander, bevor er die Augen schließt, sie wieder öffnet und eine Hand zu mir ausstreckt. "Dann steh auf. Wir kommen sonst zu spät."

Erleichtert lächelnd nehme ich seine Hand und lasse mir vom Bett aufhelfen, ehe ich ihm nun etwas entspannter auf den Gang und dann durch das Gebäude folge. Für den Urvampir, der diese Rasse an, an sich mordenden Wesen, erschaffen hat, ist er verdammt nett. Auch, wenn er dies hinter einer harten Schale zu verstecken versucht. Aber man kann schnell hindurch sehen, wenn man Ahnung von der Materie hat. Ich halte einen respektablen Abstand zu ihm, sodass ich es nicht übertreibe. Ich bin mir nicht so sicher, ob er die gesamte Zeit so nett sein kann. Also sollte ich ruhig an die Sache gehen. Aber ich muss zugeben, dass ich ein wenig nervös bin. Klar, ich bin 551 Jahre alt. Habe einiges miterlebt. Kann ohne Probleme töten! Aber dennoch bin ich, wenn ich bei klarem Verstand bin, nicht so wirklich die konfrontative Person. Deswegen ist das für mich gerade, als würde ich zum Galgen gebracht werden.

Wir bleiben wieder vor der Tür stehen, durch die gestern noch ein Messer geflogen kam und die Alucard wieder öffnet, ohne anzuklopfen. "Das Dornrösschen ist aufgewacht, werte Lady Integra.", meint der schwarzhaarige und ich richte mich noch einmal auf, bevor ich an ihm vorbei in den Raum gehe. Die Blondine am Schreibtisch, der wohl ihr natürliches Habitat ist, sieht auf und sieht mir mit einem kalten Blick entgegen. Ich schlucke nervös, bevor meine Mundwinkel kurz hoch gehen und und ich nicke. "Hallo... Lady Integra." Mehr bringe ich nicht so wirklich heraus. Gefühlt wird die Temperatur des Raumes um mindestens 10 Grad kühler, ehe sie aufsteht und um den Schreibtisch kommt. Langsam tritt sie auf mich zu und bleibt vor mir stehen, während ich nur den Kopf in den Nacken legen und lächeln kann. Ein wenig Unwohl ist mir jetzt schon.

"Sie haben Alucard also gestern ziemlich auf Trab gehalten, was?", meint sie emotionslos und mustert mich. Nervös sehe ich auf die Seite, sehe sie wieder an, wieder weg und dann wieder zu ihr. "V-Vielleicht? Ich meine... Es tut mir wirklich leid! Ich wollte nicht so austicken und-" "Das hat sein eingerostetes Gestell mal gebraucht. Gut gemacht!" Perplex stehe ich da und sehe mit großen Augen zu ihr rauf, ehe sie mir einfach eine Hand auf den Kopf legt und mir zufrieden grinsend zunickt. "Ein bisschen Abwechslung können wir gebrauchen. Bringen Sie noch ein wenig Schwung in seine alten Knochen. Sonst quietscht er irgendwann." Ich habe mit vielem gerechnet. Anschreien, brüllen, fluchen, hassen... aber nicht mit Lob, dass ich Alucard ein wenig herausfordern konnte. "Vielleicht sollten Sie noch ein wenig trainieren, um ihm irgendwann auch in seiner vollen Macht entgegen stehen zu können. Aber für jemanden der sich immer aus dem Kampf heraus gehalten hat..." Die Lady dreht sich um und setzt sich wieder an ihren Schreibtisch. "Gut genug."

Verwirrt und auch ein klein wenig überfordert, was zur Hölle jetzt passiert, drehe ich meinen Kopf zu Alucard. Der hingegen scheint ein wenig zu schmollen, was die Kommentare der Lady angeht. "Solange nur das Gestell von ihm quietscht und kein Bett...", murmle ich komplett neben mich getreten vor mich hin und sehe wieder zu Integra. Diese hält gelassen und sogar schmunzelnd und mit einem sicheren Blick einen Zettel hoch. Um genauer zu sein, einen Arbeitsvertrag. "Sie haben keine Arbeit, keine Wohnung und somit kein aktuelles Leben mehr, was dieses Land anbelangt. Der Ruf wurde zu sehr geschädigt. Ich biete ihnen mehr als nur einen Job an. Sehen Sie es als neuen Anfang. Sie leben unter Artgenossen und müssen sich vor nichts fürchten. Denn es gibt nichts, was wir hier nicht schaffen."

Once I was seven years oldWhere stories live. Discover now