KROKODIL! STREICHELN! JETZT!

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Von Baskerville höre ich nichts. Doch als ich mich umsehe, folgt er mir. Mir ist klar, dass er Alucards Augen und Ohren ist. Aber ihn persönlich will ich nicht sehen und so wie es vorhin ausgesehen hat, hat Baskerville ein kleines Eigenleben. Während des gesamten Weges fühle ich mich sicherer. Eindeutig wegen dem Höllenhund an meiner Seite. Er grummelt vor sich hin. Knurrt aber nicht. Immerhin etwas. Wir und vor allem meine Begleitung, werden dumm, komisch oder sogar ein wenig ängstlich angesehen. Kann ich ihnen nicht verdenken. Haben die Söldner jemals Baskerville gesehen? Ihn jemals zu Gesicht bekommen? Ich glaube nicht. "Du bist eine ziemliche Attraktion, großer.", murmle ich und kann im Augenwinkel sehen, wie er den Kopf schüttelt. Mich bringt das ein wenig zum Lächeln.

Draußen angekommen, ist es hellster Tag. Die Sonne steht hoch oben im Himmel und ich würde behaupten, dass es Mittag ist. Seufzend schließe ich für einen Moment meine Augen und gehe dann zur Seite des Anwesens, um mich dort an die Wand zu lehnen und mit dem Rücken so lange daran herunter zu gleiten, bis ich auf dem Boden sitze. Meine Beine ziehe ich an meinen Oberkörper, lege meine Arme darum und meinen Kopf auf meine Knie. Lasse die Sonne einfach auf meine Haut strahlen und mich wärmen. Wäre ich ein Jungvampir, würde ich elendig verrecken. Aber ich bin alt. Wie es aussieht, eine der ersten Vampire, die es überhaupt gab. "Wieso muss immer alles so scheiße sein...?", frage ich den Höllenhund, welcher sich neben mich gesetzt hat und starr nach vorn sieht. Langsam dreht er seinen Kopf und hebt seine Lefzen. Entblößt sein Gebiss und knurrt leicht.

Ein wenig empört, schnipse ich ihm gegen die Schnauze. Während er irritiert den Kopf schüttelt, sehe ich ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an. "Red nicht in so einem Ton mit mir, Baskerville!" Ein kurzes brummeln ist zu hören, ehe sich Baskerville auf den Boden legt. Und ich? Ich lege mich halb auf ihn drauf. "Rache." Das ist das einzige, was noch aus meinem Mund kommt, ehe ich anfange, mit meinen Fingernägeln erneut durch sein 'Fell' zu fahren. Tiere haben mich schon immer beruhigt. Zwar bin ich mehr der Katzentyp, aber ich würde auch ein Krokodil streicheln und kraulen, wenn es mich nicht beißen würde. Gut. Ich würde es so oder so machen. Blinzelnd sehe ich auf die Ohren Baskervilles. "Wo krieg ich ein Krokodil her...?" Ich kann spüren, dass mich Baskerville UND Alucard gleichzeitig verwirrt ansehen. Denn er hat seinen Kopf gedreht und da der Urvampir ja an sich mit hört...

Entschlossen stehe ich auf und klopfe mir die Hose sauber. "Ich brauch ein Krokodil!" Ein breites Grinsen schleicht sich auf mein Gesicht. Dann sehe ich mich um. "In welcher Richtung liegt der nächste Zoo...?" Ich muss gerade Google Maps in meinem Hirn anschmeißen und weiß nun ungefähr, wo ich mit dem Schatten hin muss. Ein wenig lachend, verschwinde ich ihm Schatten. Baskerville kann mir ja im Schatten folgen. Laut Alucard. Also sollte das kein Problem sein. Die Welt um mich herum wird schwarz. Es ist kühl hier. Ruhig. Still. Kein einziges Geräusch wird laut. Entspannend. Klar. Alucard hat einen Peilsender, mit dem er mich jederzeit aufspüren kann. Aber sollte er jetzt auftauchen und mich von irgendetwas abhalten... Ich schwöre bei allem was mir heilig ist, dass ich meine guten Manieren wieder vergessen werde! Und dann dürfen wir hoffen, dass im Zoo keine Kinder in der Nähe sind.

Unerkannt und nicht aufzuhalten, schlüpfe ich durch den Eingang des Zoos und tauche im Klo auf, um einen auf 'normale' Besucherin zu machen. Ich war schon lange in keinem Zoo mehr. Also habe ich keine Ahnung, wo was ist! Und wenn ich schon hier bin, kann ich doch sicherlich auch einmal einen normalen Tag hier verbringen, oder nicht? Also ist aus der Idee, einfach nur ein Krokodil streicheln zu wollen, ein Ausflug in den Zoo geworden. Mal sehen, was ich alles streicheln kann. Aber zu aller erst, will ich in den legalen Bereich des Streichelns rein! Nichts wie ab in den Streichelzoo für kleine Kinder, Ziegen, Schafe, Hasen und was auch immer da noch herum läuft. Hier bin ich ein kleines Kind. Entdecke altes wieder neu und kann nicht davon ablassen, alles streicheln zu wollen. Und ich bin glücklich!

Als nächstes gehe ich zu den Pinguinen, dann den Eisbären, den Polarfüchsen... einfach durch den gesamten Zoo. Unterhalte mich mit mir selbst in meinen Gedanken und kann für einen Moment vergessen, was alles passiert ist. Und was vielleicht noch passieren wird. Jetzt zählen einfach nur die süßen kleinen Tierchen, wie sie sich verhalten und die Laute, die sie von sich geben. In unbemerkten Augenblicken schaffe ich es sogar, in eines der Gehege zu verschwinden und dort ein Tier zu streicheln. Seien es die Raubkatzen, wobei die nicht so begeistert waren, oder auch die Warzenschweine, die sich dankbarer gezeigt haben, gestreichelt zu werden. Der Geruch? Mir egal. Ich kann so etwas ausblenden. Das Problem ist es jetzt nicht.

Mit ein wenig Geld, welches ich immer irgendwo in irgendwelchen Taschen habe, konnte ich mir ein überteuertes Eis kaufen und habe dann im Anschluss ein zweites geholt. Aus dem Schatten kamen ganz viele rote Hundeaugen. Ob das so gut für ihn ist? Keine Ahnung! Er ist ein Höllenhund. Er ist von Alucard. Wenn der Seelen fressen kann, verträgt der wohl ein Eis. Anscheinend hat Baskerville empfindliche Zähne. Denn als er das Eis an seine vorderen Zähne bekommen hat, hat er sein Maul aufgerissen und kurz gewinselt. Ich konnte mir ein kurzes Lachen nicht verkneifen. Immerhin... alles was Baskerville spürt, spürt auch Alucard! Wie gern wäre ich jetzt dabei gewesen. Ob er gerade bei Lady Integra war? Diese Schadenfreude kann ich mir nicht verkneifen.

Alucard hingegen findet das alles andere als witzig. Erst muss er Baskerville dahingehend kontrollieren, die Zootiere nicht anzufallen, dann muss er gleichzeitig ein Auge auf Alexandra haben UND aufmerksam bei Lady sein und dann kommt noch so ein ekelhafter kalter Stich, während sie seinem Höllenhund einfach Vanilleeis gegeben hat! Er musste sich zusammenreißen, bei dem Auftrag nicht zusammen zu zucken. Zwar ist es irgendwie interessant, Vanilleeis auf der Zunge zu schmecken und gleichzeitig jemanden umzubringen, aber der Stich hätte nicht sein müssen. Der Urvampir kann nur hoffen, dass sie nicht auf die Idee kommt, WIRKLICH ein Krokodil- Okay... zu spät. Alexandra hat gerade ein Krokodil gestreichelt. Seufzend lässt der schwarzhaarige den Kopf sinken. Auf was hat er sich da nur eingelassen. Und Baskerville? Scheint das alles auch noch amüsant zu finden!

Once I was seven years oldWhere stories live. Discover now