Die Currywurst

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Ich verabschiede mich wieder aus dem Zoo und strecke mich gemütlich. An sich habe ich alles gestreichelt, was ich streicheln konnte. Bären, Füchse, Katzen, Affen, Schweine, Krokodile... Wobei letzteres ein wenig angriffslustig war. Aber hey. Zumindest habe ich ein Krokodil streicheln können! "Komm, Basky! Wir gehen noch schnell was essen. Currywurst?" Der Höllenhund tritt aus dem Schatten, da im Moment so gut wie nichts los ist. Er schüttelt seinen Körper und sieht mich dann erwartungsvoll an. Ich knie mich vor ihm hin und nehme seinen Kopf in meine Hände. "Du bist das süßeste Ding, was ich seit langer Zeit gesehen habe. Ich werd dich beschützen, kleiner.", flüstere ich und lege meine Lippen auf seine Nase, ehe ich wieder aufstehe und mit ihm im Schatten zur nächsten Anlaufstelle für Currywurst gehe. Nicht weit von hier entfernt.

Ein eigenartiger Geschmack breitet sich auf Alucards Zunge aus und er braucht ein bisschen, bis er den Grund dafür weiß. "Du gibst ihm Currywurst? Weib..." Der schwarzhaarige kann nur seine Hand auf den Kopf legen und diesen erneut schütteln. Sie treibt es wirklich bunt. Und das Dumme ist, dass er nun auch Lust auf eine Currywurst hat! Da der Auftrag zur Zufriedenheit der Lady abgearbeitet wurde, steht Alucard von seinem kleinen Thron auf und verschwindet langsam im Schatten. Menschliches Essen ist für ihn nicht wichtig. Aber zumindest hin und wieder einmal einen anderen Geschmack zu haben, ist ganz angenehm. Baskerville ist für ihn leicht zu orten. Vor allem, da er sich nicht bewegt. Scheinbar sitzen die beiden irgendwo und mampfen. Wieder fragt er sich, auf was er sich da nur eingelassen hat.

"Und versuch DU mal nicht, die beiden umzubringen!", brumme ich Baskerville zu, ehe ich mir einen neuen Teil der Currywurst genehmige. Auch er schnabuliert fröhlich vor sich hin und scheint zufrieden zu sein. Ein Knurren von ihm ertönt und er schüttelt sich. Für mich ein Zeichen, dass er George und Marinetté auch getötet hätte. "Verstehst du jetzt, wieso ich ein bisschen hinter meiner eigenen Entscheidungsfreiheit stehe?" Ein kurzes Winseln. Überrascht sehe ich auf, lege die Pappschale in welcher das Essen liegt auf den Boden neben mich, drehe mich zu Baskerville und nehme seinen Kopf in meine Hände. "Hey... Schätzchen... shhh... Es ist alles gut. Oder hast du dir weh getan?" Meine Daumen streichen über seine Schnauze und im nächsten Moment fängt er das Knurren an. Seine Lefzen ziehen sich hoch. Aber er sieht an mir vorbei.

Schritte. Eine starke Macht. Alucard. "Begrüßt man so seinen Herren und Gebieter, Baskerville?", fragt der Urvampir und spaziert gelassen zu uns. Wir haben uns eh einen Platz ausgesucht, der abseits ist. Damit Baskerville einfach auch aus dem Schatten kann und nicht im Schatten das Essen zu sich nehmen muss. Langsam lasse ich Baskerville los und drehe meinen Kopf zum Urvampir. Lasse meinen Blick an ihm hoch und runter gehen, ehe er auf seiner Hand stehen bleibt. Beziehungsweise, was in seiner Hand ist. Nämlich genau die gleiche Pappschale mit Currywurst darin. Noch unberührt. Ein kurzer Blick zu ihm hoch. Dann zu Baskerville. War das seine Schuld, dass Alucard jetzt hier aufgetaucht ist?

"Ich kann nichts dafür, wenn ihr das Zeug futtert, ich den Geschmack auf der Zunge habe und Lust darauf bekomme. Und jetzt mach Platz. Stehend essen ist nicht sehr manierlich." Ein wenig perplex, rücke ich näher zu Baskerville, nehme mir meine Schale mit den Überresten MEINES Essens und beobachte den schwarzhaarigen, wie er sich neben mich setzt und anfängt, wie ein normaler Mensch, menschliches Essen zu konsumieren. Der Höllenhund und ich starren uns an und ich kann seine Verwirrung spüren. Er wahrscheinlich auch meine. Alucard sagt nichts. Isst nur. Sonst ist es still. Also esse ich auch meine Schale leer. Immer den schwarzhaarigen Vampir im Augenwinkel im Blick habend, da ich ihm nicht mehr so wirklich traue. Während er komplett vermummt ist, habe ich nur das Shirt und die Jogginghose als wirklichen Sonnenschutz. Aber das kann mir ja egal sein.

Die Stille ist unangenehm. Ich mag sie nicht wirklich. "Ich muss mich wohl für mein Verhalten vorhin entschuldigen." Mit einem Mal reiße ich meine Augen auf und starre nach vorn, ehe ich langsam meinen Kopf zu Alucard drehe. "Bitte?" Er sieht zu mir hinunter. "Ich wiederhole so etwas nicht, Alexandra. Fühl dich geehrt, dass ich es einmal gesagt habe." Immer noch ein wenig skeptisch, blicke ich ihn an. "Du hast Recht. Deine Entscheidung, über wen du wie nachdenkst, geht mich nichts an. Auch wenn es mich nervt, dass du IHN in mir siehst. Ich bin nicht er. Werde es nie sein." Schuldig, ziehe ich meinen Kopf ein und sehe auf die Seite. Ich habe George in ihm gesehen. Niemand anderen. Es ist mir bewusst, dass ich nicht über ihn hinweg bin. Der Schmerz... sitzt einfach zu tief.

"Und wenn du Baskerville noch einmal Vanilleeis gibst und nicht aufpasst, wie schnell er es runterschlingt, komme ich persönlich vorbei und press dir das kalte Zeug an deine Schneidezähne!" Überrascht von diesem Themenwechsel, sehe ich wieder zu ihm. Alucard hat das Gesicht verzogen. "Eis schön und gut. Aber dieser Stich war mehr als nur beschissen." Für einen Augenblick sehe ich ihn noch stumm an, ehe meine Mundwinkel verräterisch nach oben zucken und mein Blick zu dem Höllenhund geht, der sich gemütlich hingelegt hat. Lachen entkommt mir und ich sehe wieder zu Alucard. "Tut mir leid...", bringe ich raus und versuche, mich wieder zu beruhigen. Offensichtlich kann ich Alucard nicht so wirklich lange sauer sein. Aber es ist ein positives Gefühl, sich so schnell wieder zu vertragen.

Als ich meinen Mund aufmache, wird mir bewusst, was ich sagen will. Also mache ich ihn wieder zu. "Du wolltest etwas sagen? Raus damit." Unsicher schüttle ich den Kopf. "Es... Es wäre über jemanden, den du nicht magst." Stille. Dann ein Schnauben. "Ob ich ihn mag oder nicht, ist meine Sache. Ob du über ihn redest oder nicht, ist deine." Alucard ist nun ein wenig angespannt, aber isst trotzdem weiter aus der Pappschale. Ich hingegen hebe meinen Kopf und sehe nach vorn. Wir sitzen auf einem kleinen Hügel außerhalb der Stadt, sodass wir einigermaßen allein sein können. "Bei uns war das nie so. George und ich... haben uns nie so schnell vertragen. Er hat sich nie für etwas entschuldigt. Das..." Meine Mundwinkel gehen wieder ein wenig hoch und ich sehe zu dem Urvampir. "Du bist besser als er." Während ich meinen Blick zurück zur Stadt wende, kann ich sehen, wie der schwarzhaarige kurz stockt, ehe er weiter isst. 

Once I was seven years oldWhere stories live. Discover now